Im 'Standpunkt German Mittelstand' äußert sich das Team um Ralf Meinerzag (CIO des STEUBING GERMAN MITTELSTAND FUND I) regelmäßig zum Markt für Mittelstandsanleihen und Fragen der Finanzierung von kleinen und mittleren Unternehmen. Angesichts der zu erwartenden Neu-Emissionen im September nutzen wir das 'Sommerloch', um in unserer ersten Ausgabe auf das erste Halbjahr der Mittelstandsanleihen zurück zu blicken. Genau dem Motto des französischen Schriftstellers André Malraux folgend: 'Wer in der Zukunft lesen will, muss in der Vergangenheit blättern.' Wir haben vier Trends im ersten Halbjahr 2013 identifiziert.
Trend 1: Hohe Kupons ersetzen keine ausgewogene Bilanz
Der Markt für Mittelstandsanleihen zeigte in den ersten Monaten eine enorm ausgeprägte Emissionstätigkeit. Stand Ende Juli 2013 wurden 34 neue Anleihen (darunter fünf Aufstockungen) begeben, womit der Wert des Vorjahres - das gesamte Jahr 2012 hatte 32 Anleiheemissionen gesehen - bereits nach sieben Monaten nahezu egalisiert wurde. Diese Entwicklung zeigt, dass das Instrument der Mittelstandsanleihe dabei ist, zu einem anerkannten dritten Baustein der Unternehmensfinanzierung neben Bankkredit und Eigenkapital zu werden. Die Zahlen sind allerdings kein Grund für vorbehaltlose Jubelstürme, wie ein Blick auf die Platzierungsergebnisse zeigt: Nachdem der Markt bis Mai ordentlich angelaufen war, konnten von den 20 im Juni und Juli begebenen Anleihen (davon vier Aufstockungen) lediglich sieben (davon zwei Aufstockungen) voll platziert werden, obwohl Investoren im aktuellen Niedrigzinsumfeld nach wie vor auf der Suche nach Rendite sind. Die Gründe für die ausgebliebenen Zeichnungserfolge sind vielfältig: Zweifel am Geschäftsmodell, offene Fragen zur Verwendung des Emissionserlöses, Bedenken hinsichtlich der Fähigkeit die Zinskupons zu bedienen, unausgewogene Bilanzen. Für Ralf Meinerzag steht fest: 'Investoren zeichnen zu recht nicht mehr blind alles, wo das Etikett 'Mittelstandsanleihe' drauf steht, sind kritischer geworden und lassen sich von den teilweise enorm hohen Kupons nicht blenden.' Vielmehr gilt es, mit aufmerksamen Blick und - wo die Möglichkeit hierzu besteht - eigener Due Diligence die Perlen im gewachsenen Angebot zu entdecken.
Trend 2: Besicherte Immobilien-Anleihen sind zumeist attraktiv
Während die zahlreichen Ausfälle von Anleihen aus der Branche der Erneuerbaren Energie in der Öffentlichkeit schon ausführlich genug beklagt wurden, ist ein anderer Trend noch eher wenig beachtet: Die enorm aktive Immobilien-Branche. Nicht nur die hohe Anzahl an Immobilien-Anleihen (bereits neun Emissionen in 2013, darunter eine Aufstockung) fällt ins Auge, auch die Platzierungsergebnisse überzeugen: Mit einer durchschnittlichen Platzierungsquote von 87% des geplanten Emissions-Volumens wurde der Gesamtmarkt (67%) deutlich geschlagen. In diesem Durchschnittswert sind sowohl Voll-Platzierungen enthalten (Cloud No7, Amadeus Vienna Campus, Adler SE, Grand City Properties), aber auch Ergebnisse wie die der Euroboden GmbH, die von geplanten 15 Mio. EUR lediglich 3,1 Mio. EUR einsammeln konnte. 'Die vom Markt positiv aufgenommenen Emittenten verfügten sämtlich über eine Besicherung. Bei Anleihen aus der Immobilienbranche lohnt daher ganz besonders ein Blick auf das Geschäftsmodell. Strategisch gut aufgestellte Emittenten zeigen eine klare Strategie im Emissionsprospekt auf, geben die Immobilien, die zum Erwerb stehen, mit der Höhe des Verkehrswerts an und bieten teilweise eine Besicherung durch Grundpfandrechte', erklärt Ralf Meinerzag diese Besonderheit.
Trend 3: Zunahme von Minibonds
Ralf Meinerzag identifiziert die Zunahme von Minibonds als dritten Trend: 'Eine stetig wachsende Zahl von Mittelständlern plant kleinvolumige Schuldverschreibungen. Kamen 2012 insgesamt acht Anleihen mit einem Volumen von 20 Mio. EUR oder kleiner an den Markt, so liegt diese Zahl schon jetzt bei 13, darunter drei Aufstockungen. Mini-Bonds sind an sich nicht verwerflich und es wäre nicht stimmig, wenn ein Mittelständler mit einem Finanzierungsbedarf von 15 Millionen Euro eine 50 Mio.-Anleihe an den Markt gäbe, nur um bestimme Grenzen zu überschreiten.' Dennoch muss den Beteiligten klar sein, dass bei einer Anleihe mit einem geringen Volumen die Handelbarkeit potenziell abnimmt und die Kostenbelastung prozentual steigt. Zudem ist der Kreis der angesprochenen Investoren eingeschränkt, da insbesondere große institutionelle Adressen aufgrund ihrer Anlage-Regularien bei kleinen Emissionen nicht investieren dürfen bzw. sich der Aufwand nicht lohnt. Der Investorenkreis für die Minibonds ist ein somit gänzlich anderer als für Anleihen größerer Volumina und es sind primär Spezialinstitute, Mittelstandsfonds, Vermögensverwalter und Family Offices gefragt, die eine Buy-and-Hold-Strategie verfolgen.
Trend 4: Kein Markt für Day-Trader
Ein Blick auf den Sekundärmarkt liefert ein zwiespältiges Bild: Egal ob Hallhuber Beteiligungs GmbH (Pricing am ersten Handelstag 96.45/96.50), gamigo (93,71/93,75) oder auch die Peine GmbH (98,00/100,00) - nicht selten rutschte der Kurs gleich am ersten Handelstag gen Süden und fiel teilweise deutlich unter 100%. Investoren, die eine Anleihe ohnehin bis zur Fälligkeit halten möchten, können über diesen Trend hinweg sehen. Wer hingegen auf schnelle Zeichnungsgewinne hofft, muss hier enorm aufmerksam sein, sind doch die Gründe für das Phänomen der fallenden Kurse vielschichtig und in der Gemengelage aus Verhalten der Konsortialbanken, mangelnder Liquidität oder manchmal auch tagesformbedingt schlechter Presse über Mittelstandsanliehen im Allgemeinen zu suchen.
Wenn diese Beispiele den Effekt haben, dass sich Day-Trader aus diesem Markt verabschieden, so muss dies kein Nachteil sein: Der Mittelstand mit Attributen wie Solidität und Verlässlichkeit hat auch eben solche Investoren verdient.
Fazit und Ausblick
'Viele Marktbeobachter werden das erste Halbjahr am Markt für Mittelstandsanleihen als enttäuschend einstufen, nicht zuletzt wegen der vielen Teilplatzierungen in den vergangenen Wochen. Wir sehen dies eher als normales Zeichen einer Marktkonsolidierung und ein Indiz dafür, dass Investoren das Segment grundsätzlich wohlwollend, aber eben auch kritisch und anspruchsvoll beobachten sollten - und das ist auch gut so', erklärt Ralf Meinerzag.
Standpunkt German Mittelstand
Im 'Standpunkt German Mittelstand' äußert sich das Team um Ralf Meinerzag (CIO des STEUBING GERMAN MITTELSTAND FUND I) regelmäßig zum Markt für Mittelstandsanleihen und Fragen der Finanzierung von kleinen und mittleren Unternehmen. Der STEUBING GERMAN MITTELSTAND FUND I investiert in Mittelstandsanleihen aus dem deutschsprachigen Raum und bietet seinen Investoren die Möglichkeit, in das Segment der Mittelstandsanleihen diversifiziert und liquide zu investieren.
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