Für das kommende Jahr rechnen wir in unserem Basisszenario mit einer milden und im historischen Vergleich kurzen Rezession in den USA in der ersten Jahreshälfte. Die stark konsumorientierte US-Wirtschaft dürfte sich infolge eines schwächeren Arbeitsmarkts, restriktiver Finanzierungsbedingungen und eines nachlassenden US-Fiskalimpulses deutlich abkühlen. Auch in Europa erwarten wir eine Rezession, wenn auch bereits früher und etwas schwerer. Zudem wird eine sich abschwächende Konjunktur Druck auf die Unternehmensgewinne ausüben, wenn auch diese dann von sinkenden Lohnkosten gestützt werden dürften.
Nicht zuletzt aufgrund des erhöhten Zinsniveaus und des intakten Disinflationsprozesses verfügen die Zentralbanken wieder über den nötigen Handlungsspielraum, um in diesem Szenario die Konjunktur durch expansive geldpolitische Maßnahmen zu stützen und so eine länger andauernde und schwere Rezession zu verhindern. Das Umfeld unterscheidet sich also grundsätzlich von den 1970er-Jahren, als trotz schwacher Konjunktur keine geldpolitische Lockerung möglich war.
Im Verlauf der zweiten Jahreshälfte gehen wir von einer beginnenden Normalisierung des wirtschaftlichen Umfelds in den USA und Europa aus, wobei sich das Wirtschaftswachstum wieder leicht unterhalb des Trendwachstums einpendeln dürfte. Aufgrund verminderter Globalisierungseffekte, andauernder geopolitischer Spannungen und einer im Durchschnitt weniger lockeren Geldpolitik als seit der Finanzkrise 2008 rechnen wir mit strukturell etwas höheren Inflationsraten und Zinssätzen. Teilweise preisdämpfend und gleichzeitig wachstumsfördernd wiederum dürfte sich die verbreitete Anwendung künstlicher Intelligenz mit anhaltenden Produktivitätsfortschritten auswirken.
Ein weiterer Faktor sollte allerdings in die Überlegungen einbezogen werden: Der massive Anstieg der Staatsverschuldung, insbesondere in den USA. Dort hat die Verschuldung mittlerweile 130 Prozent des Bruttoinlandsprodukts überschritten. Da gleichzeitig die Durchschnittsverzinsung auf den Schulden schnell ansteigt, resultiert daraus ein massiv erhöhter Schuldendienst, der mit zusätzlicher Ausgabe von Staatsanleihen finanziert werden muss. Es ist kaum mehr möglich, die Staatsverschuldung nur über Steuereinnahmen wieder zu reduzieren.
Insgesamt ergibt sich damit zumindest temporär ein Aufwärtsdruck bei den langfristigen US-Staatsanleihenzinsen. Allerdings dürfte der negative Einfluss auf die Konjunktur und die Aktienmärkte beschränkt bleiben. Einerseits besteht bei einem Zinsniveau von über fünf Prozent schnell zunehmende Nachfrage nach US-Staatsanleihen von institutionellen Investoren, was zinsdämpfend wirkt. Andererseits wird die Fed bei Bedarf wieder einspringen, die Bilanz ausweiten und eine Eskalation der Lage verhindern. Auch hier besteht nach dem bisherigen Bilanzabbau wieder ein größerer Handlungsspielraum.
In diesem Szenario spricht vieles für gut diversifizierte Unternehmensanleihen. Investment-Grade-Unternehmensanleihen sollten stark von einer Lockerung der Geldpolitik profitieren können, aber auch High-Yield-Unternehmen dürften die möglicherweise niedrigeren Refinanzierungsraten zugutekommen. Zusätzlich stellen solide Fundamentaldaten und weiterhin niedrige Ausfallraten eine robuste Ausgangslage dar. In den Schwellenländern sehen wir ebenfalls, gerade bei höherwertigen Unternehmen mit soliden Bilanzen und kurzen Laufzeiten, eine attraktive Verzinsung.
Außerdem stellen Wandelanleihen dank ihrer Asymmetrie eine interessante Alternative für direkte Aktieninvestments dar. Zudem ist die relative Bewertung der Aktien aus dem Wandelanleihenuniversum gegenüber dem globalen MSCI-Aktienuniversum in den vergangenen zwei Jahren auf ein historisches Tief gefallen. Bei einer Lockerung der Geldpolitik erwarten wir eine Umkehrung dieses relativen Trends. Damit ergibt sich für das Jahr 2024 ein äußerst interessantes Chancen-/Risiko-Verhältnis von Wandelanleihen im Vergleich mit dem globalen Aktienmarkt.
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Foto: Beat Thoma © Fisch Asset Management
Normalisierung des wirtschaftlichen Umfelds in Reichweite
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