Nach den Wahlen am 17. Juni war es überraschend still um Griechenland geworden. Der Sieg der Reformparteien und die rasche Bildung einer Regierung weckten Hoffnungen, dass Griechenland zu seiner Reformagenda zurückkehren würde. Doch vor dem Besuch der „Troika“ aus Internationalem Währungsfonds (IWF), Europäischer Union und Europäischer Zentralbank (EZB) in Athen diese Woche überstürzten sich die Ereignisse. Als Ende letzter Woche klar wurde, dass die griechische Regierungskoalition mit 11,5 Milliarden Euro nur zwei Drittel der von den Gläubigern geforderten Sparvorgaben konkretisiert hat, folgte eine nur scheinbar nicht koordinierte Antwort seitens der Troika-Mitglieder. Die EZB verlautete am Freitag griechische Staatsanleihen nicht mehr anzunehmen. Verschiedene deutsche Zeitungen vermeldeten, dass es kein drittes Griechenland-Paket geben würde, weil sich Angela Merkel nach den schwierigen Abstimmungen über Spanien keine weitere Blöße geben könne. Ein Leck beim IWF ließ durchblicken, dass dieser keine weitere Finanzierung Griechenlands mehr empfehlen werde. Wie sind diese Signale zu werten?
Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass es sich bei diesen Berichten um Säbelrasseln handelt. Sie setzen Griechenland unter Zugzwang, die Reformen und Sparmaßnahmen ohne Wenn und Aber durchzusetzen. Tatsächlich ist die Glaubwürdigkeit Griechenlands nach den wiederholten Zielverfehlungen auf einem Nullpunkt und auch das Drohpotenzial eines Euroaustritts ist nach der Rettung der spanischen Banken geringer geworden. Wenn Griechenland nicht liefert, reißt der Geduldsfaden der Gläubiger.
Die Bank Sarasin geht davon aus, dass die griechische Regierung ihren Verpflichtungen nachkommen wird. Sie steht mit dem Rücken zur Wand, denn die Alternativen wären für Griechenland vernichtend. Bekäme der Staat kein Geld mehr von der Troika, müsste er auf Bargeldwirtschaft umstellen. Er würde von der Hand in den Mund leben, würde Pensionen, Gehälter und öffentliche Leistungen nur bezahlen, wenn ihm entsprechende Steuereinnahmen zufließen. Weil aber die Ausgaben die Einnahmen um Milliarden übersteigen, käme es zu Zahlungsverzögerungen. Vielen Griechen würde das Geld für die täglichen Besorgungen fehlen. Der Konsum würde noch weiter einbrechen.
Angesichts der Umfragen, die darauf hindeuten, dass eine überwältigende Mehrheit von 70 Prozent der Griechen für den Verbleib im Euro sind und angesichts der technischen Schwierigkeiten, die ein Euro-Austritt mit sich bringen würde, wird die Regierung vorerst am Euro festhalten. Es ist aber nicht auszuschließen, dass sie dazu übergehen wird, Rechnungen mit eigens gedruckten Schuldscheinen zu begleichen. Diese könnten dann die Keimzelle einer neuen sich rasch abwertenden Währung werden. Dieses Szenario ist nach diesem Wochenende wahrscheinlicher geworden. Griechenland ist jetzt am Zug dies zu verhindern.
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Griechenland - Der Geduldsfaden droht zu reißen
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