Italien muss in den nächsten Wochen seinen Haushaltsplan vorlegen. Schon jetzt sorgen sich Investoren, ob die neue Regierung ihre Drohung wahr macht und die EU-Schuldengrenze bewusst reißen wird. „Der Markt geht immer mehr von einem Worst-Case-Szenario aus, was sich in den Kursen widerspiegelt“, sagt Jon Day, Global Bond Portfolio Manager bei Newton IM – einer Boutique von BNY Mellon Investment Management (Foto anbei). Die Brückenkatastrophe von Genua habe der Regierung den passenden Anlass geliefert, eine Erhöhung der Ausgaben zu rechtfertigen. Dabei würde eine Verbesserung der bröckelnden Infrastruktur Italien auch langfristig Wachstumsvorteile bringen.
Wenn die erhöhte Schuldenaufnahme jedoch mit der Rücknahme früherer Reformen erkauft werde, sei dies für die langfristige finanzielle Gesundheit Italiens viel problematischer, so Jon Day. Dauerhaft hohe Renditen der Staatsanleihen seien ein zusätzliches Problem. Denn etwa die Hälfte der aktuellen italienischen Staatsverschuldung werde innerhalb von fünf Jahren fällig, so dass die Finanzierungskosten schnell ansteigen würden, erläutert der Anleiheexperte: „Angesichts der ohnehin schon hohen Schuldenlast Italiens könnte dies schnell zu einem ernsthaften Problem werden, da sich die Haushaltslage bei steigenden Zinskosten weiter verschlechtert.“
Allerdings gebe es einige mildernde Faktoren: „Italien hat – vor Zinszahlungen – einen Haushaltsüberschuss und einen Leistungsbilanzüberschuss. Damit ist das Land nicht nur von ausländischen Investoren abhängig, um sich über Wasser zu halten“, meint Jon Day. Italienische Anleger hätten in der Regel einen großen Teil ihrer Ersparnisse in italienische Staatspapiere investiert. Das bedeute, dass es zum einen viele Käufer für neue Anleihen geben dürfte, während es andererseits der Regierung eine Umschuldung erschwert, da sie damit ihre Versprechen brechen würde.
Populismus treibt die Schuldenlast weiter in die Höhe
Die aktuelle Lage in Italien hält der Anleiheexperte für wenig überraschend, da die italienische Politik schon immer chaotisch gewesen sei. Sorge bereitet Jon Day dagegen die neue Tonlage der Politik: „Die Versprechungen der populistischen Parteien sind darauf ausgerichtet, in der EU hohe Wellen zu schlagen – und das funktioniert auch. Letztlich unterstreicht es aber nur, dass es in unserer hoch verschuldeten, wachstumsarmen Welt nicht viel braucht, damit die Märkte Angst bekommen.“ Langfristig könnte der wachsende Populismus in Europa zu höheren Haushaltsdefiziten und damit mehr Anleiheemissionen der Staaten führen, während die EZB gleichzeitig den Märkten allmählich ihre Unterstützung entzieht.
Investoren sollten aber eines nicht vergessen, meint Jon Day: „Auch wenn Italien Ausgabenerhöhungen ankündigt, wird nicht alles sofort umgesetzt, sondern ist erst für 2019 und 2020 vorgesehen. Die kurzfristigen Auswirkungen auf die Staatsfinanzen und die Emission von Anleihen sollten also begrenzt sein.“
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(Foto: Jon Day © Newton IM / BNY Mellon)
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