Die Ergebnisse des RICS Global Commercial Property Monitor (GCPM) für das vierte Quartal 2023* zeigen, dass der Global Commercial Property Sentiment Index (CPSI)** für das vierte Quartal 2023 mit -15 weitgehend auf dem Niveau des dritten Quartals (-16) lag. Es ist bezeichnend, dass sich diese globale Kennzahl seit Mitte 2022 kaum verändert hat. Ein ähnliches Bild ergibt sich beim Investorenindex (Investment Sentiment Index, ISI)****, der unverändert bei -18 lag und bei der Mieternachfrage (Occupier Sentiment Index, OSI)*** , die ebenfalls unverändert einen Wert von -13 verzeichnet.
Wie zu erwarten, ergeben sich interessante Entwicklungen, wenn die Zahlen auf regionaler Ebene betrachtet werden. So hat sich beispielsweise der CPSI sowohl in Nord- und Südamerika (von -10 auf -7) als auch in Europa (-25 auf -21) nur geringfügig verbessert, obwohl sich der Tenor hinsichtlich der Zinsaussichten deutlich geändert hat. Bei der Veröffentlichung der Q3-Ergebnisse wies die RICS auf das Mantra „höher für länger" hin. Seitdem erwarten die Geldmärkte eine schnellere Wende im Zinszyklus, unterstützt durch etwas günstigere Inflationsdaten. Im Gegensatz dazu rutschte der Wert für APAC auf sein schlechtestes Ergebnis (-24) seit der Pandemie (4. Quartal 2020), was auf das negativere Feedback der Umfrageteilnehmer in China (-45) zurückzuführen ist.
Verschiebung der Kreditkonditionen beeinflusst Ergebnisse in den Regionen
Ohne die Auswirkungen des Umschwungs bei den Erwartungen hinsichtlich der geldpolitischen Aussichten und der Verbesserung der Kreditbedingungen in einigen Märkten überbewerten zu wollen, scheinen diese Faktoren doch eine Rolle bei den Entwicklungen gespielt zu haben. Die deutlichste Verbesserung (auch wenn der Wert immer noch geringfügig negativ ist) ist in Nord- und Südamerika zu verzeichnen, wo der Nettosaldo der Befragten, die eine Verschärfung des Kreditklimas meldeten, von -43% auf -6% zurückging. Besonders in den USA ist ein deutlicher Stimmungsumschwung zu verzeichnen (Rückgang von -50% auf -10%), der den milderen Ton der der Fed widerspiegelt.
Die Entwicklung in Europa ist ähnlich, auch wenn die Kreditbedingungen per Saldo immer noch deutlich negativer ausfallen (Rückgang von -69% auf -31%). Auf Länderebene liegt die Kennzahl für Großbritannien nun bei -5% (zuvor -44%). In Deutschland hat sich der negative Trend besonders deutlich von -74% auf -20% verringert. In der Region APAC haben sich die Kreditbedingungen leicht verbessert, obwohl sich das Ergebnis für Australien kaum verändert hat und weiterhin im negativen Bereich verharrt (-34% gegenüber -38% in Q3). Am anderen Ende des Spektrums steht Indien mit einem Nettosaldo von +73%. Dementsprechend liegt der CPSI für Indien mit +21 weiterhin im positiven Bereich. Im Nahen Osten und Afrika (MEA) ist die Stimmung im Immobiliensektor weiterhin am positivsten. Innerhalb dieser Region ist Saudi-Arabien führend (CPSI +36). In MEA stieg der aggregierte Indikator der Kreditbedingungen von einem Nettosaldo von +1% auf +11%, während er in Saudi-Arabien von +36% auf +42% anstieg.
Zyklusmetrik deutet auf eine allmähliche Progression hin
Bei der Frage, wo sich der Immobilienmarkt im Zyklus auf globaler Ebene befindet, geben aktuell 46% der Befragten an, dass er immer noch in einer Abschwungphase ist, weitere 23% gehen davon aus, dass sich der Markt nun am Tiefpunkt des Zyklus befindet. Die Vergleichsergebnisse aus Q3 liegen bei 55% und 19% (Q2: 58% und 14%). Inzwischen ist der Anteil der Umfrageteilnehmer, die sagen, dass sich der Markt in der Aufschwungphase befindet, leicht von 21% auf 24% gestiegen.
Auf regionaler Ebene zeigen die Ergebnisse ein ähnliches Bild. In der Region Amerika liegt der Anteil derer, die angeben, dass sich der Immobilienmarkt entweder in einem Abschwung oder der Talsohle des Zyklus befindet, von 70% auf 65% gesunken. Die entsprechenden Zahlen für APAC lauten 68% und 66% und für Europa 88% und 82%. In der Region MEA ergibt sich ein anderes Bild, denn über 50% der Befragten sehen den Immobilienmarkt weiterhin in einer Aufschwungphase des Zyklus.
Mieternachfrage ist weiterhin stärker als der Investmentmarkt
Ein Thema, das auch in früheren Umfrageergebnissen deutlich wurde, ist die relative Widerstandsfähigkeit der Mieter- im Gegensatz zur Investorennachfrage. Dies lässt sich auch damit erklären, dass die Weltwirtschaft eine „harte Landung“ vermieden hat, die teilweise prognostiziert wurde. Auf regionaler Ebene zeigt es sich, dass das Muster bestehen bleibt. Signifikant ist, dass die regionalen Ergebnisse in den meisten Fällen einen weitgehend konsistenten Trend auf Länderebene widerspiegeln, wobei APAC eine Ausnahme bildet. Während z.B. in Indien die Nutzernachfrage bei +61% und die Investorennachfrage bei +38% liegen, sind die Werte für China bei -45% und -42%.
Zurück zu den globalen Ergebnissen: Sowohl die Zahlen der Nutzer als auch der Investoren belegen weiterhin eine deutliche Divergenz bei den Sektorentrends. In beiden Bereichen ist die Nachfrage nach Industrieimmobilien leicht positiv, während die Werte für Büro- und Einzelhandelsimmobilien negative Werte aufweisen, wenn auch etwas geringer als zuvor.
Europa: Nachfrage von Mietern und Investoren weiterhin gedämpft angesichts des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds
Die aktuellen Ergebnisse für Europa bleiben durch die anhaltend schwache Konjunktur auf dem gesamten Kontinent beeinträchtigt. Die restriktiven geldpolitischen Vorgaben belasten die Anlegernachfrage, obwohl die Zinssätze nach allgemeiner Ansicht ihren Höchststand erreicht haben. Auch wenn eine knappe Mehrheit der Befragten eine Abschwächung des Marktes sieht, stieg der Anteil derer, die der Meinung sind, dass die Talsohle des aktuellen Immobilienzyklus erreicht ist.
Indizes für Mieter- und Investitionsstimmung belegen weiterhin schwierige Marktbedingungen
Sowohl das Mieter- als auch das Investitionsklima sind mit -17 bzw. -25 weiterhin im negativen Bereich, auch wenn die aktuellen Werte geringfügig weniger negativ ausfallen als zuvor (Q3: -19 bzw. -31). Somit signalisieren beide Indikatoren weiterhin eine gedämpfte Gesamtlage, wie sie sich auch im vergangenen Jahr zeigte. Aufgeschlüsselt nach Ländern, weisen alle Märkte negative Werte auf, wobei die Ergebnisse für Frankreich (-31) und Deutschland (-35) besonders schwach ausfielen. In beiden Ländern geht die Mieternachfrage nach Büro- und Einzelhandelsflächen stark zurück. Dies geht mit einem weiteren Anstieg der Leerstände in diesen Marktsegmenten ein.
Die Kapitalwerterwartungen für die nächsten 12 Monate sind in den meisten europäischen Ländern negativ. Dennoch gibt es ein einige Ausnahmen. Zypern und Portugal verzeichnen sogar leicht positive Erwartungen und die Befragten in Rumänien, Griechenland und Bulgarien gehen von einem sich nicht verändernden Bild aus. Am anderen Ende der Skala werden relativ starke Rückgänge in Polen, Frankreich, Deutschland, der Tschechischen Republik und den Niederlanden im kommenden Jahr erwartet.
Deutschland: Gesamtindex steigt von -38 auf -35 leicht, Investorenstimmung verbessert sich von -44 auf -35 und ist nach sechs Mal in Folge auf dem gleichen Wert wie die Mieterstimmung
Der Gesamtindex CPSI für Deutschland steigt im vierten Quartal leicht von -38 auf -35. Im Vorquartal gaben 77% der Befragten an, dass sich der Zyklus in einer Abschwungphase befindet, jetzt sind es 67%. Waren es im dritten Quartal 21% der Befragten, die angaben, den Tiefpunkt im Zyklus erreicht zu haben, sind es aktuell 31%. Die Investorenstimmung verbessert sich von -44 auf -35 und ist nach sechs Mal in Folge auf dem gleichen Wert wie die Mieterstimmung, der von -32 auf -35 nachgegeben hat.
Die Investorennachfrage über alle Assetklassen steigt und erreicht ein Nettosaldo von -43% (Q3: -51%). Bei Büroimmobilien verbessert sich der Nettosaldo und verzeichnet jetzt einen Wert von -58% (Q3: -73%). Bei Industrieimmobilien steigt der Wert leicht von -25% auf -23%. Auch der Nettosaldo bei Einzelhandelsimmobilien erhöht sich von -56% auf -47%. Der Nettosaldo der Nutzernachfrage über alle Assetklassen hinweg fällt hingegen ab und erreicht im vierten Quartal einen Wert von -40% (Q3: -37%). Dabei fiel die Nutzernachfrage nach Büros weiter von -55% auf -59%.
Bei der Einschätzung von Deutschland als Immobilieninvestitionsstandort haben sich kaum Veränderungen ergeben; als teuer schätzen ihn 66% (Q3: 67%) ein, und die Zahl derer, die den Standort als günstig bewerten stieg leicht von 12% auf 14%.
Die Kapitalwerterwartungen für die nächsten 12 Monate über alle Assetklassen steigt von -61% auf -46%. Büroimmobilien veränderten sich deutlich, wobei der Nettosaldo von -66% auf -56% stieg. Die Aussichten bei den Kapitalwerten von Industrieimmobilien verbessern sich ebenfalls von -45% auf -23%. Auch Einzelhandelsimmobilien stiegen und erreichten einen Wert von -60% (Q3: -72%).
Bei der Einschätzung der Befragten zu den Mieten in den nächsten 12 Monaten ist die Stimmung weiterhin negativ. Demnach fielen die Mieterwartungen von -16% auf -20% über alle Assetklassen hinweg. Büroimmobilien sanken von -11% auf -20%. Bei Einzelhandelsimmobilien fiel der Wert von -50% auf -55%. Nur Industrieimmobilien erholten sich leicht. Hier stiegen die Mietaussichten von +14% auf +16%.
Seit dem zweiten Quartal 2020 nahmen die deutschen Teilnehmer durchgängig eine negative Veränderung bei den Kreditkonditionen wahr. Dieser Wert stieg in der aktuellen Umfrage deutlich. Der Nettosaldo erreichte demnach -20% (Q3: -74%). Die zwar anziehenden, aber weiterhin negativen Konditionen für Kredite spiegeln sich nicht in steigenden Zahlen für den Beginn von Projektentwicklungen wider. Hier stagniert der Nettosaldo bei einem Wert wie im Vorquartal und erreicht -78% über alle Assetklassen.
Fazit: Europa hat weiterhin mit Schwächen zu kämpfen, aber erste Signale zeigen Stimmungsverbesserung
Susanne Eickermann-Riepe FRICS, Vorsitzende des RICS European World Regional Board (EWRB): „Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Europa und das schwache Wachstum belasten weiterhin die Immobilienbranche, und Entscheidungen werden vertagt. Allerdings macht sich das verbesserte Kreditumfeld im Sentiment bemerkbar. Einzelne Faktoren zeigen eine erste Belebung. Sowohl Mieter- als auch Investoren Sentiment haben sich nicht weiter verschlechtert. In ganz Europa sind die Aussichten für das Mietwachstum in allen Marktsegmenten erneut stärker (oder weniger negativ) als für die Kapitalwerte, die im 12-Monatsausblick bis auf wenige Ausnahmen deutlich negativ bleiben. Von den traditionellen Sektoren erzielten erstklassige Industriewerte leicht positive Kapitalwerterwartungen und zeigen weiterhin einen soliden Ausblick auf der Mietseite. Abseits der Mainstream-Sektoren wird ein robustes Mietwachstum für Rechenzentren, Mehrfamilienhäuser, Studentenwohnungen und Hotels prognostiziert. Darüber hinaus sind auch in den Bereichen Altenpflege, Biowissenschaften und Freizeit steigende Mieten (wenn auch in geringerem Maße) zu beobachten. Beim Transaktionsmarkt bleibt Europa allerdings noch in der Warteschleife.”
Jens Böhnlein MRICS, Vorstandsvorsitzender der RICS Deutschland, ergänzt: „Trotz der weiterhin schwelenden Krisen zeigt der Index eine leichte Verbesserung bei der Stimmung der Investoren und deutet somit darauf hin, dass eine sich abzeichnende Stabilisierung durch die EZB zur Mitte des Jahres die Einleitung eines neuen Zyklus andeuten könnte. Es zeichnet sich jedoch heute bereits ab, dass sich die Kapitalwerterwartung extrem – anhand von Kriterien wie Nutzungsklassen, Investitionsaufwand, ESG-Konformität und vor allem der Lage – unterscheiden werden, auf die sich Verkäufer und Käufererwartungen immer noch einstellen müssen bzw. die Realitäten der neuen Preisniveaus akzeptieren müssen.“
Die Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS) ist ein Berufsverband von Immobilienfachleuten und Immobiliensachverständigen. RICS setzt sich für die internationale Standardisierung ein und veröffentlicht eigene RICS Appraisal and Valuation Standards („Red Book“). Die Red Books gelten als Standardwerk in der Immobilienbewertung. www.rics.org.
*) Die Befragung fand vom 6. Dezember 2023 bis 12. Januar 2024 statt, 2.224 Unternehmen haben daran teilgenommen.
**) Der Commercial Property Sentiment Index (CPSI) ist ein ungewichteter Durchschnitt aus OSI und ISI (s.u.). Die regionalen Indikatoren werden anhand der von LaSalle Investment Management bereitgestellten Schätzungen des Bestands an Gewerbeimmobilien gewichtet und jährlich angepasst.
***) Der RICS Occupier Sentiment Index (OSI) wird aus dem ungewichteten Durchschnitt der Messwerte für drei Reihen gebildet, die sich auf den Nutzermarkt beziehen und per Saldo gemessen werden: Nutzernachfrage, Höhe der Anreize und Mieterwartungen.
****) Der RICS Investment Sentiment Index (ISI) wird als ungewichteter Durchschnitt der Messwerte für drei Reihen berechnet, die sich auf den Investitionsmarkt beziehen und per Saldo gemessen werden: Investitionsanfragen, Kapitalwerterwartungen und das Angebot an zum Verkauf stehenden Immobilien.
www.fixed-income.org
Grafik: Global Commercial Property Sentiment nach Regionen, Quelle: RICS
RICS: Kreditkonditionen stabilisieren sich weltweit, aber die Stimmung bleibt vorsichtig, außer in MEA und einigen Teilen von APAC
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