Ein Jahr nach der ersten erfolgreichen Anleiheemission plant die Neue ZWL Zahnradwerk Leipzig GmbH eine zweite Anleihe mit einem Volumen von 25 Mio. Euro. Bei einer Laufzeit von 6 Jahren bietet NZWL einen Kupon von 7,50%. Die Mittel sollen vorwiegend zur Finanzierung und Erweiterung der Produktionsstandorte in China und Europa verwendet werden. NZWL profitiert zurzeit insbesondere von Großaufträgen der Volkswagen-Gruppe, die ab 2016 bzw. 2017 Umsatzbeiträge liefern. Geschäftsführer Dr. Hubertus Bartsch ist zuversichtlich, die Anleihen aus dem Cashflow vollständig zurückführen zu können, wie er im Gespräch mit dem BOND MAGAZINE erläutert.
BOND MAGAZINE: Bitte erläutern Sie Ihr Geschäftsmodell.
Dr. Bartsch: Wir sind ein international tätiger Produzent von Motor- und Getriebeteilen (Zahnräder, Synchronisierungen, Wellen), Getriebebaugruppen und Komplettgetrieben für die Automobilindustrie. Wir produzieren erfolgreich in Leipzig und Su?any, Slowakei, in den drei Produktbereichen Getriebe, Einzelteile und Baugruppen sowie Synchronisierungen. Unsere Schwestergesellschaft NZWL International verfügt zudem seit Oktober 2014 über einen Produktionsstandort in Tianjin, China.
BOND MAGAZINE: Sie konnten weitere Großaufträge gewinnen. Worauf beziehen sich die Aufträge und wann werden diese umsatzwirksam?
Dr. Bartsch: Wir wachsen per se derzeit mit rund 5% bis 6 % jährlich. Im Jahr 2014 konnte NZWL in Europa weitere Neuaufträge mit einem zusätzlichen Umsatzbeitrag von ca. 17 Mio. Euro pro Jahr ab 2017 abschließen, wobei sich die ersten Umsätze voraussichtlich bereits in 2016 realisieren werden. Der wesentliche Teil dieser Neuaufträge entfällt auf den Produktbereich Einzelteile und Baugruppen (Zahnräder und Wellen). Von besonderer Bedeutung ist hierbei, dass es sich nicht mehr um Kleinserien-, sondern um Großserienprodukte handelt.
In China konnte die produzierende Tochtergesellschaft der NZWL International 2014 für den neuen Produktionsstandort in Tianjin weitere Neuaufträge mit einen zusätzlichen Umsatzbeitrag von ca. 10 Mio. Euro pro Jahr ab 2017 abschließen. Auch hier werden sich die ersten Umsätze voraussichtlich bereits in 2016 realisieren. Diese Neuaufträge betreffen Volumenerhöhungen für die bereits beauftragten Synchronisierungen.
BOND MAGAZINE: Welche Vorteile bieten Doppelkupplungsgetriebe und in welchen Fahrzeugen werden diese eingesetzt?
Dr. Bartsch: Doppelkupplungsgetriebe werden sich voraussichtlich in allen Fahrzeugklassen, wie Kleinfahrzeugen, Premiumfahrzeugen, Kleinbussen, Transportern und SUVs, etablieren. Dieser Trend ist bereits klar erkennbar. Unser Schwerpunkt liegt derzeit auf der Mittelklasse. Doppelkupplungsgetriebe bieten eine vollwertige Automatik-Oberfläche beim Schaltvorgang. Gleichzeitig sind sie aber effizienter, sparsamer und umweltfreundlicher und verfügen zudem über bessere Beschleunigungswerte als konventionelle Automatik- oder auch Schaltgetriebe.
BOND MAGAZINE: Weshalb haben Sie sich für eine weitere Anleiheemission entschieden?
Dr. Bartsch: Wir konnten 2014 in allen drei Produktbereichen unsere Single Sourcer-Stellung bestätigen und wesentliche operative Fortschritte erzielen. Die Umsetzung unserer Wachstumsstrategie erfolgte dabei schneller als Anfang 2014 geplant. So konnten wir früher als erwartet den zweiten Produktbereich (Zahnräder und Wellen) erfolgreich in die Großserie überführen, nachdem uns dies zuvor mit dem Produktbereich Synchronisierungen gelungen war, was in den vergangenen Jahren für einen deutlichen Wachstumsschub gesorgt hatte. Darüber hinaus wurden zusätzliche mehrjährige Neuaufträge sowohl in Europa an NZWL als auch in China an die produzierende Tochtergesellschaft der NZWL International vergeben. Vor diesem Hintergrund haben wir uns in Abstimmung mit unseren Partnern DICAMA und Steubing erneut für eine Anleiheemission entschieden, nachdem wir bereits mit unserer ersten Anleihe sehr gute Erfahrungen gemacht hatten. Eine Anleihe mit Endfälligkeit passt sehr gut zu unserem Geschäftsmodell als Automobilzulieferer mit einer üblichen Investitionsphase von bis zu zwei Jahren und anschließender Amortisation über drei bis vier Jahre.
BOND MAGAZINE: Wie wollen Sie die Mittel aus der Anleihemission verwenden?
Dr. Bartsch: Mit den frischen Mitteln wollen wir unser beschleunigtes Wachstum finanzieren. Deshalb sollen ca. 40% des Nettoemissionserlöses als Darlehen zur Finanzierung der Erweiterung des Produktionsstandortes in Tianjin, China, sowie als Working Capital der Tochtergesellschaft der NZWL International ausgereicht werden. Für die Finanzierung von Erweiterungsinvestitionen, Prozessinnovation und -diversifikation an den europäischen Standorten haben wir ca. 45% der zufließenden Mittel eingeplant. Die verbleibenden ca. 15% sind für den Ausbau der Wertschöpfungskette durch anorganisches Wachstum vorgesehen.
BOND MAGAZINE: Wann ist mit ersten nennenswerten Umsätzen im chinesischen Werk zu rechnen?
Dr. Bartsch: Nach dem erfolgreichen Anlauf der Vorserienproduktion im Dezember 2014 soll der Start der Serienproduktion in China voraussichtlich im Juli 2015 erfolgen. Dementsprechend rechnen wir bereits für das laufende Geschäftsjahr mit nennenswerten Umsätzen. Darüber hinaus befindet sich die produzierende Tochtergesellschaft der NZWL International in aussichtsreichen Auftragsverhandlungen zum weiteren Ausbau des China-Geschäftes – und zwar additiv zu den bereits erwähnten, zusätzlichen Neuaufträgen aus 2014.
BOND MAGAZINE: Welchen Umsatzanteil erzielen Sie mit VW bzw. Konzerngesellschaften von VW?
Dr. Bartsch: Unsere erfolgreiche strategische Partnerschaft mit VW ist in den vergangenen Jahren nachhaltig gewachsen – nicht zuletzt dank unserer Single Sourcer-Stellung bei bestimmten Produkten. Innerhalb der VW-Gruppe beliefern wir verschiedene Marken und unterschiedliche Werke. Zum 30. September 2014 betrug der Umsatzanteil der NZWL-Gruppe im Neunmonatszeitraum mit der Marke Volkswagen ca. 41%, mit der Marke Skoda ca. 25%, mit der Marke AUDI ca. 6% und mit der Marke Seat ca. 6%.
BOND MAGAZINE: Ihre bondspezifischen Kennzahlen werden durch die zweite Anleiheemission arg strapaziert. Was werden Sie unternehmen, um das Eigenkapital nachhaltig zu steigern?
Dr. Bartsch: Unser Eigenkapital soll sich In den kommenden Jahren substantiell durch Gewinnthesaurierung erhöhen. Die vier Eigentümerfamilien haben bereits in der Vergangenheit auf Ausschüttungen verzichtet. Wir werden diesen Weg weitergehen und die Gewinne, die zusätzlich deutlich steigen sollten, im Unternehmen belassen. Die maximal mögliche Ausschüttung haben wir auf 25% des HGB-Jahresüberschusses beschränkt. Zu der weiteren Erhöhung unserer Erträge kommen die Zinszahlungen der NZWL International hinzu, die zu einer entsprechenden Verbesserung unseres Finanzergebnisses führen werden.
BOND MAGAZINE: Welche Risiken sehen Sie in einer konjunkturellen Abkühlung in China?
Dr. Bartsch: Wir gehen unverändert davon aus, dass die langfristigen Wachstumsperspektiven der Automobilbranche vor allem durch China getrieben werden. Diese Erwartung wurde durch eine aktuelle Studie bestätigt, in der für Greater China ein jährliches Wachstum von 5,0% von 2013 bis 2021 prognostiziert wird. Das Produktionsvolumen soll in diesem Zeitraum von 21,3 Mio. Stück auf 31,5 Mio. Stück steigen. Hinzu kommt, dass unser Kunde in China mit seinem Getriebewerk nicht nur China, sondern den gesamten asiatischen Markt beliefern wird.
BOND MAGAZINE: Wie wollen Sie die Anleihen am Laufzeitende refinanzieren?
Wir planen eine vollständige Rückführung der Anleihen aus dem Cashflow. Unsere Finanzplanung ist so ausgelegt, dass wir die erste Unternehmensanleihe in einem Notfall-Szenario sogar allein über die NZWL tilgen könnten – also ohne Mittelrückflüsse aus dem China-Engagement. Dies wurde damals auch von Analysten plausibilisiert. Aber wir können jetzt nach Abschluss der Bauphase und erfolgreichem Start der Produktion schon weitestgehend sicher sein, dass die produzierende Tochtergesellschaft der NZWL International die für 2019 vereinbarte teilweise Rückführung des Darlehens planmäßig leisten wird, so dass diese Mittel für die Tilgung der Anleihe 2014/2019 zur Verfügung stehen werden. Gleiches würde auch für das geplante neue Darlehen und somit für die Tilgung der neuen Anleihe 2015/2021 gelten.
Das Interview führte Christian Schiffmacher, www.fixed-income.org
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