Nach Ansicht von ING Investment Management müssen Anleger in den Industrieländern ihre Portfolios jetzt vor den mittel- bis langfristigen Folgen der Deflation schützen. Der Vermögensverwalter weist darauf hin, dass das Thema Deflation von Investoren zu lange vernachlässigt wurde, da Schuldenkrise und Sorgen um die weltweite Konjunkturentwicklung bislang im Mittelpunkt standen.
Die Diskussion um Inflation/Deflation entbrannte, als die Zentralbanken in geradezu beängstigendem Tempo ihre Bilanzen ausweiteten. ING IM zufolge könnte die durch geringe Nachfrage hervorgerufene anhaltende Produktionslücke in den Industrieländern zu Deflation führen. Das Vermögensverwaltungshaus erwartet in nächster Zeit zudem eine Ausweitung dieser Lücke, die voraussichtlich erst 2012 wieder schrumpfen wird.
Dazu Valentijn van Nieuwenhuijzen, Head of Fixed Income and Economics bei ING IM: „Das geringe Wachstum in den Industrieländern infolge von Schuldenabbau bei Privathaushalten und im Finanzsektor macht uns Sorge. Zudem hat der Kreditboom vor allem in Ländern mit hohen Leistungsbilanzdefiziten, wie den USA, Großbritannien und Spanien, zu einer verfehlten Verteilung von Ressourcen geführt. In diesen Volkswirtschaften hatten sinkende Zinsen und Risikoprämien eine vergleichsweise massive Ausweitung des Bau- und Finanzsektors angestoßen, die jetzt zurückgeführt werden muss. Das bedeutet, dass das während der Boomjahre in diesen Sektoren gebundene branchenspezifische Kapital und Wissen nunmehr hinfällig ist.“
„Gleichzeitig erleben wir einen Anstieg der Kapitalkosten sowie einen deutlichen Rückgang der Kapazitätsauslastung in zahlreichen Sektoren. Hinzu kommt, dass Faktoren wie alternde Bevölkerung, Zunahme der Arbeitslosigkeit, stärkere Regulierung und der dauerhafte Anstieg des Investitionsrisikos gegenüber den Chancen das potenzielle Wirtschaftswachstum in den Industrieländern auf Dauer begrenzen. Ein solches Szenario führt bestenfalls zu Disinflation und im ungünstigsten Falle zu lähmender Deflation.“
ING IM weist ferner darauf hin, dass die Zentralbanken nicht über ausreichende Erfahrung und Kenntnisse verfügen, um einer anhaltenden Deflation zu begegnen. So mussten sämtliche Zentralbanken bisher nur mit Szenarien umgehen, in denen ein Anstieg der Teuerungsrate als das wirkliche Risiko galt. Nach den Worten des Hauses verfügen die Zentralbanken derzeit nicht über das entsprechende Instrumentarium, um Deflation wirksam zu bekämpfen.
Van Nieuwenhuijzen weiter: „Wenn die Industrieländer in eine Deflation rutschen, helfen die üblichen geldpolitischen Tricks, wie Zinssenkung und Ankurbelung der Kreditvergabe durch Privatbanken, nicht mehr. Die Zinsen sind bereits sehr niedrig, so dass die Zentralbanken kaum mehr Spielraum haben. Die Privatbanken müssen ihrerseits strenge Auflagen hinsichtlich ihrer Kapitalrücklagen beachten, um ihre Verbindlichkeiten zu reduzieren. In einer Krise ist von dieser Seite also kaum mit zusätzlicher Kreditvergabe zu rechnen. Damit sind die Möglichkeiten, um einer Deflation gegenzusteuern, äußerst begrenzt. Sollte es tatsächlich zu einer Deflation kommen, könnten die Industrieländer eine Wiederholung der japanischen Situation erleben.“
Vor dem Hintergrund anhaltender Disinflation und zum Teil auch wegen des geringen Nominalwachstums zieht ING IM Werte vor, deren Erträge weniger auf Kapitalzuwächsen als auf der Rendite beruhen. Das Haus setzt daher mittelfristig auf Unternehmensanleihen und andere festverzinsliche Spread-Produkte wie Schwellenländeranleihen sowie Aktien mit hohen Dividendenrenditen.
Van Nieuwenhuijzen weiter: „Das Deflationsrisiko wird immer noch vielfach unterschätzt, sollte aber in gewissem Maße gesteuert und abgesichert werden. Insofern bleiben die größten und liquidesten Staatsanleihemärkte, wie Deutschland und die USA, attraktiv. Diese Märkte korrelieren bei Marktturbulenzen (die u. a. durch Deflationsängste ausgelöst werden können) in der Regel negativ mit risikoreicheren Werten. Gewissermaßen fällt auch Gold in diese Kategorie. ING IM hält Goldanlagen im gegenwärtigen Umfeld sogar für eine effektivere Absicherung gegenüber Deflation als gegenüber Inflation.“
Nach den Worten ING IMs sollten Investoren Optionen wie Investment-Grade-Unternehmensanleihen sowie Aktien von Unternehmen mit erheblicher Preismacht (z. B. Versorger oder Unternehmen im Gesundheitsbereich) in Erwägung ziehen. Interessant sind auch Unternehmen, die imstande sind, bei sinkenden Outputpreisen ihre Gewinne zu maximieren (beispielsweise Telcos und IT-Unternehmen).
Van Nieuwenhuijzen schließt mit den Worten: „Es ist natürlich außerordentlich wichtig, sich in Regionen bzw. Sektoren zu engagieren, die weiterhin starkes nominelles Wachstum generieren können. Dabei bieten sich vor allem die Emerging Markets an, deren Devisen-, Anleihe- und Aktienmärkte im Gegensatz zu den von Deflation geprägten Industrieländern ausnahmslos solide Renditeperspektiven bieten. Auch die Werte multinationaler Unternehmen aus den Industrieländern, die einerseits eine für Industrieländer typische Kostenstruktur aufweisen und andererseits die Mittelklasse-Verbraucher in Schwellenländern beliefern, könnten interessant sein. Die Kostendynamik dieser Unternehmen wird nämlich von einer deflationären Entwicklung profitieren, während ihre Absätze sich angesichts der steigenden Verbrauchernachfrage in den Schwellenländern weiterhin positiv entwickeln dürften.
ING IM zufolge wird Deflationsrisiko von vielen institutionellen Investoren immer noch unterschätzt
fixed-income.org
- BOND MAGAZINE
- Who is Who
- Anleihen-Check
- Investment
- Neuemissionen
- Unternehmens-News
- Restrukturierung
- Schuldscheindarlehen
- Emission von Anleihen
- Handelbarkeit
- Schuldverschreibungsgesetz (SchVG)
- Anleihehandel QUOTRIX Wochenrückblick
- Zinsen, Renditen, Geldmarktsätze
- Ratingdefinition
- Events
- Links
- Über uns
- Impressum
- Datenschutzerklärung