Vor einigen Monaten hat die Europäische Zentralbank (EZB) dem europäischen Bankensystem 1.000 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Was haben diese mutigen Liquiditätsspritzen bewirkt? Antwort: Sie haben zwar die unmittelbare Schachmattsetzung des europäischen Finanzsystems verhindert, die Eurozone aber in eine Lage versetzt, die trotzdem höchst problematisch ist.
Die EZB hat das Worst-Case-Szenario abgewendet und damit die Fortsetzung der Verhandlungen zwischen den Ländern der Währungsunion ermöglicht, sowie das Weltwirtschaftswachstum vor destabilisierenden Finanzmarktturbulenzen bewahrt. Allerdings wird die Entwicklung des politischen und wirtschaftlichen Kontexts diese Verhandlungen komplizieren. Das politische Umfeld hat sich verhärtet. In Frankreich und Griechenland haben die jüngsten Wahlen bestätigt, dass die Bevölkerung die im Namen der unerlässlichen Kohärenz der Eurozone auferlegten Sparmaßnahmen immer mehr ablehnt. In einer Demokratie lässt sich die Meinung der Bürger nicht einfach ignorieren, vor allem dann nicht, wenn sie sich nicht nur in den Straßen, sondern auch an den Urnen manifestiert. Derweil verschlechtert sich auch das wirtschaftliche Umfeld zusehends. Die Liquiditätsspritzen von EZB-Präsident Draghi vermochten der rückläufigen Kreditvergabe in Europa kein Ende zu setzen, die staatlichen Sparpläne belasten den Konsum, und die Unsicherheit hält von Anlagen ab. Und letztlich sind auch die Schwellenmärkte keine Wachstumslokomotiven mehr, die mit ihrem Schwung Europa aus seiner misslichen Lage befreien könnten.
Aufgrund der gegenseitigen Abhängigkeit haben sich die Kräfteverhältnisse zwischen den Ländern Europas verschoben, was zu einer Verhärtung der Positionen beiträgt. Das kleine Griechenland kann nun einem für Ansteckungseffekte anfälligen Europa die Stirn bieten. Deutschland muss einen Positionsbezug Frankreichs befürchten, der weniger mit dem eigenen übereinstimmt.
Zur Fortsetzung der Verhandlungen gibt es keine Alternative, aber sie versprechen turbulent zu werden.
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