Auf dem Anleihemarkt ging es in letzter Zeit ziemlich turbulent zu. Eine Mischung aus Wirtschaftsindikatoren, Zentralbankpolitik und geopolitischen Ereignissen sorgte für Höhen und Tiefen. Jüngste Daten, wie der US-Arbeitsmarktbericht vom Juni, zeigten ein unerwartet starkes Beschäftigungswachstum, aber auch einige Schwachstellen. Dies macht das Umfeld für Investoren herausfordernd. Von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung des Anleihemarktes sind die Maßnahmen der Zentralbanken. Der Ansatz der Fed, wie sie die Inflation und das Wirtschaftswachstums steuert, wird genauestens verfolgt. Die Balance zwischen dem Halten des Leitzinses auf hohem Niveau auf der einen Seite und der Unterstützung der Wirtschaft auf der anderen Seite wird die Anleiherenditen in den nächsten Monaten bestimmen. Aber auch die Politik der EZB steht auf dem Prüfstand. Die Reaktion der EZB auf die Inflation und den wirtschaftlichen Druck in der Eurozone wird die europäischen Anleihemärkte maßgeblich beeinflussen.
Es ist wichtig, vorbereitet zu sein und die Portfolios auf die Themen auszurichten, welche die Märkte im zweiten Halbjahr 2024 bewegen könnten. Im aktuellen Umfeld erscheinen die Anleihemärkte weiterhin attraktiv, gestützt durch ein Wirtschaftsszenario mit sinkenden Inflationsraten, die weit von den Extremwerten Ende 2022 entfernt sind und sich trotz unvermeidlicher Schwankungen allmählich den Zielen der Zentralbanken annähern. Dementsprechend wird in Europa mit weiteren Zinssenkungen auf Quartalsbasis gerechnet, während sich die Erwartungen für die US-Notenbank derzeit auf die Zeit nach dem Sommer verschoben haben.
Deutsche Staatsanleihen und Übergewichtung in US-amerikanische und britische Staatsanleihen
Das Portfolio-Team bevorzugt ein Exposure im mittleren Bereich der Zinskurve in deutschen Staatsanleihen, sowohl direkt als auch in einigen sogenannten Semi-Core-Ländern, die zumindest nach unseren Maßstäben keine besonders attraktiven Renditen aufweisen, wie die Niederlande und Belgien. In der so genannten Peripherieländer-Komponente haben wir eine leichte Long-Position von etwa einem halben Jahr in Italien, die jedoch durch leichte Untergewichtungen in Spanien, Irland und Portugal ausgeglichen wird. In der Nicht-Benchmark-Komponente haben wir US-amerikanische und britische Staatsanleihen übergewichtet, um eine Diversifizierung zu erreichen, nachdem sich die Spreads zwischen US-amerikanischen und britischen Staatsanleihen gegenüber europäischen Staatsanleihen im April vergrößert hatten. Unser Ziel war es, in diese Länder zu investieren und unser Engagement in Deutschland zu reduzieren, wobei wir die deutsche Zinskurve weiterhin positiv einschätzen. Darüber hinaus halten wir ein Portfolio aus grünen Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating, das uns ein Rendite- und Spread-Exposure insbesondere in den oben genannten Semi-Core-Ländern ermöglicht, um die günstigen Zinsdifferenzen gegenüber Deutschland nicht zu verlieren. Der Fonds ist also langfristig engagiert, mit einer Duration von etwa einem Jahr, die sich hauptsächlich im mittleren Teil der Zinskurve bewegt.
Die gute Haushaltslage Deutschlands spricht für die Staatsverschuldung. Das Land hat eine der niedrigsten Staatsschuldenquoten in der Eurozone und weltweit. Die derzeitigen Haushaltsanpassungen sind in erster Linie auf interne verfassungsrechtliche Anforderungen zurückzuführen, und einige plädieren für eine weitere fiskalische Expansion, um die wirtschaftliche Anpassung zu unterstützen. Die jüngsten Straffungsmaßnahmen der EZB, einschließlich des Endes der quantitativen Lockerung und des Beginns der quantitativen Straffung (QT), haben zu einer deutlichen Korrektur bei deutschen Staatsanleihen geführt. Diese Korrektur hat bewirkt, dass deutsche Staatsanleihen im Vergleich zu Swaps und anderen europäischen „Semi-Core“-Staatsanleihen günstiger geworden sind. Dies unterstreicht das Aufwärtspotenzial deutscher Staatsanleihen, insbesondere in einem auf europäische Staatsanleihen fokussierten Fonds.
Zinssenkungen könnten Impulsgeber sein
Wir profitierten von der Outperformance der US-Treasuries und Gilts, die wir außerhalb der Benchmark im Portfolio hielten. Daher haben wir begonnen, unser Engagement zu reduzieren und die Gesamtduration des Fonds zu senken, wobei wir eine längere Duration als die Benchmark beibehalten haben. Derzeit nehmen wir definitiv eine abwartende Haltung ein. Vorzugsweise konzentrieren wir uns auf die europäische Laufzeitstruktur und planen, den Auktionszyklus nach der Sommerpause abzuwarten, um wieder europäische Staatsanleihen zu kaufen und gleichzeitig unser Durationsengagement gegenüber der Benchmark zu erhöhen. Mit dieser Strategie bereiten wir uns auf den Rest des Jahres vor, in dem mehrere wichtige Ereignisse anstehen, wie die Präsidentschaftswahlen in den USA und, was noch wichtiger ist, der Beginn des Zinssenkungszyklus der US-Notenbank und die laufenden Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank.
Die rasche Annäherung der Inflation an die Zielvorgaben der Zentralbanken wird für alle festverzinslichen Anlageklassen im kommenden Jahr ein wichtiger Impulsgeber sein. Während sich das globale Wachstum verlangsamt, dürfte sich der anhaltende disinflationäre Trend fortsetzen und die Inflation der von den Zentralbanken angestrebten Marke von 2 % annähern. Dies schafft die Voraussetzungen für eine Abkehr der Zentralbanken von den zuletzt eher restriktiven Zinsniveaus. Trotz aller möglichen Vorsicht sind die mittelfristigen Aussichten für die Anleihemärkte gut, da der Lockerungszyklus noch weiter gehen könnte, als die aktuellen Marktbewertungen vermuten lassen. Die Erwartungen deuten auf eine positive Entwicklung der Staatsanleihen sowohl in Europa als auch in den USA hin. Diese Erwartung basiert auf der Annahme, dass der Markt zunächst in einer gewissen Handelsspanne verharren könnte, bevor er sich besser entwickelt, wenn die Zentralbanken mit Zinssenkungen beginnen. Für den US-Markt wird erwartet, dass das Ausmaß des Zinssenkungszyklus mehr Raum für Überraschungen bietet. Der untere Teil der Zinsstrukturkurve wird in nächster Zeit als besonders interessant angesehen, da sich hier ein Trend zur Versteilerung der Zinsstrukturkurve abzeichnet, wenn die Zentralbanken Maßnahmen ergreifen.
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Foto: Silvio Vergallo © Eurizon
Anleihen: Zinssenkungen wichtiger als US-Wahlen
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