Die jüngsten Aktivitäten am Wochenende haben die Situation verschärft und das Zerwürfnis zwischen beiden Staaten vergrößert.
- Die neue Regierung der Ukraine protestiert scharf gegen die de-facto Invasion Russlands auf der Krim, erscheint aber zu schwach, um sie zu stoppen. Russland bestreitet die Legitimität dieser Regierung und nennt den Schutz russischer Bürger als Hauptgrund für die Intervention.
- Präsident Putin hat die Zustimmung des Parlaments für den Einsatz von Truppen in der Ukraine erhalten, aber laut russischen Offiziellen bedeutet das nicht unbedingt, dass er sie nutzen wird. Putin hat im Krim-Konflikt die Unterstützung der Mehrheit der Bevölkerung. Das gilt wahrscheinlich nicht für die östlichen Provinzen der Ukraine.
- Bewaffnete Kräfte ohne Hoheitszeichen, die aber weitgehend als russische Truppen gelten, haben alle wichtigen Verwaltungs- & Infrastruktureinrichtungen der Krim besetzt. Die Verbindung zwischen der Halbinsel und dem ukrainischen Festland ist unter Kontrolle russlandfreundlicher Truppen, was faktisch bedeutet, dass die Krim vom Rest des Landes abgeschnitten ist.
- Ein Referendum über die Zukunft der Region wird am 30. März stattfinden, mit hoher Wahrscheinlichkeit eines pro-russischen Ausgangs. Es kam zu zahlreichen pro-russischen Kundgebungen in Donezk, Lugansk und Charkiw, dem Industriezentrum der Ukraine.
- Die US-Regierung schickte scharfe verbale Warnungen und drohte Sanktionen und Isolation an. Die EU hat die Ereignisse ebenfalls verurteilt, allerdings weniger scharf als die USA. China gibt mehrdeutige Statements ab, aber unterstützt die Idee territorialer Integrität. Der Konflikt dürfte insbesondere eine Angelegenheit zwischen Russland und dem Westen werden.
Unsere Grundannahmen & Einschätzungen
Die Situation bleibt im Fluss, scheint aber vergleichbar mit dem früheren Konflikt zwischen Russland und Georgien.
- Es wäre möglich, dass die Krim künftig nicht mehr von der Ukraine aus regiert wird, aber offiziell auch nicht von Moskau. Vieles spricht für den Status einer Sonderzone unter starkem russischen Einfluss. Höchstwahrscheinlich wird es nicht zu einer Invasion Russlands auf dem ukrainischen Festland kommen und ein militärischer Konflikt wird vermieden.
- Die Atmosphäre zwischen Russland und der Ukraine sowie dem Westen könnte für eine längere Zeit belastet sein.
- Ein Zahlungsausfall der Ukraine dürfte höchstwahrscheinlich vermieden werden, da die USA, Westeuropa und der IWF Unterstützung signalisiert haben.
- Die Finanzmärkte Russlands und der Ukraine dürften am stärksten betroffen sein, weitreichende Ansteckungseffekte über verschiedene Anlageklassen sind möglich, jedoch unterschiedlich ausgeprägt.
- Russische Energieproduzenten werden vor allem im Fall von Zahlungsverzögerungen/-ausfällen für Gaslieferungen in die Ukraine belastet.
- Globale Rentenmärkte mit eher geringer Ansteckung, es sein denn die Krise verschärft sich und mündet in einen militärischen Konflikt
- Globale Aktienmärkte sollten nahe der Allzeithochs eng auf breitere Ansteckungseffekte infolge Risikobewusstsein/-aversion überwacht werden
- Globale Devisenmärkte „sichere Häfen“ US-Dollar, Yen und Schweizer Franken dürften Unterstützung erhalten, EM-Währung dürften unter Druck bleiben
Szenarien
- Russland hat scheinbar mit den jüngsten Aktivitäten eine Linie gezogen, um seine strategischen Interessen im Schwarzen Meer und insbesondere auf der Krim zu untermauern.
- Falls die Situation nur auf die Krim begrenzt bleibt und es zu keiner weiteren Intervention auf dem ukrainischen Festland kommt, dürften die Finanzmärkte das Ereignis als lokal ansehen und die globale Ansteckung sollte begrenzt bleiben bzw. nach anfänglichem Aufflackern zurückgehen.
- Russische Finanz-Anlagen dürften unter Druck bleiben, ca. 70% des russischen Aktienmarktes sind in ausländischer Hand.
- Mögliche Sanktionen westlicher Länder dürften wegen der Abhängigkeit vor allem Europas von russischen Gaslieferungen sorgfältig abgewogen werden.
- Gleichwohl verursacht die Situation eine anhaltende Belastung mit jederzeitiger Gefahr einer Verschärfung. In diesem Fall stellt sie ein globales Risikoszenario dar.
- Das Risikoszenario beinhaltet eine militärische Invasion in den östlichen Teilen der Ukraine. Vor dem Hintergrund der angespannten Lage und erhöhter Befindlichkeiten birgt dieses Risiko die Gefahr weitreichenderer Ansteckungseffekte, auch wenn das derzeit nicht das Basisszenario ist.
Schlussfolgerung
- Die gesamte Lage verheißt vor allem für russische Anlagen nichts Gutes, aber auch für die gesamte Region Osteuropa inklusive Türkei (12% der Krimbevölkerung sind Tataren mit historisch enger Bindung an die Türkei und einer Abneigung gegenüber Russland)
- Ansteckungseffekte an den Finanzmärkten könnten sich über verschiedene Anlageklasse und Regionen ausweiten
- Finanzmärkte Russlands & der Ukraine dürften unter Verkaufsdruck bleiben.
- Rentenmärkte mit eher geringer Ansteckungs-Gefahr, es sein denn die Krise verschärft sich und mündet in einen militärischen Konflikt.
- Aktienmärkte sollten nahe der Allzeithochs eng auf breitere Ansteckungseffekte infolge Risikobewusstsein/-aversion überwacht werden. Gleichwohl sehen wir für den Fall, dass die Situation auf die Krim begrenzt bleibt und es zu keiner weiteren Intervention auf dem ukrainischen Festland kommt, einen Rücksetzer als Chance, neue Positionen aufzubauen.
- Devisenmärkte „sichere Häfen“ Us-Dollar, Yen und Schweizer Franken dürften Unterstützung erhalten, EM-Währung dürften unter Druck bleiben.
- Wir bleiben aktuell über die verschiedenen Anlageklassen hinweg zurückhaltend gegenüber Schwellenländern und unterstreichen unsere eher zurückhaltende Einstellung gegenüber einer aktiven Positionierung im Allgemeinen – auch vor dem Hintergrund eingehender „harter“ Wirtschaftsdaten aus China sowie den witterungsbedingten Verzerrungen in den USA.
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Asoka Wöhrmann, Co-CIO Deutsche Asset & Wealth Management, zu den Spannungen zwischen der Ukraine und Russland
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