Unternehmensanleihen mit hoher Bonität (Investment Grade, IG) sind die Hauptnutznießer der von Maßnahmen der Währungshüter ausgelösten Suche nach laufenden Erträgen. Seit sechs Monaten fließt der Anlageklasse nun schon kontinuierlich Kapital zu. Im aktuellen Fixed Income Monatsbericht erläutert Andrea Iannelli, Fixed Income Investment Director von Fidelity International, warum Fidelitys Fixed-Income-Team für IG-Unternehmensanleihen aus Asien optimistisch bleibt, deren US-Pendants untergewichtet und europäische IG-Anleihen favorisiert.
„Die Aussicht auf Zinslockerungen der Zentralbanken kam Investment-Grade-Unternehmensanleihen im Juli zugute: In allen Regionen sanken die Risikoaufschläge, während die Gesamtrenditebilanz seit Jahresbeginn zweistellig ausfiel. Der im Frühjahr vollzogenen geldpolitischen Kehrtwende der US-Notenbank Fed hat sich zuletzt auch die stets gemäßigte EZB angeschlossen, die sogar noch einen Schritt weiter gehen will. Weil Anlagen mit regelmäßigen positiven Erträgen folglich immer schwerer zu finden sind, sahen sich Anleger gezwungen, anderswo nach Rendite zu suchen.
Mit dem jüngsten Renditerückgang bei Staatsanleihen summieren sich die Vermögenswerte mit negativer Verzinsung inzwischen auf 13 Billionen US-Dollar. Unternehmensanleihen mit hoher Bonität sind die Gewinner der durch Maßnahmen der Währungshüter ausgelösten Jagd nach laufenden Erträgen: Seit sechs Monaten fließt ihnen nun schon kontinuierlich Kapital zu.
Gewinne bei europäischen IG-Anleihen mitnehmen
Festzinspapiere europäischer Unternehmen stehen bei Anlegern besonders hoch im Kurs. Neben besseren Fundamentaldaten ist das auch der neuerlichen Unterstützung der EZB mit der Aussicht auf eine Neuauflage ihres Anleihekaufprogramms zu verdanken. Die ungebrochen hohe Nachfrage lockt Emittenten an den Markt. Nicht verwunderlich also, dass das Angebot an EUR-Papieren in diesem Jahr bislang um 30 Prozent über dem Vorjahresniveau liegt. Trotz der Flut an Neuemissionen wurde diese vom Markt gut aufgenommen. Auch die Rahmenbedingungen für europäische Unternehmensanleihen sind unverändert solide. Nach der jüngsten Rally und den nun engeren Spreads nehmen wir jedoch lieber Gewinne bei seit Langem übergewichteten Positionen mit. Inzwischen sind die Risikoaufschläge nicht mehr weit von ihren Anfang 2018 erreichten tiefsten Niveaus entfernt. Zudem werfen mehr als 20 Prozent der EUR-Unternehmensanleihen negative Renditen ab. Damit dürften bei EUR-IG-Papieren die meisten guten Nachrichten, die mit einer Wiederauflage der EZB-Anleihekäufe verbunden wären, eingepreist sein.
Die zweite Jahreshälfte wird einiges an Herausforderungen wirtschaftlicher und politischer Art bereithalten. Die von Trump angekündigte nächste Zollrunde auf chinesische Exporte mahnt Anleger, dass auch bei Ausfuhren aus Europa das Thema Strafzölle noch nicht vom Tisch ist. Derweil sind auf dem politischen Parkett in Europa der Brexit und die Haushaltsverhandlungen zwischen Italien und der EU die zentralen Faktoren, die die Stimmung und die Vermögenswerte auf dem alten Kontinent belasten könnten. Wir ziehen es deshalb vor, uns marktneutraler zu positionieren. Mit dem Wiederaufstocken unseres Engagements bei Unternehmensanleihen aus Europa werden wir warten, bis deren Kurse attraktiver geworden sind.
Handelsunsicherheiten dämpfen die Stimmung gegenüber US-IG-Anleihen
Im direkten Vergleich bevorzugen wir weiterhin europäische vor amerikanischen IG-Papieren, bei denen wir zu einer Untergewichtung übergehen. Der Schuldenberg von US-Unternehmen ist in den letzten Quartalen etwas kleiner geworden. Dass die Firmen jenseits des Atlantiks Maßnahmen zum Schuldenabbau und zur Verbesserung ihrer Bonität ergriffen haben, honorieren die Anleger. Tatsächlich haben deren Bedenken zu Jahresbeginn gegenüber BBB-Anleihen viele Finanzvorstände dazu veranlasst, sich auf die Verbesserung ihrer Bilanzen zu besinnen. Für Anleiheinvestoren ist das zwar eine gute Entwicklung, die in den Bewertungen aber größtenteils enthalten ist. Denn die Spreads von US-IG-Anleihen haben sich seit Jahresbeginn bereits um über 40 Basispunkte verengt. Unterdessen scheint das Gewinnwachstum bei bonitätsstarken amerikanischen Firmen ins Stocken geraten zu sein, was in nicht unerheblichem Maße den Handelskonflikten geschuldet ist. Die vor Kurzem von Washington angekündigten zusätzlichen Zölle auf Waren „made in China“ verheißen nichts Gutes für die Stimmung und die Rentabilität von US-Unternehmen. Darunter könnte deren Kreditqualität all ihrer Bemühungen zum Trotz leiden.
Zusätzliche Konjunkturmaßnahmen Chinas dürften asiatische IG-Anleihen stützen
Bei bonitätsstarken Anleihen aus Asien waren im Juli mit engeren Spreads und starken Gesamtrenditen seit Jahresbeginn ähnliche Trends wie in anderen IG-Märkten zu beobachten. Trumps letzte Zollrunde hat den Ausblick kurzzeitig etwas getrübt, denn angesichts der Gefahr von Vergeltungsmaßnahmen bleibt die Lage unsicher. Dennoch dürfte die Suche der Anleger nach regelmäßigen Erträgen die Anlageklasse weiterhin stützen. Wir bleiben übergewichtet, da Peking der Wirtschaft mit neuerlichen Maßnahmen unter die Arme greifen und damit etwas die negativen Folgen des Handelskrieges abmildern dürfte.“
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(Foto: Andrea Iannelli © Fidelity International)
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