Im „Standpunkt German Mittelstand“ äußert sich das Team um Ralf Meinerzag (CIO des STEUBING GERMAN MITTELSTAND FUND I) regelmäßig zum Markt für Mittelstandsanleihen und Fragen der Finanzierung von kleinen und mittleren Unternehmen. In dieser Ausgabe blicken wir auf das erste Halbjahr im Markt für Mittelstandsanleihen zurück und sehen dabei momentan drei Trends.
Trend 1: Mehr Privatplatzierungen und Aufstockungen
Betrachtet man die nackten Zahlen des ersten Halbjahres 2014, so zeigt sich folgendes Bild: 13 Neuemissionen (davon 5 Privatplatzierungen) im Volumen von über 670 Mio. Euro kamen an den Markt. Im Vergleich zum Vorjahr, als in den ersten sechs Monaten über 30 Anleiheemissionen gezählt wurden, bedeutet dies ein Minus von rund 50%. Im Gegenzug hat sich die Anzahl der Aufstockungen jedoch mehr als verdoppelt. Unternehmen wie Homann, KTG Agrar oder Metal Corp nutzten die Chance, sich auf diesem Weg frisches Geld über den Kapitalmarkt zu besorgen. Insgesamt gab es 11 Aufstockungen mit einem Volumen von ca. 439 Mio. Euro. Von den acht Neuemissionen, die im Wege eines öffentlichen Angebots an den Markt kamen, konnte mehr als die Hälfte voll platziert werden. Die Kursentwicklungen zeigen fast durchweg ein positives Bild, ein großer Teil der Anleihen notiert bei oder über pari. Laut einer Studie von PWC hat der durchschnittliche Zinskupon in Q2 2014 zugenommen und stieg von 7,00% auf 7,56%.
Trend 2: Veränderte Struktur bei Investoren und Börsenplätzen
Die Verteilung der Anleihen hat sich geändert, und das gleich in doppelter Hinsicht. Zum einen sind an den Emissionsvolumen deutlich weniger Privatanleger beteiligt. Nur wenn institutionelle Anleger bereit sind ausreichend zu investieren, macht es Sinn, auch Retail-Investoren zu beteiligen. Zum anderen findet bei den Börsenplätzen eine Verschiebung in Richtung Entry Standard statt. Keine der 2014 neu emittierten Anleihen wurden in den Segmenten BondM Stuttgart, m:access München oder mittelstandsmarkt Düsseldorf begeben.
Trend 3: Covenants im Fokus
Ein Blick auf die Besicherungen und Covenants der emittierten Anleihen zeigt, dass den Rufen der Investoren nach besseren Covenantausgestaltungen und Besicherungsstrukturen bei den Emittenten bereits Gehör geschenkt wurde. Neben Standard Covenants (Negative Pledge, Cross Default, Change of Control) gab es zahlreiche weitere Varianten: Vedes und HanseYachts wählten die Besicherung durch Markenrechte, Penell verpfändete zugunsten der Anleihegläubiger sein Kupferlager, GEWA bot eine Besicherung durch eine erstrangige dinglich/grundpfandrechtliche zu bestellende Grundschuld in Höhe von 35 Mio. Euro, der Zulieferer NZWL besicherte Zinszahlungen sowie Rückzahlung der Schuldverschreibung durch Verpfändung von Gesellschaftsanteilen. Auch Ausschüttungsbegrenzungen oder eine Mindesteigenkapitalquote wurden in Anleiheprospekten ausgewiesen. Ralf Meinerzag, CIO des STEUBING GERMAN MITTELSTAND FUND I: „Die Entwicklung zeigt in die richtige Richtung und auch in Zukunft erwarten wir bei Anleihen eine Erhöhung der Standards, besonders in Bezug auf den Ausbau von Financial Covenants und die Einhaltung bestimmter Kapitalstrukturen und Finanzierungsklauseln.“
Insgesamt zeigen die Trends des ersten Halbjahres ein Umdenken aller Marktteilnehmer: Investoren sind kritischer geworden. Der Best Pratice Guide der Deutschen Börse wird von Emittenten wie auch Emissionshäusern angenommen (siehe Beate Uhse-Emission). Es wird nicht mehr alles blind gekauft. Zusätzlich tragen auch Fonds zur Professionalisierung des Segments bei: Auf den Roadshows sind die Fondsmanager als Vertreter der Privatanleger beteiligt und können so frühzeitig bei Emissionen ihr Investitionsvolumen für den Anleger in die Waagschale werfen
Blick in die Zukunft
Das Segment der Anleihen für kleine und mittlere Unternehmen wird auch zukünftig an Bedeutung gewinnen. Das zeigt u.a. eine Studie von PWC, die sich in erster Linie mit der Finanzierung des Mittelstandes durch Private Equity Firmen auseinander gesetzt hat. Bis vor zwei Jahren, war es für den klassischen deutschen Mittelständler undenkbar, außerhalb des Bankkredites eine Finanzierung zu suchen. Gründe lagen auf der Hand: Die Bindung zur Hausbank war personalisiert und seit Jahrzehnten gewachsen. Die Hausbanken konnten die vergebenen Kredite wiederum verbriefen und auf einem Sekundärmarkt verkaufen. Insofern mussten weder die Hausbank noch der mittelständische Unternehmer eine entscheidende Marktveränderung hinnehmen. Mittlerweile hat sich die Situation für die Hausbanken entscheidend verändert. Eine komplette Durchfinanzierung von kleinen und mittelständischen Unternehmen mit Kreditlinien ist nicht mehr möglich. Insofern steigt, wie die PWC-Studie belegt, die Bereitschaft von mittelständischen Unternehmen, sich mit eher angelsächsisch geprägten Finanzierungsformen auseinanderzusetzen – auch wenn dies bedeutet, dass stärkere Transparenz in die Geschäftsmodelle gebracht werden müssen und es somit eine Mitsprache von Investoren gibt. PE-Unternehmen setzen häufig Manager in die Firmen, um ihre Investments zu begleiten und bringen teilweise auch frischen Schwung in die Unternehmen. Die Platzierung einer Anleihe erfordert zuerst die Bereitschaft, sich mit den eigenen Geschäftsabschlüssen und dem Geschäftsmodell für die nächsten Jahre bewusst und in der Öffentlichkeit auseinander zu setzen. Dann kommt seit dem vergangenen Jahr noch verstärkt der Wunsch der Gläubiger und Investoren nach Besicherung dazu. Nicht zu vergessen ist auch die regelmäßige Finanzberichterstattung während der Laufzeit der Anleihe. Diese unangenehmen „Hürden“ konnten Mittelständler bis vor ein paar Jahren umgehen, indem sie immer wieder auf die klassische Finanzierungsform durch den Bankkredit zurückgegriffen haben. Die PWC-Studie zeigt, dass die mittelständischen Unternehmen die Zeichen der Zeit erkannt haben und sich zum größten Teil mutig auf neue Investitionsformen einlassen.
Fazit und Ausblick
Im ersten Halbjahr 2014 zeigen sich durchaus positive Tendenzen im Markt für Anleihen von kleinen und mittelständischen Unternehmen. Die Emissionen werden noch stärker geprüft. Besicherungen spielen eine große Rolle. Der Markt ist insgesamt professioneller geworden. Den Unternehmern ist der Unterschied zum klassischen Kredit – mit allen Vor- aber manchmal auch Nachteilen – bewusster geworden. „Vertrauen am Kapitalmarkt ist ein scheues Reh. Die Emittenten müssen erst lernen, dass Kommunikation Kurspflege ist, und dass dies bei einer Anleihe ein fortlaufender Prozess ist. Aber die Emissionen (gerade auch die Anzahl) im Jahr 2014 zeichnen hier durchaus ein positives Bild“, erklärt Ralf Meinerzag, CIO des STEUBING GERMAN MITTELSTAND FUND I.
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Der Markt für Mittelstandsanleihen im ersten Halbjahr: Weniger ist mehr?
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