Aufgrund der weiterhin dynamischen Lage im Ukraine-Konflikt, lassen sich die wirtschaftlichen Auswirkungen noch nicht bemessen. Eine weitere Verschärfung von Sanktionen, vor allem die Einstellung von russischen Erdgaslieferungen nach Europa könnte die derzeit schon hohen wirtschaftlichen Kosten noch einmal deutlich erhöhen. Klar ist aber, dass Deutschland und Europa sowie einige weitere Volkswirtschaften durch die weitgehende Abkopplung des Außenhandels von Russland und steigende Energiepreise einen erneuten Angebotsschock erleben, der Lieferketten belastet und zu massiven Produktionspreissteigerungen führt. Die unternehmerische Planbarkeit wird deutlich erschwert worunter Investitionsbereitschaft und Konsum leiden. Die wirtschaftlichen Sanktionen haben Russland mittlerweile nahezu völlig von Importen aus der westlichen Welt abgekoppelt. Wichtige technische Komponenten – wie Halbleiter, Elektrotechnik, KfZ-Teile und Maschinen – können damit nur noch sehr beschränkt, bspw. aus China bezogen werden. Russische Exporte von Energierohstoffen, vor allem Gas, wurden bisher nicht unterbrochen. Allerdings hat die Unterbrechung ukrainischer Lieferungen bereits konkrete Auswirkungen, bspw. in Form von Produktionsdrosselungen der europäischen Automobilindustrie aufgrund fehlender Kabelbäume und anderer Komponenten. Auch ukrainische Weizenexporte dürften im weiteren Jahresverlauf deutlich geringer ausfallen mit der Folge steigender Nahrungsmittelpreise und möglicherweis notwendiger Rationierungen in wichtigen Abnehmerregionen, bspw. in Nordafrika. Ebenfalls massive Auswirkungen haben privatwirtschaftliche Konsequenzen in Form von geschlossenen Produktionsstätten ausländischer Unternehmen in Russland, beendeten Kooperationen und Joint Ventures, der Schließung von Repräsentanzen in Russland, Flugverbote sowie der Einstellung von Frachttransit und sonstigen Geschäftstätigkeiten in nahezu allen Branchen. Da allein der Anteil der EU am russischen Außenhandel 37 Prozent beträgt, ist eine heftige Rezession für die russische Volkswirtschaft in diesem Jahr nicht mehr vermeidbar. Entscheidend für den weiteren Verlauf des Konflikts ist weiterhin die Rolle und Reaktion Chinas. Die Regierung in Peking versucht gerade eine politische Gratwanderung, indem man sich zwar nicht an den Sanktionen beteiligt, aber gleichzeitig den Westen nicht durch ein Untergraben der Sanktionen, also ein kurzfristiges Einspringen für ausgefallene russische Handelspartner, brüskieren möchte. Die wirtschaftliche und finanzielle Verflechtung Chinas mit dem Westen ist deutlich weitgehender als die Russlands. Die bereits deutlich gestiegenen Rohstoffpreise sind eindeutig nicht im Sinne Chinas, das erhebliche Mengen an Energie- und Agrarrohstoffen importiert. Mittelfristig wird sich Russland mangels Alternativen enger an China binden müssen. Da China aber deutlich weniger auf Russland angewiesen ist, dürfte Peking die Konditionen der künftigen Zusammenarbeit bestimmen. Der Ukraine-Konflikt führt zu einer Neuordnung globaler Handelsbeziehungen. Der Trend zur Regionalisierung von Produktion und das Bestreben von Volkswirtschaften und Unternehmen, weniger abhängig von einzelnen Zulieferstaaten und damit resilienter zu werden, dürfte eines der treibenden wirtschaftlichen Kräfte der kommenden Jahre sein. Entsprechend werden Anbieter von Erneuerbaren Energien, Ausstatter für LNG-Anlagen oder sonstige Energiequellen profitieren.
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Foto: Carsten Mumm © Privatbank DONNER & REUSCHEL
Ukraine-Konflikt führt zu einer Neuordnung globaler Handelsbeziehungen
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