Prof. Dr. Jan Viebig, Chief Investment Officer der ODDO BHF SE, kommentiert wöchentlich was die Märkte bewegt. In seinem aktuellen CIO View verweist auf drei Risiken, die Anleger in diesem Jahr im Blick haben sollten. Viebig zufolge wird die Perspektive höherer Zinsen in Europa und den USA weiter auf der Bewertung von Aktien lasten. Die geopolitischen Risiken dürften zudem zu einer höheren Volatilität an den Märkten führen und können auch unvorhergesehene Kursreaktionen an den Börsen auslösen. Aktien sind auch weiterhin auf mittlere Sicht eine attraktive Anlage. Denn die Konjunktur zeige in allen großen Wirtschaftsräumen leichte Aufhellungstendenzen. Wegen der kurzfristigen Risiken bleibt ODDO BHF in der Gewichtung von Aktien diszipliniert:
„… 1. Risiko: Steigende Zinsen. In den USA wie auch in Europa scheint sich die Inflation zäher zu halten als ursprünglich angenommen. Anfangs ging die Teuerung von dramatisch in die Höhe gegangenen Preisen für Erdöl aus. Nun scheint sie jedoch in der breiten Wirtschaft angekommen zu sein. Denn auch die Kerninflation, in der die volatilen Preise für Energie und Nahrungsmittel ausgeklammert werden, ist immer noch sehr hoch….
Die amerikanische Notenbank Fed hat bereits signalisiert, dass sie mit weiteren Zinserhöhungen reagieren wird. Damit ändern die Marktteilnehmer ihre Erwartungen: Es liegen nun mehr Zinsschritte der Fed im Bereich des Möglichen und am Ende auch ein höherer Zinssatz…
Auch im Euroraum sinkt die Inflation, bleibt aber hoch. …Was die EZB unternehmen wird, ist noch ungewiss. Sie hatte nach ihrer Ratssitzung Anfang Februar angekündigt, auf ihrer Sitzung am 16. März die Zinsen um 50 Basispunkte (0,5 Prozentpunkte) anzuheben. Die Frage ist nun: Bleibt die EZB bei ihrem Fahrplan, oder wird auch sie ihre Zinserhöhungen in der Zeit und in der Höhe ausdehnen?…
2. Risiko: Geopolitik. Am Freitag jährte sich der russische Einmarsch in die Ukraine. Auch nach einem Jahr ist ein Szenario, wie dieser Krieg beendet werden kann, nicht in Sicht. Als sicher gilt, dass dieser Krieg erhebliche geopolitische Folgen haben könnte. Wurde schon der amerikanische Rückzug aus Afghanistan in weiten Teilen der Erde als Zeichen der Schwäche gesehen, so formieren sich nun neue Allianzen, die sich außerhalb der Weltordnung befinden, wie sie nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden ist…
China beobachtet den Verlauf des Russland-Ukraine-Konflikts sowie die Reaktionen des Westens genau. Die von China daraus gezogenen Schlüsse können vor allem mit Blick auf die zunehmenden Spannungen um Taiwan geopolitische Folgen haben. Auch haben die fünf Staaten der BRICS-Gruppe (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) ihre Zusammenarbeit verstärkt. Südafrika hat diese Woche Marinemanöver mit China und Russland durchgeführt. Auch sollen weitere Staaten wie die Türkei, Algerien oder Saudi-Arabien und Argentinien in die Gruppe aufgenommen werden. Ob sich die BRICS künftig in Opposition zu den etablierten internationalen Institutionen wie der Welthandelsorganisation WTO oder komplementär zu ihnen definieren werden, ist noch nicht endgültig geklärt….
3. Risiko: Unternehmensberichte. Die Berichtssaison in den USA und Europa ist in vollem Gange. Die meisten Unternehmen haben Zahlen für das vierte Quartal 2022 und damit für das Gesamtjahr 2022 vorgelegt. Die Berichtssaison ist oft eine Marktphase, die zusätzliche Volatilität in die Märkte bringt, je nachdem wie die Märkte die veröffentlichten Ergebnisse aufnehmen. …
Angesichts der veröffentlichten Zahlen lassen sich bisher zwei Tendenzen ablesen: Unter dem Strich haben sich die Zahlen bisher robust erwiesen. Dabei schneiden europäische Unternehmen insgesamt etwas besser ab als amerikanische. Das bestätigt uns in unserer Einschätzung, dass sich europäische Aktien bis auf Weiteres besser entwickeln dürften als amerikanische. …“
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Foto: Prof. Dr. Jan Viebig © ODDO BHF SE
ODDO BHF CIO View: Drei Risiken, die jetzt in den Blickpunkt rücken
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