Im ersten Quartal entwickelten sich die meisten bedeutenden Finanzwerte positiv. Dies ist bemerkenswert vor dem Hintergrund der Ereignisrisiken, insbesondere bei Banken, nämlich dem Zusammenbruch der Silicon Valley Bank und der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS. Obwohl diese Ereignisse im März für Volatilität sorgten, haben sie die Performance nicht beeinträchtigt. Insgesamt war das erste Quartal positiv, besonders für Risikoanlagen, wobei sowohl Anleihen als auch Aktien gut abschnitten.
Dieses positive erste Quartal folgt auf eine bessere Performance im vierten Quartal des vergangenen Jahres. Einer der Hauptfaktoren war die anhaltende Stabilisierung der Wachstumserwartungen in Europa. Es herrschte große Unsicherheit über die Energiepreise, was zu Rezessionsprognosen in Europa führte, die sich einfach nicht bewahrheitet haben. Tatsächlich sind die Wachstumsaussichten viel besser als erwartet.
Besonders bemerkenswert war der entschlossene Ausstieg aus der Null-Covid-Politik in China. Dieser trat im Januar in Kraft, hatte aber im Verlauf der ersten sechs Wochen starke Auswirkungen auf die Märkte. Zudem war ein deutlicher Rückgang der Gesamtinflation zu verzeichnen. Die Kerninflation erwies sich entgegen den Erwartungen als hartnäckiger und gibt weiterhin Anlass zur Sorge. Infolgedessen werden die Zentralbanken die Zinssätze weiter anheben.
Abwanderung von US-Vermögenswerten
Ein weiterer wichtiger Trend ist die bessere Performance nicht-amerikanischer Vermögenswerte und damit verbunden die zunehmende Erwartung eines Wachstumstransfers von den USA auf den Rest der Welt im Laufe des Jahres 2023. Ebenfalls interessant: Der Dollar wies im März, als wir Sorgen um die Banken hatten, eine unterdurchschnittliche Wertentwicklung auf. Normalerweise würden wir bei einem Risikoereignis eine Flucht in Qualität und damit einen stärkeren US-Dollar sehen, doch dies war nicht der Fall. Die Performance von Nicht-US-Anlagen war besser. So nähert sich beispielsweise der Dow Jones Euro STOXX 50 Index wieder den Höchstständen von 2007.
Wir haben frühzeitig darauf hingewiesen, dass die Märkte einige episodische Ereignisse im Zusammenhang mit der Straffung der Geldpolitik erleben könnten. Wir haben die kumulativen Auswirkungen auf die SVB gesehen, als die Zinserhöhungen von 400 Basispunkten im vergangenen Jahr bei der Bank zu einer Inkongruenz zwischen Aktiva und Passiva führten. Das war zwar ein paar Wochen lang beunruhigend, hat aber die Wachstums- oder Liquiditätsaussichten für die Wirtschaft bisher nicht entscheidend verändert und auch keine allgemeine Bankenkrise ausgelöst.
Dieses Ereignis führte dazu, dass die Zentralbanken in der Lage waren, die Liquiditätshilfe für Banken von der Zinspolitik zu trennen. Das bemerkenswerteste Beispiel dafür war, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) zehn Tage nach der Fusion von Credit Suisse und UBS die Zinssätze um 50 Basispunkte anhob. Ein beachtenswerter Schritt, wenn man bedenkt, dass eines der beiden großen Bankinstitute des Landes praktisch zusammengebrochen war.
Potenzielle Risiken: Staatsverschuldung und Privatsektor
Für die Zukunft gibt es zwei episodische Ereignisse, die meiner Meinung nach potenzielle Risiken darstellen. Das erste bezieht sich auf die Staatsverschuldung. Die größte Blase, die von 2008 bis Ende 2021 entstand, waren 18 Billionen USD an Schulden mit negativer Rendite. Ein Übergang zu normaleren Zinssätzen wird wahrscheinlich nicht ohne Druck auf die Dynamik der Staatsverschuldung erfolgen, insbesondere angesichts des unbekümmerten Umgangs mit der Verschuldung, der derzeit in den Führungsetagen üblich ist.
Der zweite Punkt betrifft das private Beteiligungskapital und den privaten Kreditsektor. Ich glaube nicht, dass der Transmissionsmechanismus funktioniert hat; private Vermögenswerte haben nicht in dem Maße an Wert gewonnen wie öffentliche Vermögenswerte. Zum Beispiel haben Private-Equity-Firmen im Vereinigten Königreich öffentliches Eigenkapital mit einem viel höheren Multiplikator aus dem Markt genommen und einen enormen Aufschlag auf den Preis des öffentlichen Eigenkapitals gezahlt. Dies funktioniert so lange, wie die Private-Equity-Firmen einen langen Zeitraum haben, um ihre Investitionen zu realisieren, und solange sie über Liquidität verfügen. Irgendwann aber müssen die Investitionen, die sie tätigen, frisches Kapital aufnehmen, und dies muss zu einem bestimmten Preis auf dem Markt zu haben sein, entweder auf dem Fremdkapital- oder auf dem Aktienmarkt. Daher werden die öffentlichen und privaten Märkte wahrscheinlich nicht ewig unausgeglichen bleiben.
Dies alles geschieht vor dem Hintergrund einer sich deglobalisierenden Weltwirtschaft, in der die Regierungen mehr Wert auf Widerstandsfähigkeit als auf Effizienz, mehr Wert auf den Schutz der heimischen Arbeitsmärkte als auf eine kosteneffiziente globale Produktion und angesichts der anhaltenden Unsicherheiten in Bezug auf die Ukraine und sogar Taiwan mehr Wert auf Sicherheit legen. Infolgedessen bleiben die Arbeitsmärkte auf nationaler Ebene angespannter als in früheren Zeiten, da nicht mehr jedes Element der Produktion ins Ausland verlagert wird und die Bedeutung der heimischen Arbeitskräfte stärker ins Gewicht fällt. Dies erhöht an sich schon das Risiko von Boom/Bust-Politikzyklen, da die Zentralbanken eine antizyklische Geldpolitik betreiben.
Hauptsorge bereiten die USA – besonders die regionalen Banken
Die jüngsten IWF-Projektionen zeigen einen allmählichen Rückgang der Wachstumsprognosen für die USA. Die Industrieländer sehen insgesamt schwach aus, obwohl sich Europa erholt. Die Schwellenländer, insbesondere die asiatischen, scheinen widerstandsfähiger zu sein, was zeigt, dass sich das Wachstum von den USA weg verlagert. Viele europäische Aktien sind stark mit dem asiatischen Wachstum korreliert, so dass eine stärkere Erholung in Asien auch die europäischen Anlagen begünstigen dürfte. Unsere Erwartung einer Wachstumsverlagerung von den USA hin zu anderen Ländern und einer Verlagerung in der Bewertung von Vermögenswerten gilt auch für das zweite Quartal des Jahres, da viele der wichtigsten Unsicherheiten, die die Aussichten im zweiten Quartal beeinflussen werden, in den USA liegen.
Während die Aussichten außerhalb der USA relativ gut sind, ist dennoch wichtig, was in der größten Volkswirtschaft der Welt geschieht. Die Hauptsorge in Bezug auf die USA sind die mittelfristigen wirtschaftlichen Auswirkungen der regionalen Bankenkrise. Die Kreditvergabe der Geschäftsbanken ist seit der SVB-Episode deutlich zurückgegangen. Es ist völlig logisch, dass die Banken ihre Liquiditäts- und Kreditvergabe einschränken und mehr Kapital für sich selbst zurückhalten. Dies wird im zweiten Quartal dieses Jahres auf die US-Inlandswirtschaft übergreifen. Die Wachstumsimpulse in den USA während des Sommers scheinen weniger unterstützend zu sein als in der übrigen Welt, und das wird sich wahrscheinlich unmittelbar auf die Gewinnrücklagen auswirken.
US-Aktien könnten im Sommer stärker unter Druck geraten
Wenn die Anleger die Märkte weltweit betrachten, können sie sich ein Bild von den Bewertungen der Schwellenländeraktien machen, die insbesondere von China angetrieben werden. Betrachtet man die gängigen US-Aktien, so ist es schwieriger zu behaupten, dass bei den derzeitigen Kurs-Gewinn-Verhältnissen viel Wert vorhanden ist. Ich denke, dass dieser Bereich des Marktes im Laufe des Sommers zumindest relativ gesehen stärker unter Druck geraten könnte. Das Argument, dass Nicht-US-Anlagen besser abschneiden als US-Anlagen, ergibt sich aus den unterschiedlichen Wachstumsprofilen, die sie aufweisen.
Die fehlende Ertragsdynamik mag in den aktuellen Berichten der Unternehmen des S&P 500 Index noch nicht zum Ausdruck kommen, aber ich gehe davon aus, dass dies eine wichtige Quelle der Unsicherheit für die Märkte in der Zukunft sein wird. Anleger wollen mehr Beweise dafür sehen, dass die Gewinnprognosen, die in den Markt eingepreist sind, angesichts des Gegenwinds, der in der US-Binnenwirtschaft herrscht, tatsächlich eintreten können.
Im 2. Quartal werden wir auch die Debatte über die Schuldenobergrenze in den USA aufmerksam verfolgen, die auf einen Konfrontationskurs zusteuert. Eine Lösung ohne Zahlungsausfall wäre logisch, aber es würde mich überraschen, wenn wir dies ohne weitere Unsicherheiten erreichten. Auch dies ist ein US-amerikanisches Problem, das den Eindruck verstärkt, dass die Anleger außerhalb der USA investieren werden.
Weitere wichtige Aspekte sind der Inflation Reduction Act und der CHIPS and Science Act, bei denen es sich um interventionistische Industriepolitiken handelt. Es könnte sein, dass wir die Auswirkungen dieser Maßnahmen auf den US-Arbeitsmarkt noch nicht vollständig verstanden haben. Auch einige europäische Länder verlagern ihre Produktion verstärkt in die USA, um von den Subventionen zu profitieren. Es spricht einiges dafür, dass diese Maßnahmen das Wachstum in den USA weiterhin stützen und vielleicht das starke Ergebnis im ersten Quartal dieses Jahres erklären könnten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir uns in einem besseren Umfeld befinden als im letzten Jahr. Die Märkte sollten sich insgesamt relativ gut entwickeln. Die Renditen an den Anleihemärkten sind attraktiv und wir sehen außerhalb der USA günstige Kaufgelegenheiten. Vor dem Hintergrund der kumulativen geldpolitischen Straffung, werden wir weiterhin investieren und diejenigen, die nicht angemessen vorgesorgt haben oder zu viel Fremdkapital einsetzen, werden wahrscheinlich die Konsequenzen zu spüren bekommen. Daher erwarten wir zwar positive Märkte, allerdings nicht ohne Volatilität.
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Foto: David Dowsett © GAM Investments
Fehlende US-Ertragsdynamik als Quelle künftiger Unsicherheit
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