YAML | Example "3col_advanced"
Anzeige

Anzeige
Anzeige
Anzeige

Der Kampf um die grüne Vorherrschaft

von Dieter Wermuth, Economist und Partner Wermuth Asset Management

Nachdem die amerikanische Regierung im vergangenen August den Inflation Reduction Act (IRA) durch den Kongress gebracht hat, der rund 400 Mrd. Dollar für klimapolitische Projekte enthält, hat die EU-Kommission in der vergangenen Woche nachgelegt und einen Green Deal Industrial Plan verkündet, der für grüne Subventionen und Ausgaben des privaten und öffentlichen Sektors auf ein Volumen von nicht weniger als 660 Mrd. Euro kommt, manches davon ungenutzte Mittel aus dem Kampf gegen Covid-19. In den USA machen die 400 Mrd. Dollar in Relation zum aktuellen nominalen BIP 1,7 Prozent aus, in der EU beträgt die entsprechende Zahl sogar 4,1 Prozent des BIP. In beiden Fällen sollen die Ausgaben und Steuervergünstigungen allerdings über einen Zeitraum von etwa zehn Jahren verteilt werden, so dass die jährlichen Zusatzbelastungen der öffentlichen Haushalte und der Unternehmen vergleichsweise moderat sind.

Mit beiden Plänen wird das Ziel verfolgt, die CO2-Emissionen bis zum Ende des Jahrzehnts gegenüber dem Stand von 1990 etwa zu halbieren und die Konkurrenzfähigkeit der grünen Zukunftsprodukte nicht nur zu sichern, sondern zu verbessern. Die USA haben einen deutlich größeren Handlungsdruck als die EU. Zwar sinken die Emissionen seit Beginn der neunziger Jahre mit einer durchschnittlichen jährlichen Rate von 1,1 Prozent (ähnlich wie in der EU), pro Kopf übertreffen sie aber die der EU immer noch um mehr als 130 Prozent (14 zu 6 Tonnen pro Jahr).

Mit dem relativ bescheidenen IRA wird sich die Lücke nicht schließen lassen. Ich vermute auch, dass sich die Klimaziele nicht so rasch erreichen lassen, wie die amerikanische Regierung es gern hätte. Ich hatte in der vergangenen Woche gezeigt, dass die Zulassungen von Elektroautos im pro-Kopf-Vergleich zuletzt nur bei 23 Prozent des deutschen Werts lagen, trotz des Erfolgs von Tesla. Immerhin: Die Richtung stimmt, der Kampf gegen den Klimawandel ist auf der politischen Prioritätenskala nach oben gerutscht. Das wichtigste Motiv ist aber wohl, sich gegenüber der übermächtigen chinesischen Konkurrenz mit einer robusten Industriepolitik zu behaupten und ihr nicht länger das grüne Feld zu überlassen.

Die amerikanische Klimapolitik hat leider eine protektionistische Schlagseite. Gefördert wird nur, was nachweisbar in den USA hergestellt wird, nicht dagegen grüne Produkte, die importiert werden. Das geht nicht nur gegen China, sondern auch die EU, wo jetzt die Sorge herrscht, dass die eigenen Unternehmen einen Teil ihrer Investitionen nach Amerika verlagern könnten, im Bestreben, dort weiterhin Umsätze zu erzielen. Dadurch könnten hier gut bezahlte Arbeitsplätze verloren gehen und Teile der grünen Industrie abwandern. Vor allem Frankreich hat seine protektionistischen Instinkte wiederentdeckt und drängt auf europäische Gegenmaßnahmen. Es droht ein Subventionskrieg.

Ich halte das Ganze für einen Sturm im Wasserglas. Zunächst sollte es uns freuen, wenn die USA mehr für die Verbesserung des Klimas tun wollen, und zwar mit dem Geld ihrer eigenen Steuerzahler. Gemessen an den CO2-Emissionen ist das Land, mit 4.700 Mio. Tonnen (2021) der zweitgrößte Klimasünder der Welt, nach China (10.500 Mio Tonnen). Allerdings hat China viermal mehr Einwohner als die USA, was nichts anderes bedeutet, dass amerikanische Maßnahmen gegen die Umweltverschmutzung aus globaler Perspektive besonders wirksam sind. Es ist außerdem zu akzeptieren, dass wir es hier mit einer „infant industry“ zu tun haben, die in ihren Anfangsjahren gegen etablierte ausländische Konkurrenz geschützt werden darf. Das ist unter Ökonomen mehr oder weniger Konsens und hat vor allem in Kontinentaleuropa eine lange Tradition.

Dass sich der Wettbewerb auf den grünen Märkten verschärfen wird, ist nicht nur ein Nachteil. Er treibt den technischen Fortschritt an, steigert die Produktivität, zwingt zu mehr Investitionen und nützt am Ende allen. Die EU hat in den vergangenen Jahren sehr von einem unterbewerteten Euro profitiert, aber die Chancen, die sich dadurch ergeben hatten, vielleicht nicht richtig genutzt. Ein stärkerer Gegenwind, verbunden mit dem gewaltigen Green Deal Industrial Plan, wird der europäischen Wirtschaft – und dem Klima! - auf Dauer guttun.

https://www.green-bonds.com/
Foto: Dieter Wermuth © Wermuth Asset Management


 

Investment
Werner Krämer, Geschäfts­führer und Senior Economic Analyst bei Lazard Asset Manage­ment Deutsch­land, sieht vier große Themen in den USA, die…
Weiterlesen
Investment
Die Nachricht über den Start der DeepSeek-App hat die Kurse einiger der größten Tech-Aktien auf Talfahrt geschickt – und das inmitten einer Phase, wo…
Weiterlesen
Investment

Umstellung auf Anleihen noch im Anfangsstadium

Obwohl die Positio­nierung der Anleger nicht eindeutig zu erkennen ist, gibt es zumindest einige Anzeichen dafür, dass die Cash-Bestände weiterhin…
Weiterlesen
Investment
Künstliche Intelligenz bleibt das beherr­schende Thema im Tech­nologie­sektor. Während im vergangenen Jahr vor allem Hersteller von KI-Chips wie…
Weiterlesen
Investment
Sofern es keine Über­raschung gibt, dürfte die Euro­päische Zentral­bank (EZB) auf ihrer Sitzung am Donnerstag, 30. Januar, die Leit­zinsen um 25…
Weiterlesen
Investment
Seit der letzten Sitzung der Euro­päischen Zentral­bank (EZB) im Dezem­ber 2024 hat sich die Daten­lage im Euro­raum nicht wesent­lich ver­ändert. Die…
Weiterlesen
Investment

Belastungen für US-Treasuries möglich, Europa bietet attraktives Umfeld für Anleiheinvestoren

Die Politik von US-Präsident Trump könnte sich in den nächsten vier Jahren erheblich auf Anleger auswirken. Bislang konzen­triert sich die…
Weiterlesen
Investment
Mit einem Ertrag von 9,30% haben Nachrang­anleihen von Industrie­unter­nehmen (Corporate Hybrids) 2024 das zweite Jahr in Folge eine über­zeugende…
Weiterlesen
Investment
Das Global Asset Allocation Team von T. Rowe Price hebt die wichtigsten Erkennt­nisse für Investoren seit der Amts­ein­führung von Donald Trump am…
Weiterlesen
Investment
An der Börse wie im Boxring kann es zu über­raschenden psycho­logischen Entwick­lungen kommen. In der einen Ecke des Rings stehen die USA:…
Weiterlesen
Anzeige

Neue Ausgabe jetzt online!