Fast anderthalb Jahre war der Emissionsmarkt für spekulative Unternehmensanleihen geschlossen. Mit der Rückkehr der Investoren in diese Anlageklasse kam 2009 wieder neues Leben in den Markt. Im Januar 2010 wurden mit Manchester United, Kerling und SEAT Pagine drei neue Emissionen lanciert – alle drei so unterschiedlich wie die Performance am Sekundärmarkt. Folgend geben wir eine Einschätzung, wie sich hochverzinsliche Titel in diesem Jahr entwickeln werden, und nehmen die Faktoren unter die Lupe, die zum Erfolg von Neuemissionen beitragen können.
Vor 2007 standen Unternehmen mit spekulativer Bonität in Europa relativ günstige Bankkredite zur Verfügung. Entsprechend entschieden sich die meisten Emittenten, lieber diese Quelle anzuzapfen als den Marketingprozess zu durchlaufen und einen höheren Spread für eine hoch verzinste Anleihenemission zu zahlen. Spekulative Emittenten sind im Durchschnitt kleiner als Emittenten mit hoher Bonität. Was wiederum bedeutete, dass die Platzierung einer Anleihenemission teurer gewesen wäre als die Aufnahme eines Bankkredits. Die preiswerte Finanzierung durch die Banken bewegte eine Reihe von Emittenten auch dazu, untragbar hohe Schulden zu machen.
Die Finanzkrise zwang die Banken dazu, ihre riskanten Darlehen zurückzufahren. In der Folge schränkten sie ihre Kreditvergabe an Unternehmen mit schwacher Bonität aktiv ein. Die Risikoaversion unter den Anleiheninvestoren in der Krise führte dazu, dass der Neuemissionsmarkt für spekulative Unternehmenstitel komplett geschlossen wurde. Die daraus entstehende Liquiditätskrise ließ die Ausfallraten in Europa steigen, was die Spreads auf Rekordhöhen trieb. Die steigenden Spreads machten sich in Kursrückgängen für spekulative Titel bemerkbar, was wiederum die Risikoaversion zunehmen und die Liquidität sinken ließ. So geriet der Hochzinsmarkt in eine Abwärtsspirale.
Diese Dynamik hielt mehrere Monate lang an. Durchbrochen wurde sie schließlich im Januar 2009, als es Fresenius gelang, die erste Hochzinsanleihe Europas in 17 Monaten zu lancieren. Seit dieser Zeit haben Emittenten 26 Mrd. Euro an neuen Anleihen im spekulativen Markt platziert. Doch der Großteil des aufgebrachten Kapitals war speziell für die Rückzahlung fällig werdender Bankverbindlichkeiten und weniger für Investitionen oder andere Unternehmenszwecke bestimmt. Außerdem haben spekulative Unternehmen ihr Augenmerk auf Entschuldung ausgerichtet.
2009 setzte am Hochzinsmarkt eine Dynamik ein, bei der sich der Finanzierungsfokus in Europa vom Bankenmarkt (Leveraged Loans) zum Anleihenmarkt verlagert hat. So verwies Roger Doig, unser Analyst für Banken, darauf, dass angesichts der Kapitalanforderungen und der politischen und gesetzlichen Veränderungen, Banken derzeit in einem Umfeld sind, in dem Darlehensvergabe an Unternehmen mit geringer Bonität nicht auf ihrer Prioritätenliste stehen dürfte. Vor dem Hintergrund der hohen Refinanzierungsanforderungen bei Leveraged Loans in den kommenden Jahren sind und bleiben die Anleihenmärkte eine wichtige Finanzierungsquelle für Unternehmen mit geringer Bonität.
Dies treibt eine Reihe von Erstemittenten an die Märkte. 2010 wird daher ein wichtiger Lernprozess für Emittenten und Anleger stattfinden. Die Aussichten für spekulative Titel sind sehr positiv und die Nachfrage nach Anleihen bleibt hoch. Doch angesichts des potenziellen Angebotsüberhangs müssen die Emittenten das Gleichgewicht finden zwischen ihren eigenen Anforderungen (Liquidität, milde Verhaltensauflagen, niedrigere Sätze) und den Erwartungen der Anleger an Ertrag und verbesserten Schutz der Anleiheninhaber.
Wie wichtig das ist, wird durch die unterschiedliche Performance der jüngsten Emissionen von SEAT Pagine, Kerling und Manchester United unterstrichen. SEAT, der führende Branchenverzeichnisanbieter Italiens, begab sich mit einer vorrangig besicherten Anleihe an den Start. Das europäische Branchenverzeichnisgewerbe befindet sich zurzeit im Umbruch und SEAT hat für 2010 keine besonders guten Aussichten. Trotz eines angebotenen Zinses von 10,5% schienen die Grundlagen nicht attraktiv genug zu sein.
Manchester United muss man nicht extra vorstellen. Die neue vorrangig besicherte Anleihe ohne Rating, die der englische Fußballverein auf den Markt brachte, hatte eine komplexe Reihe von Auflagen, die eher die Clubeigentümer als die Anleiheninhaber begünstigten. Bei einem Zins von 8,75% schien der Titel überteuert und bot den Inhabern wenig Sicherheit.
Kerling, größer PVC-Produzent Europas, begab eine vorrangig besicherte Anleihe im Rahmen einer finanziellen Umstrukturierung. Das Unternehmen zeigte sich nicht nur offen in Bezug auf die Struktur des Geschäfts, sondern legte auch großen Wert auf die Forderungen der Anleger und nahm sogar zusätzliche Verhaltensauflagen auf. Bei einem Zins von 10,625% bot der Titel außergewöhnlichen Gewinn.
Beim nachlassenden Markt Ende Januar büßte Manchester Unit fünf Punkte ein, SEAT verlor zwei Punkte und Kerling legte um vier Punkte zu.
Die jüngsten Entwicklungen zeigen, dass die Anleger trotz der guten Aussichten für Hochzinstitel weiterhin sehr selektiv eingestellt bleiben. Die Titel, die auf unserer Kaufliste stehen, haben die richtige Mischung aus Fundamentaldaten, Struktur und Preis. 2010 wird der Hochzinsmarkt in Europa signifikante Zuwächse verzeichnen. Dabei dürften spekulative Titel besser abschneiden als Investment-Grade- und Staatsanleihen. Dementsprechend bleibt die Nachfrage hoch. Bei einem reichhaltigen Angebot ist die Auswahl der Emittenten von entscheidender Bedeutung. Denn einige der Neuemissionen werden Erfolg haben, andere nicht.
Europäische Hochzinstitel 2010: neues Jahr, neue Emissionen
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