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Marktausblick Januar 2024 - Anleger sollten dem Markt nicht hinterherlaufen

von Björn Jesch, Global Chief Investment Officer, DWS

Ende November waren wir in unseren Jahresprognosen davon ausgegangen, dass die großen Aktienmärkte bis Ende des Jahres 2024 ein hohes einstelliges Kurspotenzial haben. Die rasanten Kurssteigerungen im Dezember haben dazu geführt, dass diese Kursziele schon zu Beginn des Jahres erreicht oder übertroffen wurden. Zeit für eine Anhebung unserer Prognosen? „Momentan sehen wir keinen Grund, die Kursziele hochzuschrauben“, sagt Björn Jesch, Global CIO.  „Denn dafür müssten entweder die Renditen von 10-jährigen US-Staatsanleihen zum Jahresende deutlich unter den von uns erwarteten 4,2 Prozent liegen oder die Unternehmensgewinne deutlich besser ausfallen als bei unserer November-Prognose erwartet. Dafür gibt es momentan keine Anzeichen.“ Jesch sieht derzeit eine gewisse Sorglosigkeit an den Märkten. So liege der Volatilitätsindex für den S&P 500, der Vix, derzeit bei dem äußerst niedrigen Wert von 12. Das deute auf ein geringes Risikobewusstsein von Anlegern hin. „Für taktische Aktienanleger dürften sich im Laufe des Jahres bessere Einstiegszeitpunkte ergeben“, erwartet Jesch, der dem Markt nicht „hinterherlaufen“ möchte. Weniger hoch seien die Risikoprämien in Europa – speziell bei Nebenwerten – und in Japan. Dort verortet Jesch derzeit bessere Chancen für Aktienanleger als in den USA.

Konjunktur: Industrienationen schwächeln, China dürfte Talsohle durchschritten haben

—  2024 dürfte in den USA das Wachstum schwächeln, bevor es 2025 wieder deutlich anziehen könnte. Die instabile geopolitische Lage und weitere mögliche Eskalationen stellen ein erhebliches Risiko dar.

—  In der Eurozone dürfte die Wirtschaft 2024 ebenfalls nur sehr moderat wachsen. Dagegen dürfte in China die konjunkturelle Talsohle durchschritten sein, wovon auch andere Schwellenländer profitieren sollten.

Inflation: Zu früh für eine Entwarnung

—  Die Inflationsgefahr ist noch nicht gebannt. In Deutschland ist die Inflationsrate im Dezember auf 3,7 Prozent (November: 3,2 Prozent) gestiegen. Höhere Energiepreise – bedingt durch den höheren CO2-Preis – und nach wie vor steigende Lohnkosten könnten die Inflationsrate im Januar in Richtung vier Prozent hebeln.

—  In der Eurozone ist die Inflation im Dezember auf 2,9 Prozent (November: 2,4 Prozent) gestiegen. Besonders bei Dienstleistungen hält der Trend zu höheren Preisen an – plus vier Prozent im Dezember.

Notenbanken: Zinssenkungen könnten länger auf sich warten lassen, als die Märkte es erwarten

—  Die an den Märkten gehandelte Erwartung baldiger Zinssenkungen war ein wesentlicher Faktor für die Kursrallye im Dezember. Doch es mehren sich die Anzeichen, dass diese Erwartung verfrüht war.

—  Eine zentrale Rolle fällt der Entwicklung des Arbeitsmarktes zu – Stichwort Lohninflation. Hier deuten die jüngsten US-Daten nicht auf eine Entspannung hin. Die Zahl der neugeschaffenen Stellen ist gestiegen, das Lohnwachstum liegt im Jahresvergleich bei 4,1 Prozent. Die US-Notenbank wird es wohl nicht eilig haben, die Zinsen zu senken.

Aktien: Erhebliches Aufholpotenzial für europäische Nebenwerte

Aktienanleger hatten vergangenes Jahr viel Grund zur Freude. Fast alle großen Indizes lagen satt im Plus, trotz der diversen politischen Krisenherde – andauernder Krieg Russlands gegen die Ukraine, Nahostkonflikt.  Ganz vorne lagen US-Technologiewerte . Der Nasdaq Composite kam auf ein Jahresplus von 33 Prozent. Japanische Aktien verzeichneten ein Plus von 29 Prozent. Der S&P500 legte um gut 26 Prozent zu, getragen von dem Kursfeuerwerk der „glorreichen Sieben“, den größten Unternehmen im S&P 500, die 2022 allerdings fast die Hälfte ihres Wertes eingebüßt hatten. Ebenfalls sehr gut entwickelten sich Aktien der Eurozone: Der EuroStoxx 50 lag mit gut 23 Prozent im Plus. Die Kehrseite dieser Entwicklung: Die Kurse sind schon so weit gelaufen, dass wir momentan fast durchgehend wenig Aufwärtspotenzial sehen.

Zu den wenigen Ausnahmen gehören europäische Nebenwerte, die in der Wertentwicklung in den letzten zwei Jahren deutlich hinter den Standardwerten zurückgeblieben sind. „Nebenwerte sind so günstig bewertet wie seit 15 Jahren nicht mehr“, sagt Philipp Schweneke, Co-Head für europäische Aktien. Die Marktteilnehmer tendierten dazu, diese Titel in Zeiten höherer Inflationsraten und höherer Zinsen abzustrafen. Unter anderem deswegen, weil sie unterstellten, dass die kleinen Titel wegen einer höheren Verschuldung anfälliger in diesen Konstellationen seien. Das sei aber ein Mythos. Schweneke: „In Europa sind die Nebenwerte tatsächlich weniger stark verschuldet als die Standardwerte. Auch beim erwarteten Gewinnwachstum für 2024 und 2025 liegen die kleinen und mittelgroßen Aktien deutlich vor den großen Werten.“ Derzeit gebe es eine ganze Reihe von äußerst interessanten Titeln mit einem gesunden Wachstum und moderaten Bewertungen.

Anleihen: Märkte derzeit wohl etwas zu optimistisch in Sachen Zinssenkungen

Nennenswerte laufende Renditen – das war die große Änderung des Jahres 2023 bei Anleihen. Zweijährige US-Staatsanleihen rentierten zwischenzeitlich mit fünf Prozent, US-Hochzinsleihen mit zehn Prozent. Gegen Ende des Jahres gingen die Renditen dann recht abrupt zurück. Die Gründe hierfür sind für Oliver Eichmann, Head of Rates Fixed Income EMEA, dass die Inflationsdaten in den USA und Europa niedriger ausgefallen seien als von vielen Marktteilnehmern erwartet. Dazu komme, dass  Zentralbanken wie die US-Fed und die Europäische Zentralbank (EZB) signalisierten, dass die Phase der Zinser-höhungen zu Ende gehe. „Ich denke, dass der Optimismus in Sachen Zinssenkungen an den Anleihemärkten zu hoch war – zwischenzeitlich waren für die EZB 1,5 Prozentpunkte bis Ende 2024 eingepreist. Wir erwarten bis Jahresende ein Absenken der Leitzinsen um 0,75 Prozentpunkte“, so Eichmann. Die Märkte dürften deshalb in den nächsten Wochen etwas nach unten korrigieren. Auch bei Hochzinsanleihen mahnt er kurzfristig zur Vorsicht. Die Zinsaufschläge gegenüber Staatsanleihen hätten sich in letzter Zeit etwas zu stark eingeengt und könnten wieder etwas größer werden.

www.fixed-income.org
Foto: Björn Jesch © DWS


 

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