Nach 15 Jahren im Vorstand der Deutsche Rohstoff AG wechselte CEO und Mitgründer Dr. Thomas Gutschlag Ende Juni 2022 in den Aufsichtsrat der Gesellschaft, wo er als Aufsichtsratsvorsitzender fungiert. Nachfolger Gutschlags als CEO ist Jan-Philipp Weitz, der bisherige CFO der Deutsche Rohstoff. Im Gespräch mit dem BOND MAGAZINE verrät Gutschlag, weshalb nun der richtige Zeitpunkt für den Wechsel war. Zudem berichtet er über die aktuelle Situation auf dem Öl- und Gasmarkt, Entwicklungen bei der Deutsche Rohstoff sowie die weiteren Wachstumspläne des Unternehmens.
BOND MAGAZINE: Herr Dr. Gutschlag, seit wenigen Tagen sind Sie der neue Aufsichtsratsvorsitzende der Deutsche Rohstoff AG. Weshalb haben Sie sich nach 15 Jahren im Vorstand für den Wechsel in den Aufsichtsrat entschieden?
Gutschlag: Die Deutsche Rohstoff ist hervorragend aufgestellt und steht aktuell besser da als je zuvor. In den vergangenen Jahren hat die Deutsche Rohstoff wichtige strategische Weichen für ihr Wachstum gestellt. Wir haben auch während der Corona-Pandemie Marktopportunitäten genutzt und unsere Geschäftsaktivitäten weiter ausgebaut. Mit Jan-Philipp Weitz steht ein hervorragender Nachfolger bereit. Er kennt die Deutsche Rohstoff bestens und hat in den vergangenen Jahren in seiner Rolle als CFO wesentlich zu deren Erfolg beigetragen. Wir verfügen zudem über ein motiviertes und hochqualifiziertes Team. Als Aufsichtsratsvorsitzender werde ich meine Erfahrung und mein Netzwerk auch weiter in das Unternehmen einbringen. Wir werden aufgebaute Potenziale heben mit dem Ziel, auch den Wert der Gesellschaft für unsere Aktionäre weiter zu steigern.
BOND MAGAZINE: Trotz vermehrter Nutzung erneuerbarer Energien bleibt die Nachfrage nach Öl und Gas weltweit hoch. Womit ist dies zu erklären?
Gutschlag: Das ist richtig. Wir befinden uns aktuell in einem für Rohstoffunternehmen sehr positiven Marktumfeld. Die Nachfrage nach Öl und Gas ist nach Abflauen der Corona-Pandemie deutlich stärker gestiegen als ursprünglich angenommen. Dabei ist der Anstieg sowohl auf die Industrie und Wirtschaft als auch auf die privaten Haushalte zurückzuführen. Darüber hinaus wurde in den vergangenen Jahren im Öl- und Gassektor schlichtweg zu wenig investiert. Seit 2013 haben die großen Branchenplayer wie BP, Shell und Total ihre Investitionen um rund die Hälfte gekürzt. Das rächt sich nun. Hinzukommen regulatorische Maßnahmen und Debatten um ESG-Kriterien. Investoren haben ihr Engagement im Sektor infolgedessen teilweise beendet. Mittelfristig dürfte die Nachfrage nach Öl und Gas weiter hoch bleiben, was für weiter hohe Preise für Öl und Gas spricht.
BOND MAGAZINE: Sie sind gut ins laufende Geschäftsjahr 2022 gestartet. Führen Sie uns bitte kurz durch die Zahlen.
Gutschlag: Mit der Geschäftsentwicklung im ersten Quartal sind wir sehr zufrieden. Wir konnten Umsatz und EBITDA deutlich steigern auf 28,1 Mio. Euro (Vj. 17,9 Mio. Euro) bzw. 25,2 Mio. Euro nach zuvor 21,3 Mio. Euro. Wir haben unsere Produktion hochgefahren und rund 710.000 Barrel Öläquivalent (BOE) produziert. Im Vorjahr waren es noch rund 580.000 BOE. In Wyoming haben wir zudem weitere Flächen gekauft. Dort können wir die nächsten Jahre Flächen entwickeln und unsere Produktion massiv ausbauen. Darüber hinaus profitierten wir auch von positiven Währungseffekten durch den Anstieg des US-Dollars. Gute Erträge brachte auch unser Wertpapierportfolio, das wir als Reaktion auf die Corona-Pandemie aus Öl- und Goldaktien und -anleihen aufgebaut haben.
BOND MAGAZINE: Positive Aussichten also weiterhin im Bereich Öl und Gas. Und dennoch erweitert auch die Deutsche Rohstoff ihre Geschäftsfelder. Jüngst haben Sie in Australien eine Lithium-Tochter gegründet. Was steckt dahinter?
Gutschlag: Die Exploration und Verarbeitung von Lithium könnte eine sinnvolle Ergänzung zu unserem Öl- und Gasgeschäft darstellen. Wir haben mit dem australischen Unternehmen SensOre ein Term Sheet abgeschlossen, um gemeinsam Lithium-Frühphasen-Explorationsprojekte zu evaluieren. Ganz konkret werden zunächst acht Lithium-Ziele in Western Australia erkundet, die zu einem späteren Zeitpunkt gegebenenfalls erworben werden sollen. Die Deutsche Rohstoff hält dabei 70% an den Projekten. SensOre verfolgt einen neuartigen Explorationsansatz, bei dem unter anderem Künstliche Intelligenz und Big Data zum Einsatz kommen. Wir sehen für Lithium erhebliches Potenzial, insbesondere getrieben durch Entwicklungen im Bereich Batterien. Bis 2030 sehen Experten ein hohes Angebotsdefizit. Mit unserer 100-%-Unternehmenstochter Prime Lithium evaluieren wir zudem den Markteintritt im Bereich Verarbeitung von Lithium-Vorprodukten aus dem Bergbau.
BOND MAGAZINE: Welchen Ausblick können Sie für das laufende Jahr geben?
Gutschlag: Für das Geschäftsjahr 2022 erwarten wir einen Konzernumsatz zwischen 130 bis 140 Mio. Euro und ein EBITDA zwischen 110 bis 120 Mio. Euro. Diese Einschätzung beruht auf einem Ölpreis von 85 USD/Barrel. Auch für das kommende Jahr sind wir sehr optimistisch in Bezug auf unsere Geschäftsentwicklung. Beim Konzernumsatz rechnen wir mit 125 bis 135 Mio. Euro und beim EBITDA mit 100 bis 110 Mio. Euro. Wir haben 2021 unsere Produktion deutlich hochgefahren, z.B. beim Olander-Bohrplatz und ernten nun die Früchte unserer Arbeit. Wir wollen weiter wachsen und haben hierfür 2021 das Fundament gelegt.
BOND MAGAZINE: Was stimmt Sie hierfür optimistisch?
Gutschlag: Die Energiemärkte zeigen positive Fundamentaldaten für die kommenden Jahren. Die Nachfrage nach Öl und Gas wird weiterhin hoch bleiben und wir profitieren von hohen Ölpreisen. Unser Bohrplatz Knight Pad in Colorado wird bald seinen Peak erreichen und ist wirtschaftlich sehr erfolgreich. Wir starten neue Bohrungen in Wyoming und sehen dort sehr gute Entwicklungsmöglichkeiten. Wyoming ist weniger dicht besiedelt als Colorado und weit weniger städtisch. Zudem beteiligen wir uns an Bohrungen von Occidental, die bereits begonnen haben. Im Zeitraum von 12 Monaten investieren wir hierfür rund 65 Mio. US-Dollar. Der starke US-Dollar bringt zusätzliche Erträge und der Wert unserer Reserven lag am 31.12.2021, bei deutlich niedrigeren Ölpreisen, bei rund 370 Mio. Dollar.
BOND MAGAZINE: Im ersten Quartal 2022 summierten sich die Verluste aus Hedging noch auf 10,5 Mio. Euro. Wie viel Produktion haben Sie aktuell abgesichert und zu welchem Preis?
Gutschlag: Für das zweite Halbjahr 2022 haben wir rund 35% unserer Ölförderung zu Preisen von mindestens rund 66 USD/Barrel abgesichert, zudem haben wir auch ein Hedging bei rund 47% beim Gas. Für das kommenden Jahr liegt die Absicherung derzeit bei 10% für Öl bzw. knapp 25% für Gas. Grundsätzlich streben wir an, rund 60% unserer Produktion durch Hedging abzusichern.
BOND MAGAZINE: Nicht erst seit dem Russland/Ukraine-Krieg ist die Rohstoff-Abhängigkeit Deutschlands und der westlichen Welt von einzelnen Lieferanten deutlich geworden. Auch hierzulande sind die Auswirkungen auf die Preise sichtbar geworden.
Gutschlag: Über Wege aus der Rohstoffabhängigkeit Deutschlands wird schon seit Jahren rege diskutiert. Das betrifft ja nicht nur Öl und Gas. Schauen wir uns doch einmal den Wolframmarkt an. 90% der Wolframproduktion kommt aus China und Russland. Gerade in der Rüstungsindustrie ist Wolfram unerlässlich – und hier wollen viele Länder aufgrund der aktuellen Lage der Weltpolitik ja massiv investieren. Gesucht werden da Alternativen für den Bezug von Wolfram.
BOND MAGAZINE: In Südkorea baut ihre Beteiligung Almonty Industries gerade eine Wolfram-Miene. Läuft hier alles nach Plan?
Gutschlag: Beim Bau der Sangdong-Miene läuft alles nach Plan. Die Produktion soll im ersten Halbjahr 2023 beginnen. Almonty ist auf einem sehr guten Weg und entsprechend zufrieden sind wir mit unserer Beteiligung. Denkbar ist zukünftig auch eine Ausweitung der Produktion in Richtung Downstream.
BOND MAGAZINE: Was halten Sie eigentlich von der Idee einer Übergewinnsteuer für Mineralölkonzerne?
Gutschlag: Das ist Unsinn. Wie will man definieren was ein Übergewinn ist? Bekommen wir auch einen Zuschuss, wenn wir „Untergewinne“ machen, was in den vergangenen Jahren nicht selten der Fall war? Das Rohstoffgeschäft ist sehr zyklisch, wir brauchen Phasen hoher Gewinne, um auch niedrige Preise überleben zu können.
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Foto: Dr. Thomas Gutschlag © Deutsche Rohstoff AG
„Die Exploration und Verarbeitung von Lithium könnte eine sinnvolle Ergänzung zu unserem Öl- und Gasgeschäft darstellen“, Dr. Thomas Gutschlag, Aufsichtsratsvorsitzender Deutsche Rohstoff AG
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