Die Stimmung der deutschen Immobilienfinanzierer fällt im vierten Quartal 2022 weiter: Der Barometerwert sinkt von -16,91 im dritten Quartal auf nun -18,21 Punkte. Damit erreicht der Sentimentindex wie bereits im Vorquartal ein neues Allzeittief. Zur Verschlechterung des Stimmungsindex haben zahlreiche Faktoren beigetragen, allen voran, dass die überwältigende Mehrheit (89 Prozent der Befragungsteilnehmer) restriktivere Bedingungen bei Finanzierungen sieht. Im dritten Quartal 2022 waren es noch 82 Prozent.
Andreas Schulten, Generalbevollmächtigter der bulwiengesa AG, kommentiert: „Das Gesamtbild, das das BF.Quartalsbarometer aktuell vom Finanzierungsmarkt zeichnet, ist negativ. Beispielsweise geben rund 70 Prozent der Befragten an, dass das Neugeschäft neuerdings oder unverändert abnimmt. Es gibt aber auch kleinere Lichtblicke: Nur noch 55 Prozent der Befragten (minus 8 Prozentpunkte) geben an, dass die Kosten für die Refinanzierung steigen. Zum Vergleich: Im Q2 2022 hatten noch fast 80 Prozent steigende Refinanzierungskosten gesehen. Es kommt auch weiterhin zu größeren Transaktionen. Mehr als 20 Prozent der Kreditvergaben entfallen auf die Kategorie 50 bis 100 Mio. Euro.“
Francesco Fedele, CEO der BF.direkt AG, ergänzt: „Die gedrückte Stimmung bekommen wir auch in der Praxis in Gesprächen mit Finanzierern widergespiegelt. Es wird ohne Zweifel noch ein paar Quartale dauern, bis wir wieder zu einer gewissen Normalisierung zurückkehren.“
Wie haben sich die Parameter im Einzelnen entwickelt? Bei der Finanzierung von Projektentwicklungen steigen die Margen schon seit mehreren Quartalen deutlich. Im Q4 2022 sind sie noch einmal um vier Basispunkte auf 295 Basispunkte gestiegen. Zum Vergleich: Im Q4 2021 lagen Sie mit 243 Basispunkten noch deutlich niedriger. Im Gegenzug sinken die Loan-to-Costs (LTCs) seit mehreren Quartalen. An der Abwärtstendenz ändert auch der leichte Anstieg im Q4 2022 auf 68,5 Prozent (+1,4 pp) wenig.
Bei der Finanzierung von Bestandsimmobilien ist das Bild ähnlich. Die Margen steigen und die LTVs fallen auf längere Sicht. „Die Finanzierer preisen in die Margen auch das Risiko aus ihrer Sicht ein. Dies ist heute höher als noch vor einem Jahr. Insofern ist der Anstieg der Margen nachvollziehbar und rational“, kommentiert Professor Dr. Steffen Sebastian, Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienfinanzierung an der IREBS und wissenschaftlicher Berater des BF.Quartalsbarometers.
Die gestiegenen Zinsen stellen sowohl Immobilieninvestoren als auch Finanzierer vor Schwierigkeiten, wie die aktuelle Frage, die dieses Quartal an die Teilnehmer gestellt wurde, zeigt. Die Frage lautete: „Welche Herausforderungen ergeben sich für Ihre Kunden/die Kreditnehmer durch die aktuell steigenden Zinsen?“ Viele Teilnehmer betonen in ihren Antworten den negativen Leverage-Effekt und die Notwendigkeit zu höheren Eigenkapitalquoten. Dies verkleinere den Käuferkreis, so mehrere Befragte. Ein Teilnehmer konstatiert, dass „Investitionen in Gebäudebestände […] aus dem Objekt-Cashflow nicht mehr kapitaldienstdeckend finanzierbar“ sind. Mehrere Teilnehmer betonen, dass die „Aufrechterhaltung der Kapitaldienstfähigkeit“ derzeit herausfordernd sei.
Professor Sebastian dazu: „Eine wichtige Frage in diesem Zusammenhang ist natürlich auch, wie sich die Preise entwickeln. Meiner Einschätzung nach wird es nicht zu einem Einbruch der Preise kommen. Hätten wir eine Immobilienblase, hätten wir dies bereits bemerkt. Die Preise werden perspektivisch in vielen Segmenten sinken, sie werden aber nicht einbrechen. Man darf auch nicht außer Acht lassen, dass eine Inflation von zehn Prozent bei nominal konstanten Preisen bereits real einen Preisrückgang um zehn Prozent bedeutet. Dies dämpft das Abwärtspotenzial.“
Zur Methodik
Das BF.Quartalsbarometer wird im Auftrag der BF.direkt AG, Spezialist für die Finanzierung von Immobilienprojekten, durch das Analyseunternehmen bulwiengesa AG erarbeitet. Der Index gibt die Stimmung und das Geschäftsklima der Immobilienfinanzierer in Deutschland umfassend wieder.
Zur Ermittlung des BF.Quartalsbarometers werden vierteljährlich ca. 110 Experten befragt, die größtenteils direkt mit der Vergabe von Krediten an Immobilienunternehmen betraut sind. Das Panel besteht aus Vertretern unterschiedlicher Banken und anderen Finanzierern. Der Wert des BF.Quartalsbarometers setzt sich aus verschiedenen Bestandteilen des Fragebogens zusammen: aus der Einschätzung zur Veränderung der Finanzierungsbedingungen, der Entwicklung des Neugeschäfts, der Höhe der gewährten Kredittranchen, der Risikobereitschaft der Finanzierer nach Assetklassen, der Höhe der LTV-/LTC-Werte, der Entwicklung der Margen, der Bedeutung alternativer Finanzierungsmöglichkeiten und der Entwicklung der Liquiditätskosten.
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Foto: © BF.direkt AG
BF.Quartalsbarometer Q4 2022: Stimmung unter Immobilienfinanzierern fällt auf neues Rekordtief
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