Bislang ist es der zypriotischen Regierung nicht gelungen, eine Steuer auf Bankeinlagen zu verabschieden, die den Eigenanteil Zyperns am Rettungspaket zu einem wesentlichen Teil decken würde. Die Gespräche werden fortgesetzt. Derweil bleiben die Banken geschlossen. Aber die Uhr tickt. Irgendwann müssen die Banken wieder öffnen.
Das Rettungskonzept ist recht einfach und mittlerweile allgemein bekannt: Zypern braucht 16 Mrd. Euro, um sein aufgeblähtes Bankensystem zu rekapitalisieren. 2012 hat es stark unter der Umschuldung Griechenlands gelitten, und die unzureichende Aufsicht seit dem Euro-Beitritt im Januar 2008 hat zu einer extremen Unterkapitalisierung geführt. Die Kreditgeber – die europäischen Partner und vielleicht auch der IWF – sind bereit, dem Land 10 Mrd. Euro zu leihen, wenn es die restlichen 6 Milliarden selbst aufbringt. Eine Restrukturierung der Staatsschulden ist keine Alternative, denn erstens halten die Banken den überwiegenden Teil und zweitens hat die EU geschworen, dass sich eine Umschuldung nach griechischem Muster nicht wiederholen wird. Die neue EU Bankenregulierung nach der Krise beruht auf der Vorstellung, dass steuerfinanzierte Rettungsaktionen so klein wie möglich sein sollen. Stattdessen sollen Aktionäre und Gläubiger stärker zur Kasse gebeten werden. Demnach müsste ein Teil des Fremdkapitals zypriotischer Banken in Eigenkapital umgewandelt werden, ein sogenannter Bailin. Theoretisch kein Problem.
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Soeben erschienen: BOND YEARBOOK 2012/13 -
Das Nachschlagewerk für Anleiheinvestoren und -Emittenten
Renommierte Autoren und Interviewpartner nehmen Stellung zu den Themenfeldern High Yield-Anleihen, Mittelstandsanleihen, Covered Bonds, Investmentstrategien sowie Tax & Legal. Das jährliche Nachschlagewerk erscheint bereits im 4. Jahrgang und hat einen Umfang von 108 Seiten. Die Ausgabe kann zum Preis von 29 Euro beim Verlag bezogen werden:
http://www.fixed-income.org/fileadmin/2012-11/Flyer_Bestellformular_BondBook_12_13.pdf
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Zyperns Banken sind anders
Aber praktisch: 91% der Passiva zypriotischer Banken sind … Bankguthaben. Auf Aktien und nachrangige Anleihen entfallen maximal 9%, der Anteil erstrangiger Anleihen ist vernachlässigbar. Die Gläubiger sind also Kontoinhaber. Deshalb waren sich der IWF, die EZB, die Europäische Kommission und die zypriotische Regierung schnell einig, dass sich ein Bail-in nicht auf Aktionäre und nachrangige Anleihegläubiger beschränken kann und vor den Kontoinhabern nicht Halt machen darf. Das entspricht nicht nur dem neuen Regulierungsrahmen der EU, sondern ist auch ökonomisch sinnvoll. Die Gläubiger (also die Kontoinhaber) sind Risiken eingegangen, die nicht vollständig von den Steuerzahlern übernommen werden können. Politisch schwierig wird die Angelegenheit aber durch die Struktur der Bankguthaben.
Von den offiziell 68 Mrd. Euro Einlagen entfallen 37% auf Ausländer, und davon wiederum 30 Prozentpunkte auf Gläubiger außerhalb des Euroraums. Vom Bail-in wären nicht nur Privatkunden und Firmen aus dem Euroraum betroffen, sondern auch Gläubiger aus Russland und der Ukraine. Vermutlich ist das Grund, weshalb am Wochenende ein sehr gefährlicher Vorschlag gemacht wurde: eine Steuer auf alle Bankguthaben. Doch dann sind die Politiker wieder zurückgerudert – wegen der Reaktion der zypriotischen Regierung, aber auch wegen der Gefahr, dass in anderen Euro-Ländern mit schwachen Bankensystemen die Kreditinstitute gestürmt werden. Natürlich kann man solche Bank Runs (wie Willem Butler von der Citigroup) für unwahrscheinlich zu halten, aber völlig ausschließen sind sie nicht.
Die Alternativen zum Bail-in: ein größeres Rettungspaket oder der Euro-Austritt
Jetzt ist ein Kompromiss gefragt. Jörg Asmussen von der EZB hat bereits davor gewarnt, dass sich Zypern zu einer systemischen Krise ausweiten kann. Zur Gläubigerbeteiligung gibt es zwei Alternativen: entweder ein Rettungspaket in Höhe der gesamten benötigten Summe, oder ein Austritt Zyperns aus dem Euroraum, sobald die EZB dem Bankensystem keine Liquidität mehr zur Verfügung stellt. Beides ist schlechter als ein Bail-in. Im ersten Fall würde sich die öffentliche Meinung in den Geberstaaten (übrigens nicht nur in Deutschland) noch stärker gegen weitere Hilfen für Problemländer wenden, selbst wenn sie alles richtig machen. Betroffen wären Portugal, Irland und Spanien, die mit ihren eigenen Bankenkrisen zu kämpfen haben. Im zweiten Fall würden die Investorenden Austritt anderer Peripherieländer aus dem Euroraum − politisch korrekt auch als Redenomination bezeichnet – wieder für wahrscheinlicher halten und damit den bisherigen Erfolg des OMT-Programms der EZB in Frage stellen. Länder, die für ihre Staatsanleihen dann höhere Zinsen zahlen müssten, würden möglicherweise ESM Hilfen tatsächlich aktiviert werden müssten. Aber weil bislang keinerlei praktische Erfahrungen vorliegen, sollte dies besser vermieden werden.
Erdgas als Sicherheit?
Ich rechne mit einem Kompromiss, bestehend aus einer umfassenden Beteiligung der Gläubiger, insbesondere solcher mit Konten über 100.000 Euro. Die zypriotische Regierung tut sich unterdessen mit eigenen, raffinierten Vorschlägen hervor. Lassen Sie mich ein Papier von der Webseite des Finanzministeriums zitieren, das mein Kollege Manolis Davradakis dankenswerterweise aus dem Griechischen übersetzt hat: „Die Kontoinhaber erhalten Bankaktien im Wert der Guthaben, auf die sie verzichten mussten. Sofern die Restguthaben zwei Jahre nicht abgehoben werden, können die Aktien in Anleihen umgewandelt werden. Als Sicherheit für diese Anleihen sollen nach einem vom Minister auszuarbeitenden Plan die erwarteten Erträge aus dem zypriotischen Erdgas dienen.“ Nun muss man wissen, dass man mit dem Erdgas wohl kaum morgen und auch nicht in absehbarer Zukunft Geld verdienen wird. Aber es wäre schon genial, sehr kurzfristige Investitionen wie Bankeinlagen (die oft aus zweifelhaften Gründen wie überhöhten Zinsen, Geldwäsche und Steuerhinterziehung getätigt wurden) in langfristige Investitionen in die zypriotische Realwirtschaft umzuwandeln. Aber die Risiken solcher Manöver sind groß, denn die Kreditgeber sind ebenso unberechenbar wie die zypriotischen Parlamentsabgeordneten. Solange noch keine Lösung für Zypern vorliegt, sollte man mit Investitionen in Euro-denominierte Wertpapiere sehr vorsichtig sein – oder sie vielleicht sogar ganz meiden.
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Zypern sollte egal sein - ist es aber nicht
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