Die gemeldeten Inflationsraten haben zuletzt erneut die Erwartungen der Marktteilnehmer übertroffen. Dennoch: So stark die Inflationsdynamik derzeit auch ist, ein gewisser Rückgang über die nächsten Monate ist allein aufgrund von Basiseffekten wahrscheinlich. Hinzu kommt die Entspannung bei vielen Rohstoffpreisen, wie Rohöl oder Stahl, sowie erste Anzeichen für eine Entspannung bei den Lieferketten, die jedoch auf etwas tönernen Füßen steht.
Die entscheidende Frage ist, mit welcher Inflation Anleger über die nächsten Jahre rechnen müssen. Die Märkte für Inflationsanleihen preisen für Deutschland derzeit eine durchschnittliche Inflation von rund 2,1% über die nächsten zehn Jahre ein. Sie gehen somit davon aus, dass die Teuerung von den aktuell extremen Niveaus sehr bald unter Kontrolle gerät und längerfristig um die 2%-Zielmarke oszilliert – ein aus meiner Sicht zu optimistisches Szenario. Zu erwartende Zweitrundeneffekte dürften die Inflation auf absehbare Zeit auf einem erhöhten Niveau deutlich oberhalb von 2% halten.
Denn die Arbeitnehmer werden die steigenden Lebenshaltungskosten in ihren Lohnverhandlungen sehr wahrscheinlich mitberücksichtigen. Ebenso werden die Unternehmen die Preise für ihre Produkte und Dienstleistungen weiter nach oben anpassen, um den steigenden Kosten entgegenzuwirken. Die wahrscheinlich bevorstehende Rezession dürfte die Inflation zwar dämpfen, allerdings nur vorrübergehend. Denn die entscheidenden Gründe für eine erhöhte Inflation über die nächsten zehn Jahre sind strukturell bedingt. Dazu gehören De-Globalisierungstendenzen, strukturelle Arbeitskräfteknappheit wegen der alternden Bevölkerung, Maßnahmen hinsichtlich der Energiewende (z.B. CO2-Steuer), massiver Investitionsbedarf in Infrastruktur, zu erwartende Rohstoffknappheiten und die Kosten für die Auswirkungen des Klimawandels.
Als wesentlicher deflationärer Treiber wird des Öfteren der technologische Fortschritt angeführt. Ob dieser jedoch in der Lage sein wird die obigen Punkte auszugleichen, erscheint zumindest für die nächsten Jahre unwahrscheinlich. Somit werden wir uns wahrscheinlich auf absehbare Zeit an erhöhte und auch volatilere Inflationsraten gewöhnen müssen, die aus meiner Sicht im Durchschnitt eher zwischen 3 und 4% liegen dürften als bei den derzeit von den Märkten eingepreisten 2,1%.
Mit welchen Anlagen lassen sich potenzielle Inflationsraten von mehr als 3% längerfristig ausgleichen?
Im Vergleich zu Staatsanleihen finden wir Unternehmensanleihen interessanter. Denn mittlerweile rentieren europäische Unternehmensanleihen mit Top-Bonität bei rund 4%. Europäische Hochzinsanleihen bieten sogar Ablaufrenditen von rund 8% und damit aus unserer Sicht einen ausreichenden Puffer für höhere Ausfallraten im Vergleich zum Investment-Grade-Bereich.
Aktien können ebenfalls, je nach Marktsegment, einen guten Inflationsschutz bieten. Denn mit der Inflation steigen über kurz oder lang auch die Umsätze und Gewinne vieler (wenn auch nicht aller) Unternehmen. Profitable Unternehmen mit günstigen Bewertungen, wie beispielsweise im Value-Segment, gilt es zu finden. Aber auch moderat bewertete Qualitätsunternehmen mit Preissetzungsmacht sollten in diesem inflationären Umfeld bestehen können. Schließlich bieten sich auch thematische Ansätze an, die ein langfristiges Wachstumspotential haben. Allerdings ist hier eine bewertungsorientierte Titelselektion umso wichtiger. Neben dem Thema „grüne Energie“ sehen wir u.a. auch im Thema Infrastruktur weiterhin Chancen. Kritischer betrachten wir hingegen viele nach wie vor teure und unprofitable Wachstumstitel, die es schwer haben dürften ihre inflationär bedingt steigenden Kosten abzufedern.
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Foto: Ivan Domjanic © M&G Investments
M&G Investments: Die Inflation wird auch längerfristig bei 3-4 Prozent bleiben
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