Der noch relativ junge Markt für inflationsgeschützte Anleihen (Inflation-Linked-Bonds, ILB) erlebt stetiges Wachstum. Die ersten Anleihen dieser Art wurden 1981 von der britischen Regierung aufgelegt, 1997 folgten Australien, Kanada und die USA, 1998 Frankreich, dann Italien und Griechenland und 2006 schließlich auch Deutschland. In den vergangenen zehn Jahren haben Zahl und Umfang dieser Emissionen kontinuierlich zugenommen. Auch Privatunternehmen können inflationsgeschützte Anleihen begeben, und ein gutes Dutzend Unternehmen des Dienstleistungssektors in Großbritannien (vor allem Versorger wie Telekommunikationsbetreiber oder Wasser- und Gasversorgungsunternehmen) hat diesen Weg bereits vor mehreren Jahren eingeschlagen. 2008 folgte France Telecom diesem Beispiel.
Erwartungsabhängige Anlageform
Die Rendite einer nominalen Anleihe setzt sich aus realer Rendite plus erwarteter Inflation und Risikoprämie zusammen. Zur Vereinfachung betrachten wir in diesem Artikel nur die ersten beiden Komponenten. In einer rein fiktiven Welt kann der Anleger nicht zwischen der realen und der inflationsgeschützten Komponente der Rendite unterscheiden. Nur im Nachhinein kann er die reale Rendite seines Investments beurteilen (indem er die Nominalverzinsung mit der Inflationsrate während des Anlagezeitraums vergleicht). Das bedeutet, dass der Anleger Realverzinsung und Inflationsentwicklung nur implizit abschätzt, wenn er seine Investitionsentscheidung für oder gegen eine nominale Anleihe trifft. Übersteigt die Nominalverzinsung die Inflationserwartungen des Anlegers in einem Maße, das eine auskömmliche reale Rendite verspricht, wird er sich für die Investition entscheiden.
Der Markt für Inflation-Linked-Bonds bietet einen nachvollziehbaren Einblick in die Realverzinsung. Die ILB-Rendite entspricht der effektiven Verzinsung, da die Kapitalkomponente der Anleihe an die Inflationsrate gekoppelt ist. Dies lässt sich am Beispiel einer Anleihe mit einem Nennwert von 100 Euro und einer realen Rendite von 2% verdeutlichen: Liegt die Inflationsrate im ersten Jahr der Laufzeit bei 5%, steigt der Nennwert der Anleihe auf 105 Euro. Am Ende des ersten Jahres beträgt der Zinskupon 2% x 105 = 2,10 Euro. Durch die Kopplung des Nennwertes an die Inflationsrate wurde also die Rendite des Anlegers vor der Geldentwertung geschützt. Betrachten wir zum Vergleich eine herkömmliche Anleihe mit einem Nennwert von 100 Euro und einer festen Verzinsung von 5%: Bei Ende des ersten Laufzeitjahres betrüge der Zins 5,00 Euro. Während der gesamten Laufzeit würde der Anleger – unabhängig von der jeweiligen Inflationsrate – jedes Jahr 5,00 Euro einnehmen. Bei Fälligkeit würde der Nennwert der Anleihe immer noch 100 Euro betragen. Der Nennwert der inflationsgeschützten Anleihe betrüge hingegen 100 Euro multipliziert mit der Gesamtinflationsrate über den Anlagezeitraum. Entsprechend würden beide Anleihen während der gesamten Laufzeit nur dann Mittelflüsse gleichen Wertes aufweisen, wenn die Inflationsrate während des gesamten Zeitraums der Differenz (Break-even-Inflationsrate) zwischen den Zinssätzen des ILB und der nominalen Anleihe entspräche. Vorausgesetzt, dass die erwartete Inflationsrate stets im positiven Bereich liegt, fällt die nominale Rendite immer höher als die reale Rendite aus.
Bei Anleihen mit ähnlichen Laufzeiten bedeutet das, dass die effektive Duration nominaler Anleihen niedriger ist als die einer inflationsindexierten Anleihe. Die Verzinsung nominaler Anleihen wird sowohl von Veränderungen bei der realen Rendite als auch von Inflationserwartungen beeinflusst. Aktive Fondsmanager müssen bei der Wahl zwischen nominalen Anleihen und ILB daher zwischen den wahrscheinlichen Veränderungen bei realen Renditen und Inflationserwartungen differenzieren. Sofern man erwartet, dass die Realzinsen stabil bleiben und die Inflationsrate steigt, dann sind ILB vorzuziehen. Im Rahmen eines aktiv verwalteten Fixed-Income-Portfolios, dessen Durationsrisiko sich aus dem erwarteten Anstieg der Break-even-Inflation (Nominalverzinsung) ergibt, wird man stärker in ILB investieren als in nominale Anleihen. Die Prognosen über den weiteren Verlauf der Break-even-Inflationsrate hängen von der jeweiligen Einschätzung des konjunkturellen Umfelds, geld- und fiskalpolitischen Einflüssen und den aktuellen Marktniveaus ab.
Ein Markt für Investoren aller Art
Wann immer die Inflationsentwicklung Investoren Sorge bereitet, kommen inflationsindexierte Anleihen vermehrt ins Gespräch. Dieser Anleihetyp bietet allen Arten von Investoren vielfältige Vorteile, sei es als Inflationsschutz, als Ergänzung bestimmter Asset-Allokationsstrategien zur Verbesserung der Portfolioeffizienz oder als festverzinsliches Wertpapier, das Zinserhöhungen absorbiert. Da der Markt für Inflation-Linked-Bonds ständig wächst, bestehen in diesem Anlageuniversum zahlreiche Anlagemöglichkeiten für aktive Manager, von Long/Short Duration Calls über Positionierungen auf eine flachere/steilere Realzins- oder Break-even-Kurve und Long/Short Break-even Trades bis hin zu Länder-Allokationen.
Effektiver Einsatz von inflationsgeschützten Anleihen
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