Der Automobilzulieferer paragon GmbH & Co. KGaA plant die Emission einer weiteren Unternehmensanleihe. Anlässlich dieses Vorhabens führte das BOND MAGAZINE mit Klaus Dieter Frers, dem Gründer, Vorstandschef und Mehrheitsaktionär des Unternehmens, ein Interview.
BOND MAGAZINE: In welchen Bereichen ist paragon tätig?
Frers: paragon entwickelt, produziert und vertreibt zukunftsweisende Lösungen im Bereich der Automobilelektronik, Karosseriekinematik und Elektromobilität. Neben Deutschland und Europa sind wir in den USA und in China präsent. Mit unseren Entwicklungen gewinnen wir häufig direkt neue Automobilhersteller als Kunden. So erhöhen wir seit Jahren unsere Marktdurchdringung.
BOND MAGAZINE: Welche wesentlichen Wachstumstreiber sehen Sie für paragon neben der Elektromobilität?
Frers: Für uns sind das vier Megatrends: Urbanisierung, Digitalisierung, geringerer CO2-Ausstoß und mehr Komfort in allen Mobilitätsfragen. Bei unseren Entwicklungen stehen die Erwartungen der Endkunden immer im Fokus. Ein gutes Beispiel ist unsere Zusammenarbeit mit der chinesischen Geely Auto Group. Ab dem 2. Halbjahr 2020 liefern wir über eine Laufzeit von sieben Jahren Dustdetect-Sensoren mit einem anfänglichen Auftragsvolumen von 26 Mio. Euro und verschaffen uns damit auf einen Schlag eine hervorragende Durchdringung im chinesischen Markt. Wir wachsen aber auch durch Zukäufe. Vor Kurzem haben wir die Perle der künstlichen Intelligenz in Deutschland erworben: die SemVox GmbH. Mit diesem B2B-Anbieter im Bereich der digitalen Assistenz haben wir zu einem strategisch günstigen Zeitpunkt die Entwicklung von zehn Jahren gewonnen. Gleichzeitig diversifizieren wir unser Produktportfolio und erschließen uns einen neuen Teilmarkt. So wächst paragon in gänzlich neue Anwendungen und Lösungsangebote hinein.
BOND MAGAZINE: Weshalb bieten Sie keine Akkus für Pkws?
Frers: Wer im automobilen Massenmarkt mit Erfolg unterwegs sein will, muss Milliardensummen investieren. Das tun die führenden Zellhersteller und zunehmend auch die großen Automobilunternehmen. Wir fokussieren uns lieber auf attraktive Nischenmärkte. paragon hat sich über seine börsennotierte Tochtergesellschaft Voltabox mit Erfolg in wachstumsstarken industriellen Teilmärkten als Pionier für leistungsstarke Batteriesysteme etabliert. Wir sind in Spezialmärkten zuhause. Dort haben wir mit unseren Systemen einen technologischen Vorsprung, um komplexe Anwendungen individuell, schnell und kostengünstig herzustellen. Dieses Marktsegmente wachsen bereits schnell und sind weniger wettbewerbsintensiv. Das ist für uns lukrativer.
BOND MAGAZINE: Wie wollen Sie die Mittel aus der Anleiheemission verwenden?
Frers: Wir wollen den Erwerb der SemVox GmbH refinanzieren, auf den wir unseren neuen Geschäftsbereich Digitale Assistenzsysteme aufbauen. Darüber hinaus möchten wir das Geld für die Wachstumsfinanzierung im Bereich Automotive, für geplante Baumaßnahmen sowie weitere Immobilienerwerbe im Zusammenhang mit unserem Wachstum, zur Verbesserung der aktuellen Finanzierungs- und Zinsstruktur und allgemeinen Unternehmensfinanzierung nutzen.
BOND MAGAZINE: In welchen Bereichen ist SemVox tätig?
Frers: SemVox entwickelt effiziente Lösungen für Sprachsteuerung, vielfältige Mensch-Technik-Interaktion und Assistenzsysteme auf Basis künstlicher Intelligenz. Kunden können auf der Basis dieser Dialogplattform eigene, intelligente Assistenten entwickeln oder sogar neue Funktionen und Erweiterungen in einem eigenen Marktplatz anbieten. Schon heute sind zahlreiche Fahrzeugtypen mit der SemVox-Technologie ausgestattet. Diverse Aufträge aus der deutschen Automobilindustrie liegen bereits vor – in den nächsten fünf Jahren sollen mehr als 13 Millionen Fahrzeuge ausgerüstet werden.
BOND MAGAZINE: Welche Covenants sind vorgesehen?
Frers: Es gelten die üblichen Regelungen wie Pari passu, Negativerklärung, Change-of-Control, Cross Default, Ausschüttungsbegrenzung, Asset Disposal, Drittverzug. Zu den Details verweise ich gerne auf die ausführlichen Anleihebedingungen.
BOND MAGAZINE: Ihre Aktie hat in den letzten Monaten deutlich korrigiert. Welche Gründe hat dies aus Ihrer Sicht?
Frers: Wir können und wollen uns hier nicht an Spekulationen über die Gründe für den Kursverlauf der paragon-Aktie beteiligen. Nur so viel: Wir sehen aktuell einen Automobilsektor, der durch die Gewinnwarnungen der großen Hersteller und Zulieferer in der letzten Zeit, die Diskussion um Strafzölle seitens der USA sowie Engpässe bei den Abgas-Zulassungstests gemäß dem neuen WLTP-Verfahren belastet ist. Möglicherweise hat die bloße Eingruppierung von paragon als Autozulieferer zu dem Kursverfall beigetragen, obwohl unser Geschäftsmodell hiervon nicht maßgeblich betroffen ist. Darüber hinaus mag es sein, dass infolge der Ankündigung des Rechtsformwechsels in eine KGaA einzelne Anleger die Vorbereitung einer Kapitalerhöhung vermutet haben könnten. Ich kann Ihnen an dieser Stelle versichern, dass paragon auf absehbare Zeit eine solche Maßnahme nicht geplant hat.
BOND MAGAZINE: Welche Auswirkungen hat ein Trend hin zur Elektromobilität für die deutsche Automobilindustrie?
Frers: Über unsere Tochtergesellschaft Voltabox liefern wir hoch entwickelte Lithium-Ionen-Batteriesysteme. Der Fokus liegt auf anspruchsvollen und wachstumsträchtigen industriellen Teilmärkten der Elektromobilität. Elektromobilität für den automobilen Massenmarkt ist nicht unser Beritt.
BOND MAGAZINE: Wie wollen Sie die Anleihe am Laufzeitende zurückzahlen?
Frers: Die Anleihe wird plangemäß aus einem Mix aus freien Barkapitalmitteln und einer Refinanzierung zurückgezahlt.
BOND MAGAZINE: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Frers.
Das Interview führte Christian Schiffmacher, https://www.fixed-income.org/
Zur Person:
Klaus Frers hat paragon 1988 gegründet und im Jahr 2000 an die Börse geführt. Er hält aktuell die Hälfte des Grundkapitals plus eine Aktie. Im Oktober 2017 erfolgte der Börsengang der Tochtergesellschaft Voltabox AG als Spin-off des Geschäftsbereichs E-Mobilität an der Frankfurter Wertpapierbörse.
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