Massive Verluste im Immobiliengeschäft ließen die US-Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 mit lautem Getöse zusammenbrechen. Seither hing die Weltwirtschaft am Liquiditätstropf der Notenbanken, bis vor kurzem eine Erholung einsetzte. Für die Währungshüter wäre nun eigentlich der Moment gekommen, ihr Krisenmanagement zu beschränken – wenn die Märkte mitspielen würden. Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) und ihre Pendants in Europa und Japan sind gewissermaßen Opfer ihres eigenen Erfolgs.
Seit dem Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 haben sich die Notenbanken außerordentlicher geldpolitischer Maßnahmen bedient, um zunächst die drohende Depression abzuwenden und anschließend die zaghafte Konjunkturerholung zu fördern. Die Nullzinspolitik der Fed sowie ihre massive Bilanzausweitung infolge mehrerer Anleihenkaufprogramme («Quantitative Easing» bzw. «quantitative Lockerung», QE) stellten Eingriffe von zuvor ungekannter Dauer und ungekanntem Ausmaß dar.
Zweifelsohne haben die Zentralbanken entscheidend dazu beigetragen, den Finanzmärkten wieder auf die Beine zu helfen. Zudem haben sie für anhaltend niedrige Realzinsen gesorgt. Bis der Einfluss dieser Maßnahmen in der Realwirtschaft spürbar wurde, ist aber viel Zeit verstrichen. Ermutigende Anzeichen für eine gleichzeitig einsetzende Konjunkturerholung ließen in den Industrieländern bis zum Sommer 2013 auf sich warten. Insbesondere die Wirtschaft der Vereinigten Staaten hat sich trotz höherer Sozialversicherungssteuern und automatischer Ausgabenkürzungen sehr widerstandsfähig gezeigt: Die Arbeitslosenquote ist bis zum August stetig auf 7,3 Prozent zurückgegangen, und die jüngsten Daten des Institute of Supply Management zur industriellen Produktion sagen eine breit abgestützte Erholung voraus.
Liebgewonnene Zückerchen der US-Notenbank
Weshalb tut sich die Fed nun also schwer, die Liquiditätsflut wieder einzudämmen? Im September sprachen sich die Währungshüter für eine Weiterführung ihrer Anleihenkäufe in Höhe von 85 Milliarden US-Dollar pro Monat aus, obwohl die Kommunikation der Notenbank zuvor auf ein Zurückfahren dieses Programms schließen ließ. Die anstehenden Verhandlungen über den Staatshaushalt und die Schuldenobergrenze in den USA sowie die unter den Erwartungen liegenden Daten für den Arbeitsmarkt im August dürften hier eine wesentliche Rolle gespielt haben. Mit Blick auf die Fundamentaldaten zeigt sich, dass der Anstieg der Marktzinsen ab Mai 2013 ein weniger lockeres Marktumfeld zur Folge hatte. Zudem hat in diesem Zusammenhang die Unsicherheit hinsichtlich der kurzfristigen Wirtschaftsaussichten zugenommen. Daher will die Fed eine abwartende Haltung einnehmen, bis eindeutigere Anzeichen für eine nachhaltige Konjunkturerholung vorliegen. Einmal mehr stellt sich hier aber die klassische Frage, ob das Huhn oder das Ei zuerst kam: Hatte nicht die Ankündigung der Fed, ihre unorthodoxen Maßnahmen allmählich auslaufen zu lassen («Tapering»), die Treasury- Renditen erst in die Höhe getrieben? Die Normalisierung der Geldpolitik stellt die Fed und mit ihr die meisten Notenbanken in den Industrieländern vor das Problem, dass die Börsen hierdurch einbrechen könnten. Ein bloßer Hinweis auf «Tapering»-Pläne löste im Mai bereits eine Verkaufswelle in den Zins- und Schwellenlandmärkten aus und zeigte, in welchem Ausmaß die Finanzmärkte von der Liquiditätszufuhr abhängen – der Begriff «schwere Liquiditätssucht» drängt sich auf.
Gefahr von Anlageblasen?
Dennoch gehen wir davon aus, dass die US-Wirtschaft an Fahrt gewinnen wird. Die (über)vorsichtige Haltung der amerikanischen Notenbank, die sich durch die Fortsetzung des Kaufprogramms äußert, erhöht in der Tat die Chancen auf eine positive Entwicklung der Wirtschaft. Ganz allgemein erholt sich die Konjunktur weltweit, der Inflationsdruck ist gering und die Zentralbanken betreiben nach wie vor eine lockere Geldpolitik. Dies ist ein guter Nährboden für die Aktienmärkte und die risikobehafteten Anlagen. Allerdings könnte eine solche Situation auch die Entstehung von Anlageblasen begünstigen.
Vernünftige Bewertungen und anhaltend bessere Einkaufsmanager-Indexdaten haben uns veranlasst, im Verlauf des letzten Monats unsere Engagements in Aktien aus der Eurozone weiter auszubauen. Im Zuge der massiven Verkaufswelle von Zinspapieren aus Schwellenländern in Lokalwährung haben wir bestehende Positionen vorsichtig aufgestockt – diese Märkte dürften bald von der Erholung der Industrieländer profitieren. Zudem sorgen stabilere Renditen bei US-Treasuries bei den schwächsten Ländern für eine Atempause, in der sie ihre Leistungsbilanzdefizite angehen können. Gold bewegt sich inzwischen in einer breiten Preisspanne zwischen 1.200 und 1.450 US-Dollar. Geschickte Anleger dürften hier Chancen realisieren können. Die kurzfristige Kursschwäche des US-Dollar ist eine logische Folge der Haltung der Fed. Mittel- bis langfristig halten wir an unserer positiven Einschätzung des «Greenback» fest.
Daher verzeichnen unsere Portfolios eine Übergewichtung in Aktien und Kreditmärkten – insbesondere von hochverzinslichen Unternehmens- und Schwellenländeranleihen –sowie eine Untergewichtung in Staatsanleihen und Rohstoffen.
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Fed: Den Geldhahn zu schließen, ist schwieriger als erwartet
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