Der diesjährige Renditeanstieg verleiht dem Anleihenmarkt wieder mehr Attraktivität, insbesondere angesichts der steigenden Rezessionswahrscheinlichkeit. Dennoch bleibt ungewiss, wann die Marktdynamik umschlägt.
Die jüngsten Bewegungen der Wirtschaftsdaten, der Geldpolitik und der Finanzmärkte haben Ausmaße angenommen, die seit Jahrzehnten nicht mehr zu beobachten waren. Die Inflation, gemessen am Verbraucherpreisindex (CPI), erreichte in diesem Monat mit 8,6 Prozent ein 40-Jahres-Hoch. Die Federal Reserve (Fed) reagierte darauf mit der größten Zinserhöhung seit 1994. Der durchschnittliche Zinssatz für 30-jährige Hypotheken stieg laut der US-amerikanischen Hypothekenbank Freddie Mac auf den höchsten Stand seit 2008. Die wichtigsten Aktienindizes sind in einen Bärenmarkt gefallen. Gleichzeitig erlebten Anleihen den mit Abstand schlechtesten Jahresauftakt aller Zeiten.
Die Anleger sind sich der Verluste, die selbst die am besten diversifizierten Portfolios erlitten haben, sehr wohl bewusst. Und es gibt keine Garantie, dass ein Ende in Sicht ist. Es finden sich jedoch Anzeichen dafür, dass die aktuellen Verluste die Bewertungen wieder auf ein Niveau bringen, das sich für langfristig orientierte Anleger als attraktiv erweisen kann. Dadurch ließen sich auch potenzielle Diversifizierungsvorteile von Anleihen besser nutzen. Auf der Grundlage der jüngsten Indikationen sind wir der Ansicht, dass die Investment-Aussichten konstruktiver geworden sind, insbesondere im Anleihebereich.
Die Fed bekämpft die Inflation, aber zu einem hohen Preis
Die Fed verschärft mit ihrem Bestreben, die Inflation zu bekämpfen, die Finanzierungsbedingungen. Dies bringt verschiedene Asset-Klassen und die Wirtschaft unter Druck. Auch die Verbraucher bekommen die Auswirkungen der höheren Inflation zu spüren. Den Daten des Handelsministeriums zufolge sanken die Einzelhandelsumsätze im Mai um 0,3 Prozent. Das Verbrauchervertrauen ist laut einer Umfrage der Universität Michigan im Mai auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen gesunken.
Infolgedessen steigt die Wahrscheinlichkeit einer Rezession. Mit Stand vom 16. Juni schätzt das Prognosemodell GDPNow-Tool der Federal Reserve Bank of Atlanta, dass die US-Wirtschaft im zweiten Quartal 2022 kein Wachstum aufweisen wird. Die jüngste Wachstumsverlangsamung spiegelt wahrscheinlich noch nicht das volle Ausmaß der bisherigen geldpolitischen Straffung wider, da die Verschärfung der Finanzbedingungen in der Regel erst mit einer gewissen Verzögerung durchschlägt.
Anleihen entwickeln sich in Rezessionsphasen in der Regel gut und wenn es der Fed gelingt, die Inflation zu senken, könnte dies ein noch besseres Umfeld für festverzinsliche Anlagen schaffen.
Einer der besten Indikatoren für die künftige Rendite von Anleihen ist die Anfangsrendite. Der sprunghafte Anstieg der Renditen seit Anfang 2022 - die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen ist von ca. 1,63 Prozent auf ca. 3,25 Prozent gestiegen - hat zu beispiellosen Kursverlusten bei bestehenden Anleihen geführt. Aber er hat gleichzeitig eine bessere Ausgangsbasis für neue Investitionen geschaffen, sowohl im Hinblick auf potenzielle Erträge als auch auf Diversifizierungsmerkmale - zwei der Hauptgründe für den Besitz von Anleihen.
Die Renditen von Staatsanleihen sind teilweise als Reaktion auf die Erwartung von Leitzinserhöhungen der Fed gestiegen. Als die Fed am 15. Juni ihren Leitzins um 75 Basispunkte anhob, korrigierten die Beamten ihre Median-Prognosen für diesen Zinssatz auf etwa 3,8 Prozent im nächsten Jahr nach oben.
Gleichzeitig wies der Fed-Vorsitzende Jerome Powell darauf hin, dass der langfristige neutrale Zinssatz, bei dem die Geldpolitik die Wirtschaft im Gleichgewicht hält, nach Schätzungen der Fed noch immer relativ niedrig ist. Dieser befindet sich aktuell im mittleren Zwei-Prozent-Bereich, was mit den Einschätzungen von PIMCO übereinstimmt.
Die Projektionen deuten darauf hin, dass die Beamten einstimmig der Meinung sind, dass der Leitzins über den neutralen Wert hinaus steigen muss, trotz der Kosten eines langsameren Wachstums.
Als die Fed 1994 das letzte Mal die Zinssätze um 75 Basispunkte auf einmal anhob, kämpfte sie mit Inflationsängsten, die sich jedoch nie vollständig bewahrheiteten. Damals begann die Fed ihren Zinserhöhungszyklus langsam und beschleunigte ihn, wobei die Anleiherenditen vor der letzten Anhebung einen Höchststand erreichten. Diesmal geht die Fed schon früh aggressiver vor, so dass die Möglichkeit besteht, dass die Renditen ihren Höchststand erreichen, bevor die Fed ihr endgültiges Leitzinsziel erreicht hat.
Bei einer Rendite von etwa 3,25 Prozent für zehnjährige US-Staatsanleihen könnten US-Bundesanleihen positive reale Renditen bieten - in einem vergleichsweise sicheren und liquiden Vermögenswert -, wenn man glaubt, dass die Fed die Inflation auch nur annähernd auf ihr Zielniveau zurückführen kann. Es gibt relativ defensive Bereiche der festverzinslichen Märkte, die jetzt so attraktive Renditen bieten wie schon lange nicht mehr. Das hat dazu beigetragen, das Ertragspotenzial und die Fehlertoleranz der Anleger zu erhöhen.
In der langen Geschichte der Finanzmärkte gab es immer wieder Phasen, die ähnlich beschwerlich waren wie die, die Anleger in diesem Jahr erleben. Wie in der Vergangenheit können diese Rückgänge dazu beitragen, die Bewertungen von Vermögenswerten zu korrigieren und die Weichen für bessere Zeiten zu stellen.
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Foto: Marc Seidner © PIMCO
Umfeld für Anleihen hellt sich auf
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