Die globalen Aktienmärkte waren in den vergangenen Tagen von extremer Volatilität geprägt; die wichtigsten Indizes verzeichneten starke Verluste. Seit Dienstag erholen sich einige Märkte wieder. Aber was hat den Ausverkauf verursacht und wie besorgt sollten Anleger:innen sein?
Zunächst ist es wichtig, daran zu erinnern, dass starke Kursrückgänge an den Aktienmärkten kein ungewöhnliches Ereignis darstellen. Simon Webber, Head of Global Equities bei Schroders, sagt: „In den letzten Tagen gab es einen heftigen Ausverkauf bei Aktien, der vor allem Konsens- und überfüllte Trades getroffen hat. Dies muss jedoch im Kontext der außergewöhnlich starken Aktienmärkte seit Oktober 2023 gesehen werden. Eine Korrektur ist vollkommen gesund und normal.“
Mehrere Faktoren kamen zusammen und lösten die Schwäche an den Märkten aus. Dazu gehören schwächere US-Wirtschaftsdaten, die Rezessionsängste schüren, und die Erwartung schneller Zinssenkungen wecken, eine überraschende Zinserhöhung der Bank of Japan und Sorgen um Unternehmensgewinne.
Die US-Notenbank hatte bei ihrer jüngsten Sitzung die Zinsen auf ihrem 23-Jahres-Hoch belassen, trotz einiger Anzeichen für eine nachlassende Inflation. Dazu fiel der am Freitag veröffentlichte US-Arbeitsmarktbericht schwach aus: Der Blick auf die Zahl der Beschäftigten außerhalb der US-Landwirtschaft zeigte, dass im Juli 114.000 Arbeitsplätze geschaffen worden waren, was deutlich unter der Konsenserwartung von 175.000 lag. Die Arbeitslosenquote stieg zugleich auf 4,3%.
George Brown, Senior US Ökonom sagt: „Das Problem ist, dass die Fed im Juni lediglich eine Zinssenkung in diesem Jahr signalisiert hat. Das war zu restriktiv und hinderte sie daran, im Juli schnell zu reagieren. Die Fed könnte im September um 50 Basispunkte senken, um die verlorene Zeit aufzuholen. Der Markt preist jetzt aber fünf Zinssenkungen im Jahr 2024 ein, was eine Überreaktion ist.
In vielerlei Hinsicht zeigen die jüngsten schwächeren Arbeitsmarktdaten, dass höhere Zinssätze wie beabsichtigt wirken: Wenn die Zinssätze restriktiv sind, würde man erwarten, dass der Arbeitsmarkt nachgibt. Außerdem ist ein Großteil des Anstiegs der Arbeitslosenquote auf das neue Arbeitskräfteangebot infolge der Einwanderung über die südliche US-Grenze zurückzuführen.
Man sollte nicht zu viel in den Arbeitsmarktbericht eines einzigen Monats hineininterpretieren. Wir müssen mindestens noch ein paar Monate abwarten, um zu sehen, ob es sich um einen Trend handelt. Die Zahlen zum Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal aus den USA waren solide, mit einem Anstieg des BIP um 2,8 % auf Jahresbasis. Wir glauben nicht, dass die jüngste Schwäche der US-Daten einen Ausverkauf in dem Ausmaß rechtfertigt, wie wir ihn in den letzten Tagen erlebt haben."
Quartalsergebnisse zum zweiten Quartal weitgehend positiv
Der Ausverkauf an den Märkten fiel mit der Berichtssaison für das zweite Quartal zusammen. Dabei hatte diese wenig Anlass zur Besorgnis gegeben. Simon Weber sagt: „Die Ergebnisse waren über die großen Aktienmärkte hinweg recht robust, auch wenn sich beim Verbrauch Schwächen zeigten. Die jüngsten Marktbewegungen reflektieren einen etwas unsichereren Ausblick für die US-Wirtschaft. Das führte zu der niedrigeren Bewertung der US-Aktien, auf die wir schon seit einiger Zeit hingewiesen haben.“
Tatsächlich gab es in der nun etwa zu 75% abgeschlossenen Berichtssaison für den amerikanischen S&P 500 mehr positive Überraschungen denn Enttäuschungen. Tina Fong, Strategin, weist darauf hin, dass „das Gewinnwachstum mit 14% gut war, und über den Konsenserwartungen zu Beginn dieser Berichtssaison lag. Es scheint, als wäre der Markt enttäuscht, dass das Ausmaß der positiven Gewinnüberraschungen im Vergleich zu den vorherigen Quartalen weniger deutlich ausfiel.“
Die Verkaufswelle an den Märkten traf vor allem einige zuvor beliebte Sektoren, wie etwa Technologiewerte. Mehrere große US-Technologieunternehmen hoben in der Berichtssaison Ausgaben für KI hervor. Tina Fong fügt hinzu: „Für Investor:innen bleibt die Fähigkeit dieser Technologieunternehmen, ihre KI-Ausgaben zu monetarisieren, in den kommenden Quartalen ein wichtiges Thema.“
Welche Auswirkungen hat dies auf Aktienanleger:innen?
Vor allem der japanische Markt war in den letzten Tagen unter Druck geraten, aber der jüngste Zinsschritt der Bank of Japan ist nicht unbedingt eine schlechte Nachricht für Aktien. Eine Umkehrung der Yen-Schwäche, gepaart mit Lohnwachstum, dürfte den Konsum stützen. Basierend auf diesen wirtschaftlichen Trends behalten wir einen positiven Ausblick auf die Ertragsstärke der japanischen Unternehmen insgesamt bei. Das wirft die Frage auf, ob die Märkte anderer Länder, die zuletzt underperformt hatten, relativ gesehen besser abschneiden können.
Nick Kissack, Fondsmanager European and UK Equities, fügt hinzu: „Wir fragen uns, ob die Korrektur der letzten Tage der Beginn von etwas Substanziellerem ist und die US-Märkte nach unten führt. Wäre das der Fall sein, sollte man im Hinterkopf behalten, dass Großbritannien über sechs bis sieben Jahre nach dem TMT-Höhepunkt (Technologie, Medien, Telekommunikation) im Jahr 1999 ein starker Outperformer war. Mit Blick auf die Fundamentaldaten weist Großbritannien eine gute Widerstandsfähigkeit im Vergleich zu dem sehr viel gemischteren Bild weltweit auf.“
Simon Webber sagt: „Wir haben eine erhöhte Volatilität an den Aktienmärkten erwartet, angesichts der Diskrepanz zwischen optimistischen Konsenserwartungen, uneinheitlichen Wirtschaftsdaten und einer offensichtlichen Fehlbewertung von Risiken. Daher bleiben wir bewusst gut diversifiziert mit einer ausgewogenen Exponierung gegenüber zyklischen und defensiven Segmenten des Marktes. Ein Soft Landing der Wirtschaft bleibt unser zentrales Szenario und wir erwarten weiterhin, dass die Aktienmärkte mittelfristig von einem moderaten Wachstum der Unternehmensgewinne gut unterstützt werden.
Letztendlich waren die Aktienmärkte anfällig für eine Korrektur, aber die Fundamentaldaten vieler Unternehmen sind anständig und die erhöhte Volatilität bietet die Gelegenheit, sich bei Verwerfungen neu zu positionieren.“
www.fixed-income.org
Foto: Simon Webber © Schroders
Schroders: Was steckt hinter dem Ausverkauf an der Börse?
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