Die EZB hat das systemische Risiko des Zusammenbruchs des Euroraums vermieden und damit wesentlich zur Erholung der riskanten Anlagen beigetragen.
Wenn 2012 für die Chinesen das Jahr des Drachen war, so war es für die Europäer ganz klar das Jahr des Mario Draghi! Angesicht der durch den Hebeleffekt in den Industriestaaten geschwächten Weltwirtschaft und der Intensivierung der europäischen Krise gelang es der EZB auf Anregung ihres Präsidenten, durch eine flexiblere und pragmatischere Auslegung ihrer Aufgaben die deutsche Dogmatik zu beugen und einen Zusammenbruch des Euroraums zu vermeiden. Das Versprechen der EZB, unbeschränkt Schuldpapiere der Staaten zu kaufen, die ernsthafte Reformen auf den Weg gebracht haben, führte zum Rückgang der Anleihenzinsen der schwächsten Mitgliedsstaaten und überzeugte die Finanzmärkte, dass sie den wirtschaftspolitischen Maßnahmen Zeit lassen müssen, damit sie ihre Wirkung entfalten können. Die EZB hat also dank Mario Draghis technischer und politischer Intelligenz ihr Hauptziel, d. h. die Gewährleistung der Preisstabilität, erweitert. Sie folgt damit, wenn auch mit Moderation, dem Beispiel der US-Notenbank, der Bank of England und der japanischen Zentralbank, die mit einer Geldschaffung in bislang noch nie verzeichneter Höhe eine Reflation anstreben.
Die europäische Lage scheint uns jedoch weiterhin düster, da die Rezession sich 2013 fortsetzen dürfte.
Die Konsenserwartung geht von einem Rückgang von 0,1% aus, was wir für zu optimistisch halten. Das Wachstum in Deutschland, das unter der schwächeren weltweiten Nachfrage leidet, bremste sich 2012 deutlich ein, während Spanien und Italien in eine tiefe Rezession stürzten. Frankreich wird wohl in den kommenden Monaten plötzlich mit den negativen Auswirkungen der höheren Kapitalertragssteuern auf die Privatinvestitionen und die Ausgaben der wohlhabenden Haushalte konfrontiert sein. Der einzige Faktor, der das Wachstum fördern könnte, sind die seit der Senkung der Leitzinsen im Juli sehr günstig gewordenen Kredite. Das setzt jedoch voraus, dass die Unternehmen Lust haben zu investieren. Die Erstarkung des Euro zu beinahe allen anderen Währungen schwächt die europäische Wirtschaft weiter. Wie wir bereits vor drei Monaten geschrieben haben, trägt der starke Euro dazu bei, die europäische Wirtschaft zu ersticken. Diese Tatsache wird die EZB früher oder später zum Handeln zwingen, damit der Euroraum nicht als Erster der anhaltenden Abwertungspolitik seiner wichtigsten Handelspartner in der industrialisierten Welt zum Opfer fällt.
Die US-amerikanische Wirtschaft konnte ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern. Die Amerikaner wissen, dass sie auf die eiserne Unterstützung der Fed zählen können.
Die Fiskalklippe mit dem Haushaltsabkommen zwischen Demokraten und Republikanern konnte am Jahresanfang umschifft und das Schlimmste vermieden werden. Es handelt sich allerdings erst um die erste Stufe einer Verhandlung. In der zweiten Phase, die auf Ende Februar verschoben wurde, soll die Schuldenobergrenze festgelegt werden. Angesichts dieses Minimalabkommens stellt sich die Frage, ob es bereits jetzt die US-amerikanischen Investitionen fördern kann. Dieser Anstieg der Ausgaben würde der US-Wirtschaft ermöglichen, aus der deutlichen Erholung des Wohnimmobilienmarkts Nutzen zu ziehen und von einer höheren Wettbewerbsfähigkeit zu profitieren, die vom schwächelnden US-Dollar, der deutlichen Verbesserung der Produktivität (70% in den letzten zehn Jahren) und der Senkung der Energiepreise durch den Ausbau der Schiefergasförderung getragen wird. Die US-Wirtschaft zählt auch auf die eiserne Unterstützung ihrer Notenbank, die neben der Reinvestition der Tilgungszahlungen und der Coupons an den Anleihenmärkten plant, monatlich Immobilienkredite im Wert von 40 Milliarden USD und Treasuries in Höhe von 45 Milliarden USD zu kaufen. Vor diesem Hintergrund ist das Hauptrisiko in unserem US-Szenario eine unerwartet dynamische Konjunkturerholung. Wenn die Investitionen anziehen, ist der Aktivismus der Fed nicht mehr gerechtfertigt und die expansive Politik muss ein Ende nehmen.
Wir halten die wirtschaftliche Gesamtlage der Schwellenländer für gesund.
In den Schwellenländern dürfte China, wo das Wachstum von den Behörden gezielt gebremst wurde, nicht wieder das zweistellige Wirtschaftswachstum erzielen. Aktuell werden Zuwächse von 7 bis 8% erwartet. Diese immer noch beneidenswerten Zahlen werden vom Aufschwung am Immobilienmarkt, dem Wachstum der Bankkredite und der gezügelten Inflation (2%) getragen. Weder Indien, trotz der sich allmählich konkretisierenden Reformbemühungen, noch Brasilien, wo das Wachstum nicht ohne ausgeprägte staatliche Interventionen aufrechterhalten werden kann, sind in der Lage, China als Antrieb der Weltwirtschaft zu ersetzen. Dabei ist jedoch zu unterstreichen, dass die aufstrebenden Staaten sich 2011 auch ohne die hartnäckige Hilfe ihrer Notenbanken, die sich ohne Hast mit orthodoxen Maßnahmen begnügten und auf die Konjunkturentwicklung mit einfachen Anpassungen der Zinsen reagierten, aus der Affäre ziehen konnten. Den Schwellenländern bleibt also noch Spielraum, sollte sich die Lage in den USA als ausweglos entpuppen, vor allem auch, weil die Preissteigerung (außer in Indien) nicht wirklich problematisch ist. Die wirtschaftliche Gesamtlage der Schwellenländer halten wir für gesund. Sie dürften in der Lage sein, von einer durch das Haushaltsabkommen geförderten Erholung in den USA zu profitieren.
Japan scheint in der Lage zu sein, 2013 signifikanter zur Weltwirtschaft beizutragen.
Der überzeugende Sieg der Liberaldemokraten bei den vorgezogenen Parlamentswahlen beruht auf dem Versprechen, eine besonders expansive Haushaltspolitik gepaart mit einer extrem lockeren Geldpolitik zu führen, die den Yen schwächen und die Inflation auf 2% anheben sollen. Wenn die politischen Maßnahmen in den kommenden Monaten die gegenwärtig angekündigten Intentionen bestätigen, kann die Erwartung eines nahen Endes der deflationistischen Ära sehr günstige Auswirkungen auf die japanische Wirtschaft haben. Das Wachstum der Weltwirtschaft dürfte davon profitieren, während exportorientierte Länder plötzlich einem destabilisierenden Japan gegenüberstehen könnten, das über eine wettbewerbsfähige Währung verfügt.
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