Es ist verständlich, dass in diesen spannenden Zeiten mit vielen groben Fouls, die Nachspielzeit etwas länger war, und wir erst jetzt einen ersten vorsichtigen Rückblick auf das bisherige Jahr 2016 wagen wollen und eine Einordnung vornehmen möchten.
Spannende Zeiten
In den letzten Monaten haben wir ja schon häufiger über die (un)erwarteten (Fast-)Pleiten geschrieben: Scholz wechselt nach Groß Britannien – erleichtert damit seine Anleihegläubiger voraussichtlich um mehr als 90 % ihres Geldes, German Pellets und KTG Agrar machen komplett die Grätsche, bei Beate Uhse sitzt man bisher nur staunend daneben. Bei allen Unternehmen glauben wir Managementfehler ausgemacht zu haben, die zu diesen massiven Liquiditätsengpässen geführt haben. Spannend scheint es momentan bei Sanha, Alno oder Enterprise Holding zu sein: Die drei Bonds sind momentan unter Druck, die Presse scheint sich auch nicht sicher zu sein, wo die Reise hingeht. Der Bond von Rickmers „dümpelt“ nun schon seit Monaten um die 30. Eigentlich müsste man davon ausgehen, dass dies nun ein Einstiegskurs wäre. Gleichzeitig haben wir spätestens bei der Bekanntgabe der Commerzbankzahlen erkennen müssen, dass die Schifffahrtskrise wohl noch nicht vorbei ist. Der Commerzbank CFO Engel verwies bei der Veröffentlichung der Halbjahreszahlen darauf, dass er für Schifffahrtskredite wieder höhere Risikorückstellungen habe bilden müssen.
Einen komplett anderen Weg ist das Management von Helma oder Poster XXL gegangen. Beide haben ihre Anleihen frühzeitig zu festgelegten Kursen gekündigt und sich mittlerweile auf dem freien Markt deutlich preiswerter refinanziert. „Die 2013 begebene Helma-Anleihe wird mit knapp 6% verzinst, während Helma sich mit den eingeleiteten Maßnahmen nunmehr zu ca. 2,5% pro Jahr zu refinanzieren in der Lage ist. Der Unterschied sind Welten in puncto Fremdkapitalkosten: Helma reduziert ihre jährlichen Zinskosten von 2,1 auf 0,9 Mio. EUR. Die 35 Mio. EUR Anleihe 2013/18 werde zum 19. September gekündigt und zu 101% zurückgezahlt.“ (Bondguide August 2016)
Ein gutes Gefühl
Dennoch sind wir nicht der gleichen Meinung wie verschiedene Kommentatoren, die den Untergang der Mittelstandsanleihen zumindest in der Headline prognostizieren. Für institutionelle Investoren sind diese Anleihen, wenn sie mit einem kalkulierbaren Risiko ausgestaltet sind, immer noch reizvoll. Basel IV wird die Eigenkapitalrichtlinien von Banken noch einmal nachhaltig verschärfen. Bei den Stresstests werden die Bücher der Banken noch deutlicher unter die Lupe genommen. Dementsprechend wird – obwohl sehr viel billiger Geld im Markt ist – die Kreditvergabe für Mittelständler mit nicht bester Bonität nicht eben einfacher. Dies schlägt sich eben auch im höheren Kupon für den Investor nieder. Aber das was wir in den letzten zwei Jahren gesehen haben, darf sich nicht weiter wiederholen: Mutwillig herbeigeführte Pleiten. Insolvenzen, die nicht darauf fußen, dass das Unternehmen mit einem schwierigen Marktumfeld zu kämpfen hatte und dann verloren hat. Sondern Insolvenzen, die durch krasse Managementfehlentscheidungen herbeigeführt worden sind. Wenn hier die emissionsbegleitenden Banken und die Investoren besser aufpassen und rigerosere Forderungen stellen – auch hinsichtlich Transparenz – dann haben wir ein gutes Gefühl, dass diese Anlageklasse für institutionelle Investoren durchaus weiterhin ihre Berechtigung haben kann.
Im „Standpunkt German Mittelstand“ äußert sich das Team um Ralf Meinerzag regelmäßig zum Markt für Mittelstands- und Hochzinsanleihen.
www.fixed-income.org
Mittelstandsanleihen: Pausentee - Spannende Zeiten - aber ein gutes Gefühl
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