Die WIR Finanzierer GmbH plant die Emission einer Unternehmensanleihe im Volumen von rund 120 Mio. Euro, mit der Anleihen von ca. 30 kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) gebündelt finanziert werden. Bonitäts- und strukturbedingte Anforderungen sowie eine enge Begleitung der KMU sollen Ausfälle verhindern. Mark van den Arend, Geschäftsführer der WIR Finanzierer GmbH, erläutert im Gespräch mit dem BOND MAGAZINE die Struktur.
BOND MAGAZINE: Bitte erläutern Sie das Konzept der WIR Finanzierer GmbH.
van den Arend: Ausgangspunkt war, dass KMU-Einzelinvestments für Kapitalmarktinvestoren wirtschaftlich nicht sinnvoll darstellbar sind. Die Lösung bestand deshalb in der Bündelung der KMU-Finanzierungsbedarfe. Zur Finanzierung dieses Bündels aus rund 30 KMU-Anleihen konzipierten wir eine von Euler Hermes geratete und im Freiverkehr notierte Anleihe mit einer Laufzeit von 5 Jahren. Das angestrebte Gesamttransaktionsvolumen liegt bei rund 120 Mio. Euro, welches bei maximaler Konzentration von 5% mit einem KMU-Anleihebetrag in Höhe von rund 6 Mio. Euro korrespondiert. Mit dieser Struktur verschaffen wir den KMU auf Basis attraktiver Konditionen und Bedingungen mehr Bankunabhängigkeit und finanziellen Spielraum, zum anderen eröffnen wir mittels einer intelligent gewählten Struktur Investoren einen neuen Investitionszugang zum deutschen Mittelstand.
BOND MAGAZINE: Welche Struktur ist geplant?
van den Arend: Die einzelnen Unternehmen begeben jeweils eine KMU-Anleihe im Betrag von 500.000 Euro bis maximal 5% des Gesamttransaktionsvolumens. Die KMU-Anleihen werden exklusiv durch die WIR Finanzierer S.A. erworben, einer 100%-igen Tochtergesellschaft der WIR Finanzierer GmbH. Die S.A. begibt ihrerseits eine Kapitalmarktanleihe über den Gesamtbetrag und leitet die KMU-Anleihebeträge an die einzelnen KMU weiter.
BOND MAGAZINE: Welche Anforderungen müssen die KMU erfüllen?
van den Arend: Bei uns gibt es eine sehr überschaubare Liste an Anforderungen. Einige Anforderungen sind trivial. Den Schwerpunkt bilden naturgemäß die bonitätsbasierten und strukturbedingten Anforderungen. Zu den trivialen Anforderungen zählen wir die mindestens 5-jährige Unternehmenshistorie und den Eintrag ins Handelsregister. Die bonitätsbasierten Anforderungen ergeben sich aus dem von uns konzipierten Bonitätsdreieck. Dieses besteht aus der Bonitätsnote der Deutschen Bundesbank, dem Rating der Bank mit dem größten Kreditengagement und dem Indikativen Rating der Euler Hermes, welches mindestens auf ein BB- hinauslaufen sollte. Unternehmen müssen dafür nicht den aufwändigeren Prozess eines Euler Hermes Vollratings durchlaufen, da der zum Teil standardisierte Ansatz, der dem Indikativen Rating zugrunde liegt, eine ausreichend valide Basis für die Erstellung des Portfolioratings bildet. Die strukturbedingte Anforderung beschränkt sich dann im Wesentlichen darauf, dass der KMU-Anleihe Emittent über Bankbarkredite und/oder -kreditlinien verfügen muss, die in Summe mindestens dem Betrag der KMU-Anleihe entsprechen. Dieses 1:1-Verhältnis ist dann auch während der Laufzeit der KMU-Anleihe vom Emittenten aufrecht zu erhalten.
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Veranstaltungshinweis:
Unternehmer-Workshop „Anleihen als Finanzierungsalternative für Immobilienunternehmen“
3. Juli 2014, Hotel Jumeirah, Frankfurt
www.bond-conference.com
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BOND MAGAZINE: Mit welchen Kosten ist die Aufnahme bei Ihnen für KMU verbunden?
van den Arend: Für uns war es von Anfang an wichtig, ein einfaches Produkt zu entwickeln. Dies spiegelt sich bei der KMU-Anleihe auch in der Konditionsgestaltung wider, die insgesamt drei Kostenbestandteile umfasst. Neben dem Zins, der auf Basis der Bonitätsnote der Deutschen Bundesbank fixiert wird, und sich zwischen 4,5% p.a. und 7,25% p.a. bewegt, zahlt das Unternehmen ein Disagio in Höhe von 5%, mit dem sämtliche Transaktionskosten abgegolten werden. Für das Indikative Erstrating zahlt das Unternehmen dann 10.000 Euro, für die jährlich vorgesehenen Indikativen Folgeratings jeweils 5.000 Euro. Dabei handelt es sich um ein unschlagbar attraktives Angebot der Euler Hermes, welches nur durch die Verhandlung eines Gesamtpakets möglich wurde. Seitens der Investoren vereinnahmen wir keinerlei Provisionen.
BOND MAGAZINE: Wie werden Sie sich refinanzieren und wie wird Ihre Anleihe ausgestaltet sein?
van den Arend: Die Finanzierung des KMU-Anleihe-Portfolios erfolgt über die Begebung einer von Euler Hermes gerateten und im Freiverkehr gelisteten Anleihe. Ein von uns zusammengestelltes KMU-Anleihe-Musterportfolio wurde von Euler Hermes mit einem soliden Rating im ’BBB Korridor’ bewertet. Bei überwiegend BB- gerateten KMU-Anleihen war dieses äußerst solide Rating nur durch die Kombination aus Streuung der KMU-Anleihen und einer mit dem Portfolioansatz korrespondierenden Cashflow Struktur zu erreichen. Neben einem soliden Investmentgrade Rating der Kapitalmarktanleihe wird uns dann auch ein Transaktionsvolumen von rd. 120 Mio. Euro helfen, das Interesse eines erweiterten Investorenkreises zu wecken. Dabei denken wir auch an die Investoren, die dem deutschen Mittelstand durchaus aufgeschlossen gegenüber stehen, für die aber die Mittelstandsanleihen vielfach zu klein waren. Da wir bei der Kapitalmarktfinanzierung zum einen auf eine Tranchierung verzichten und zum anderen den Cashflow des Portfolios zu 100% an die Investoren weiterleiten, wird es einen Wertpapierprospekt mit gut überschaubarem Umfang geben.
BOND MAGAZINE: Wann wird Ihre Anleihe platziert?
van den Arend: Wir haben uns mit September diesen Jahres ein ambitioniertes Ziel gesteckt, sind aber auf Basis aktueller Rückmeldungen aus dem Markt optimistisch, dieses Ziel zu erreichen. Das Closing-Datum hängt dann primär davon ab, wie schnell sich die rund 25 bis 30 Unternehmen für die Begebung einer KMU-Anleihe entscheiden.
BOND MAGAZINE: Erfolgt der Kauf von Anleihen der KMUs unter Vorbehalt Ihrer Refinanzierung?
van den Arend: Die rechtliche Struktur, die wir diesbezüglich gewählt haben sieht vor, dass sich die Unternehmen verpflichten, die KMU-Anleihen zu begeben, sofern die S.A. die KMU-Anleihen im gesteckten Zeitkorridor und zu indizierten Konditionen erwirbt. Die KMU-Anleihen und die Kapitalmarktanleihe haben damit den gleichen Laufzeitbeginn.
BOND MAGAZINE: Was unterscheidet Ihr Konzept von Standard Mezzanine-Programmen?
van den Arend: Die Bündelung der KMU-Anleihen hat nichts mit den Standard Mezzanine-Programmen zu tun. Das lässt sich mit ein paar Stichworten einfach transparent machen. 1. Der Vertriebsansatz, Push bei den Mezzanine-Programmen versus Pull bei der KMU-Anleihe. Vielfach wurden, bei laxer Handhabung von Standards, schlechte Risiken einfach in die Mezzanine-Programme reingedrückt. Für KMU-Anleihen gibt es einen breit gefächerten Sourcing-Ansatz sowie transparente und rigide Auswahlkriterien. 2. Der Finanzierungsanlass und die Refinanzierungsaussicht. Bei rund 50% aller Mezzanine-Schuldner stand die Bilanzreparatur durch eine Eigenkapitalanrechnung als Kernmotiv im Vordergrund. Bei der KMU-Anleihe sind die Unternehmen an der Steigerung der Bankunabhängigkeit und dem zusätzlichen Finanzierungsspielraum interessiert. Dies ist eine deutlich gesündere Ausgangssituation. Mezzanine-Refinanzierungsfenster blieben in schwierigen Marktphasen zum Teil gänzlich verschlossen, wohingegen der Markt für Investmentgrade Anleihen stets funktionsfähig blieb. 3. Diversifizierung und Investorenschutzrechte. Die Konzentration von Einzelinvestments lag bei Mezzanine-Transaktionen zum Teil deutlich über 5%. Bei Prime 2006-1 lag sie bei 8% plus und bei H.E.A.T. I-2005 lag sie bei 8,2%. In einigen Fällen verschärfte sich die Situation noch dadurch, weil sich Unternehmen gleichzeitig an verschiedenen Mezzanine-Programmen beteiligten. Aufgrund der generell angestrebten Anrechenbarkeit als Eigenkapital war ein effektiver Gläubigerschutz der Mezzanine-Investoren konzeptionell nicht vorgesehen. Die KMU-Anleihe, die klar als Senior Debt Instrument ausgestaltet ist, bietet einen Investorenschutz, der noch über den aktuellen Standard klassischer Mittelstandsanleihen hinaus geht. Seitens WIR Finanzierer erfolgt dann während der Laufzeit eine enge Begleitung der KMU und dies, im Vergleich zu einer kreditgebenden Bank, mit mehr Man-Power. Der Recovery Manager wird in die Fälle mit eingebunden, in denen es zum Downgrade kommt, da wir dann, auch im Interesse der Investoren, die Situation und Hintergründe genau verstehen wollen. Kommt es im Rahmen der Positiverklärung zu einer Besicherung einer KMU-Anleihe, erfolgt ebenfalls die Einbindung des Recovery Managers.
BOND MAGAZINE: Wie schützen Sie sich vor Ausfällen und was passiert, wenn ein KMU das Mindestrating unterschreitet?
van den Arend: Gegen etwaige Ausfälle einzelner KMU-Anleihen schützen wir uns in erster Linie durch eine äußerst solide Erstauswahl. Darüber hinaus erfolgt ein quartalsweises Reporting seitens der Unternehmen, ein laufendes Monitoring seitens Euler Hermes und die Begleitung durch WIR Finanzierer. Für den denkbaren Fall, dass es im Laufe der 5 Jahre bei dem einen oder anderen Unternehmen zu Schwierigkeiten kommt, wird der Recovery Manager aktiv. Wir sind sehr glücklich, mit Buchalik Brömmekamp einen äußerst erfahrenen Partner an unserer Seite zu haben, der die Rechts- und Unternehmensberatung unter einem Dach vereint und in Deutschland zu den renommiertesten Adressen für Restrukturierungen zählt. Der Recovery Manager wird dann, je nach Ausmaß des Downgrades, aktiv. Bei einem Downgrade um eine Stufe verpflichtet sich das Unternehmen für ein erläuterndes Interview zur Verfügung zu stehen. Bei einem Downgrade um zwei oder mehr Stufen gibt es einen Workshop, im Rahmen dessen die Situation des Unternehmens auf Herz und Nieren geprüft wird, um darauf aufsetzend Handlungsempfehlungen auszusprechen und ggf. ergänzende Informationsanforderungen zu vereinbaren. Erst bei einem Downgrade auf B- besteht seitens der WIR Finanzierer S.A. ein Kündigungsrecht. In diesem Kündigungsrecht sehen wir in erster Linie die Stärkung der Verhandlungsposition gegenüber dem KMU-Anleiheemittent und weniger den unreflektierten Trigger die KMU-Anleihe fällig zu stellen.
BOND MAGAZINE: Viele mittelständische Anleiheemittenten haben die Erwartungen nicht erfüllt, weshalb sollte ein Investor Ihnen die Auswahl der Zielunternehmen überlassen?
van den Arend: Wir kennen die Diskussion um die viel zitierten Kinderkrankheiten des Marktes für Mittelstandsanleihen. Meines Erachtens ist der Grund für die aktuellen Schwierigkeiten in erster Linie darin zu sehen, dass es an einer Professionalisierung des Marktes mangelt. Deshalb würde ich den schwarzen Peter nicht allein den Anleiheemittenten zuschieben wollen. Beim Investment in gebündelte KMU-Anleihen gibt es aus Sicht der Investoren gerade hinsichtlich der Auswahl der Unternehmen wesentliche Vorzüge. Mit den drei Ratinganforderungen, die kumulativ erfüllt sein müssen, haben wir einen mehrstufigen Risikofilter, der der Einschätzung einer einzigen Rating-Agentur - die zum Teil nicht einmal den Schritt vom Unternehmens- zum Instrumenten-Rating vollzieht - bei weitem überlegen ist. Das Nadelöhr unseres Risikofilters kann dann in der Bundesbank Bonitätsnote gesehen werden, da die geforderte Notenbankfähigkeit mit einem 1-Jahres-PD von < 0,4% korrespondiert. Darauf, dass es trotz der soliden Erstauswahl und der engen Begleitung der Unternehmen während der Laufzeit bei dem einen oder anderen Unternehmen zu Schwierigkeiten kommt, sind wir gut vorbereitet. Unser Ziel ist es, mit einer Reihe von Transaktionen für KMU ein verlässliches Kapitalmarktsegment zu etablieren. Dieses Ziel ist nur zu erreichen, wenn eine neue, gesunde Balance der Interessen von Anleiheemittent und Investoren geschaffen wird. Wir sind davon überzeugt, dass uns dies mit der KMU-Anleihe und den positiven Effekten, die sich aus der Bündelung ergeben, gut gelungen ist.
Das Interview führte Robert Cleve, www.fixed-income.org
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Veranstaltungshinweis:
Unternehmer-Workshop „Anleihen als Finanzierungsalternative für Immobilienunternehmen“
3. Juli 2014, Hotel Jumeirah, Frankfurt
www.bond-conference.com
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„Unser Ziel ist es, mit einer Reihe von Transaktionen für KMU ein verlässliches Kapitalmarktsegment zu etablieren“, Mark van den Arend, WIR Finanzierer GmbH
Mittelstandsanleihen – aktuelle Neuemissionen
Emittent |
Zeichnungsfrist |
Kupon |
Green Bond |
---|---|---|---|
19.11.-10.12.2024 |
8,00% |
nein |
|
08.11.-25.11.2024 über Gubor, 08.11.-27.11.2024 über Börse |
7,50%-8,50% |
nein |
|
05.11.-03.12. Zeichnung (Website), 18.11.-06.12. Zeichnung (Börse), 06.11.-02.12. Umtausch |
8,75% |
nein |
|
22.11.2024-19.11.2025, 22.11.-09.12.2024 über Börse |
8,50% |
nein |
|
28.08.2024-27.08.2025 |
10,00% |
nicht formal |
|
24.10.-07.11.2024 über Börse, 24.10.2024-20.10.2025 über WeGrow |
8,00% |
ja |
|
27.05.2024-23.05.2025 |
8,00% |
ja |
|
15.03.2024-14.03.2025 |
6,75% |
ja |
|
06.05.-2024-31.03.2025 über NEON EQUITY, 06.05.-21.05.2024 über Börse |
10,00% |
nein |
|
06.10.2023-02.10.2024 |
8,00% |
ja |
|
27.10.2023-26.10.2024 |
8,00% |
nicht formal |
Neuemissionen
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