Am 9. Mai einigten sich EU und IWF auf ein massives Rettungspaket, das die bilateralen Kreditverträge mit Griechenland ergänzt. Überdies hat die EZB am 10. Mai zum ersten Mal seit Einführung des Euro am Sekundärmarkt Staatsanleihen von Euro-Ländern gekauft.
Was soll erreicht werden?
Damit wird der Druck auf die am stärksten verschuldeten Länder der Eurozone wenigstens im kommenden Jahr etwas nachlassen. Der Erfolg hängt allerdings maßgeblich von der Bereitschaft zu einschneidenden haushaltspolitischen Anpassungen ab. Somit sollten die Finanzmärkte in der Lage sein, sich vorerst wieder auf die Rahmendaten zu konzentrieren.
Woraus besteht das Paket?
Das Paket setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen:
-Ein 750-Milliarden-Rettungsschirm soll Euro-Länder künftig vor der Pleite schützen, ist aber an strenge Bedingungen zur Haushaltssanierung geknüpft, deren Einhaltung vom IWF überwacht wird. 60 Mrd. Euro werden umgehend im Rahmen des gemeinsamen EU-Haushalts darlehensweise zur Verfügung gestellt, weitere 440 Mrd. Euro kommen von einer Zweckgesellschaft, die von den EWU-Mitgliedern samt Schweden und Polen finanziert und garantiert wird. Weitere 250 Mrd. Euro steuert der IWF bei.
-Erklärte Bereitschaft der Eurozone-Regierungen, die finanzielle Stabilität der Region zu sichern. Spanien und Portugal werden ihre Haushalte durch zusätzliche Maßnahmen sanieren.
-Die EZB hat direkte Stützungskäufe von Eurozone-Anleihen am Sekundärmarkt vorgenommen, dies soll nicht zu einer Aufblähung der EZB-Bilanz führen. Ziel ist es, die Funktionsfähigkeit der Märkte sicherzustellen, die Liquidität der Banken im Euroraum zu stärken und die Belastungen des Finanzsystems zu reduzieren. Zu Umfang und Zusammensetzung dieser Käufe wurden allerdings keine Angaben gemacht.
-Die EZB wird im Mai und Juni zwei unbegrenzte Drei-Monats-Tender bzw. einen unbegrenzten Sechs-Monats-Tender im Mai durchführen, um zusätzliche Notfallliquidität ins Bankensystem einzuspritzen.
-Die EZB wird erneut USD-Swaplinien mit der Fed einrichten, um dem Mangel an kurzfristigen Finanzierungen in US-Dollar entgegenzuwirken.
Rettungspaket verschafft Atempause
Die Entscheidungsträger wollen den Marktsorgen jetzt durch entschlossene Maßnahmen zuvorkommen. Auch EZB, EU und IWF können also zügig handeln. Durch den Plan gewinnen grundsätzlich solvente Länder (Spanien, Portugal, Irland, Italien, aber nicht Griechenland) Zeit. Das Hilfspaket entspricht ca. 8 % des BIP der Eurozone und sollte ausreichen, um klamme Länder zumindest ein Jahr lang vom Kapitalmarkt unabhängig zu machen. Der wichtigste Faktor ist dabei wohl die Signalwirkung. Durch Auffahren schwerer Geschütze haben die EWU-Staaten ihre Bereitschaft signalisiert, alle Maßnahmen zu ergreifen, die für die Erhaltung der Stabilität erforderlich sind. Sofern die Märkte dies als glaubwürdiges Signal verstehen, könnte der tatsächlich aufgewendete Betrag sehr viel geringer ausfallen – vor allem, da die anderen Randstaaten solidere Rahmendaten aufweisen als Griechenland. Diese Staaten können sich nun an eine tragfähige Sanierung ihrer Primärsalden machen, da sie vorerst vergleichsweise niedrige Zinsen auf ihre Schulden zahlen werden. Damit kann der Anpassungsprozess mit nur geringstmöglicher Auswirkung auf Realwirtschaft und Finanzmärkte stattfinden. Infolge mangelnder Wettbewerbsfähigkeit werden diese Länder allerdings bis auf weiteres ein nur niedriges Nominalwachstum verbuchen.
Aber wenn auch Refinanzierungs- und Liquiditätsprobleme zunächst gelöst erscheinen, so ist doch die Frage der langfristigen Solvenz immer noch offen. Ohne einschneidende Sparmaßnahmen wird es nicht gehen. Weitere Details dürften in der kommenden Woche bekannt gegeben werden.
Von allen angekündigten Maßnahmen ist der Direkterwerb von Staatsanleihen durch die EZB am überraschendsten. Dabei handelt es sich wohl um die schärfste politische Kehrtwende in der zwölfjährigen Geschichte der Zentralbank. Mit dieser flankierenden Maßnahme trägt die EZB vor allem den Gefahren für die finanzielle Stabilität Rechnung, ein Zeichen, dass die Währungshüter aus den Ereignissen von 2008 gelernt haben. Wichtig ist, dass diese Aktionen das Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage an den Staatsanleihemärkten europäischer Randländer verändern, um ein relativ niedriges Zinsniveau zu sichern.
Was bedeutet das für die Inflationsentwicklung?
Mit einem inflationstreibenden Effekt des Rettungspakets in den kommenden Jahren rechnen wir nicht. Wir sind im Gegenteil der Ansicht, dass der aktuelle desinflationäre Trend durch weitere fiskalpolitische Straffungsmaßnahmen der einzelnen Länder noch verstärkt wird.
Wie wird sich das auf den Euro auswirken?
Als das Hilfspaket am 10. Mai angekündigt wurde, schnellte der Euro-Wechselkurs kurzfristig in die Höhe, ließ aber bald wieder gegenüber dem US-Dollar nach. Die Euro-Schwäche dürfte anhalten, da die konjunkturelle Dynamik in den USA sehr viel stärker ist als in Europa und die Fed vor der EZB an der Zinsschraube drehen wird. Infolge der massiven Sparmaßnahmen - vor allem der Randstaaten – wird das Wirtschaftswachstum in Europa auch in den nächsten Jahren schwach bleiben. Nach Kaufkraftparität ist der Euro mit 1,30 gegenüber dem Dollar immer noch um 10 % überbewertet. In den nächsten Monaten könnte der Euro weiter auf 1,25 sinken, zum Vorteil des Exportsektors der Eurozone (insbesondere Deutschland).
Was sind die Aussichten für die Konjunktur?
Die Aussichten für die Weltkonjunktur sind jetzt weitaus klarer als in der vergangenen Woche. Da die größten Tail Risks (wie beispielsweise ein starker Anstieg der Risikoaversion) jetzt erheblich zurückgegangen sind, dürfte die Wachstumsdynamik sich zunehmend selbst tragen. Die konjunkturelle Dynamik steigt seit einigen Monaten und weitet sich auf andere Regionen und Sektoren aus.
Sobald die Refinanzierungs- und Liquiditätsprobleme wieder im Griff sind, dürften die Märkte sich erneut auf die Rahmendaten konzentrieren. Vor allem die Wirtschaftsdaten aus den USA haben sich in den letzten Wochen erfreulich entwickelt. Die ISM-Indizes signalisieren hohe Konjunkturdynamik und eine Ausweitung des Aufschwungs vom industriellen auf den Dienstleistungssektor. Auch am US-Arbeitsmarkt geht’s aufwärts und die Berichtssaison Q1 2010 ist mit unerwartet positiven Erträgen, Margen und Umsatzwachstum ausgesprochen erfreulich ausgefallen. Das gilt nicht nur für die USA, sondern auch für Europa. Alles in allem deutet diese Entwicklung auf eine selbsttragende Dynamik der Weltkonjunktur hin.
Damit sind aber natürlich nicht alle Risiken vom Tisch. Vor allem das Schuldenproblem ist nicht ausgestanden und künftige Probleme mit Staatsschuldnern in anderen Regionen sind nicht auszuschließen. Ungewiss ist zudem, was passiert, falls Randstaaten ihr Haushaltsziel nicht erreichen. Aber vorerst sollten diese Sorgen weder Märkte noch Wirtschaftsdaten belasten.
Welche Konsequenzen hat das für unsere taktische Asset-Allokation?
Wir sind bereit, unser Risiko taktisch wieder auszuweiten, bleiben aber fürs Erste bei unserer neutralen Aktienposition gegenüber Anleihen. Bei Aktien und Anleihen haben wir unsere auf Risikovermeidung ausgelegten Maßnahmen der letzten Woche wieder rückgängig gemacht.
Das bedeutet, dass wir innerhalb des Fixed-Income-Sektors Credits wiederum moderat übergewichten. Bei Aktien haben wir die Übergewichtung bei Healthcare von +3 auf +2 zurückgeführt. Die Erlöse haben wir zur Reduzierung unserer untergewichteten Position in Finanzwerten von -2 auf -1 genutzt.
EU/EZB/IWF-Rettungspaket: Aussichten für Weltkonjunktur jetzt weitaus klarer als vergangene Woche
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