Die Emission von Coco-Bonds (Contingent Convertible Bonds) durch europäische Banken hat im Mai neue Rekordhöhen erreicht. Verbessert sich die Bonität der Unternehmen tatsächlich oder sind die Anleger schlicht dazu bereit, bei ihrer Jagd nach Rendite Risiken zu akzeptieren? Ariel Bezalel, Fondsmanager des Jupiter Dynamic Bond SICAV, wägt die Chancen und Risiken dieser etwas umstrittenen Wertpapiere gegeneinander ab.
In der Lex-Kolumne der Financial Times wurde der Coco-Markt der Eurozone vor kurzem als „hochriskante, äußerst renditestarke Fundgrube für Wandelanleihen" bezeichnet und mit der Goldsuche im Wilden Westen verglichen. Auch wenn mit Coco-Bonds von Banken sicherlich Risiken verbunden sind, würde man meiner Meinung nach die potenziellen Chancen für Anleger unterschätzen, wenn man all diese Wertpapiere über den gleichen Kamm scheren würde. Allerdings ist eine gründliche Kreditanalyse meiner Ansicht nach entscheidend - und auch die Bereitschaft, Emissionen aus dem Weg zu gehen, deren Risiko-Ertrags-Profil nicht attraktiv ist.
Ein Instrument zur Rekapitalisierung von Banken
Coco-Bonds von Banken sind am Kreditmarkt eine Art Stoßdämpfer. Diese Hybridanleihen haben in der Kapitalstruktur ihren Platz zwischen nachrangigen Anleihegläubigern und gewöhnlichen Aktionären und erfüllen den Zweck, die Eigenkapitalausstattung einer Bank in Krisenzeiten zu verbessern. Bei Coco-Bonds können die Gläubiger bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten einfacher beteiligt werden als bei konventionelleren Anleihen, da sie explizite Bedingungen für eine Abschreibung oder eine Wandlung in Aktien beinhalten und es wahrscheinlich ist, dass zuerst diese Instrumente ausgeschöpft werden müssen, bevor der Staat zu Hilfe eilt.
Einige Eigenschaften sprechen sicherlich zugunsten von Coco-Emittenten. Während konventionelle Wandelanleihen dem Anleger die Option bieten, die Anleihen zu einem festgelegten Zeitpunkt und einem festgelegten Preis in Aktien des Unternehmens zu wandeln, bieten Coco-Bonds diese Möglichkeit nicht. Stattdessen kann es passieren, dass die Anleihen in Aktien gewandelt oder - noch schlimmer - komplett abgeschrieben werden, wenn die Kernkapitalquote (Tier 1 Ratio) einer Bank unter ein bestimmtes Niveau sinkt. In Extremsituationen, in denen eine Bank auf die Insolvenz zusteuert, kann die Wandlung auch durch eine Regulierungsbehörde erzwungen werden. Bei Coco-Bonds, die von britischen Banken emittiert werden, wird üblicherweise bei einer Eigenkapitalquote von 7% eine Wandlung ausgelöst.
Zusätzliche Tier-1 Coco-Bonds (AT1) haben eindeutig aktienähnliche Eigenschaften. Kuponzahlungen sind bei diesen Papieren nicht vorgeschrieben. Auch wenn Kupons einen hohen Stellenwert haben - keine Bank möchte den Anleihenmarkt verprellen -, sollte das Risiko einer Kuponaussetzung nicht ignoriert werden.
Warum investieren wir also in Coco-Bonds?
Fundamental gesehen sind Coco-Bonds ein zyklisches Anlagethema. Wir sind in diesen Papieren unter der Prämisse investiert, dass der aktuelle Rekapitalisierungsprozess den Puffer zwischen Trigger Rates und Kernkapitalquoten tatsächlich vergrößert. Wir gehen jedoch äußerst selektiv vor und lediglich rund 5% des Jupiter Dynamic Bond ist in diesem Marktsegment investiert. Auch wenn der Kupon von Coco-Bonds im Vergleich zu den erstrangigen Schuldtiteln einer Bank attraktiv sein kann, wird es immer schwieriger, nachhaltige Papiere zu finden.
Als Faustregel bevorzugen wir Coco-Bonds, die von Banken aus Großbritannien und den stärkeren Wirtschaftsregionen in Europa emittiert werden. Geschäftsmodelle spielen für uns eine große Rolle und wir meiden im Allgemeinen Coco-Bonds, die von Banken mit großen Investment-Banking-Einheiten emittiert werden, da diese Institute tendenziell anfälliger für unvorhersehbare Ereignisse (Black-Swan-Events) sind. Wir berücksichtigen auch andere Risiken, wie z.B. unerwartete Änderungen der regulatorischen Definitionen der Vermögenswerte einer Bank, und sind darüber beunruhigt, wie einige AT1 Coco-Bonds bepreist sind. Um sich als Kernkapital zu qualifizieren, müssen diese Anleihen zeitlich unbegrenzt sein. Viele von ihnen werden aber in der Erwartung bepreist, dass sie zum Kündigungstermin getilgt werden. Aufgrund des aktuellen Zinsausblicks könnte eine Bepreisung der Anleihen auf Yield-to-Call-Basis unserer Meinung nach zu Enttäuschungen führen.
Die unbefristete 6,875% Coco-Anleihe der britischen Bausparkasse Nationwide ist ein Beispiel für die Art von Papieren, die wir bevorzugen. Die Kernkapitalquote von Nationwide hat sich im letzten Geschäftsjahr auf 14,5% stabilisiert, nachdem das Altvermögen teilweise reduziert wurde. Somit besitzt das Unternehmen einen gesunden Kapitalpuffer bis zur Trigger Rate von 7%. Des Weiteren ist es unserer Ansicht nach vorteilhaft, dass Nationwide eine Gegenseitigkeitsgesellschaft ist, da man nicht mit der Dividendenpolitik in Konflikt geraten kann. Außerdem gefallen uns Coco-Bonds der Lloyds Banking Group und der belgischen Bank KBC, deren Kapitalausstattung sich bessert.
Der aktuelle Druck zur Stärkung der Bilanzen, der auf den Banken der Eurozone lastet, führt zweifellos zu einer Ausweitung des Coco-Bond-Markts. Im ersten Quartal 2014 ist dieser Markt um ein Viertel gewachsen und wir beobachten weiteres Interesse von Bank-Schwergewichten wie Deutsche Bank. Auch wenn dieses Wachstum sicherlich begrüßenswert ist, fassen wir diesen Markt mit Samthandschuhen an. Um unangemessene Risiken zu vermeiden, analysieren wir bei jeder Emission erneut, ob sich eine Anlage in diese Papiere lohnt.
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Coco-Bonds - eine Modeerscheinung oder eine substanzielle Anlageklasse?
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