Jetzt, im Rückblick auf ein erneut ereignisreiches Jahr für die Rentenmärkte und in Erwartung des neuen Jahres, kommt einem die Redewendung „das Gleiche, nur anders“ in den Sinn. Die maßgeblichen Themen, die die Rentenmärkte im Jahr 2010 bestimmt haben, sind immer noch aktuell. Das positive, aber unter dem Trend liegende Wirtschaftswachstum, die ultralockere Geldpolitik, die unterschiedlichen Verschuldungstrends sowie die allgemeine Suche nach Rendite dürften die Anlegerstimmung noch bis weit in das Jahr 2011 hinein beherrschen. Diese übergeordneten Trends prägen weiterhin unsere Strategie. Was aber wird sich künftig ändern? Unseres Erachtens wird eine andere Anlagestrategie notwendig sein, um trotz der historisch niedrigen Renditen weiterhin attraktive Erträge zu erwirtschaften. Darin liegen Herausforderung und Chance zugleich, zumal einige Anleger ganz aus festverzinslichen Wertpapieren aussteigen werden. Es zeigt aber auch, dass nach 18 Monaten beeindruckender Erträge an den Rentenmärkten die Quellen für Überschussrenditen mittlerweile weitaus weniger offensichtlich sind. Der Wertpapierauswahl dürfte daher in Zukunft eine deutlich größere Bedeutung zukommen. Außerdem dürften diese Trends phasenweise Wechsel zwischen Risikobereitschaft und Risikoaversion der Anleger zur Folge haben. Dies wird zu mehr Volatilität bei mittleren Laufzeiten und Risikoprämien führen, aber auch zu Relative-Value-Möglichkeiten für Anleger, die diese nutzen können.
Zuversicht in einem komplizierten Konjunkturszenario
Die Schätzungen für das US-Wirtschaftswachstum wurden zuletzt angehoben, als Reaktion auf die Wiedereinführung niedrigerer Steuersätze im nächsten Jahr sowie die neu geschaffenen Anreize für Unternehmensinvestitionen. Eine ähnliche Aufwärtskorrektur erfolgte Ende 2009, nachdem Präsident Obama sein erstes Konjunkturpaket geschnürt hatte. Allerdings dürfte es inzwischen niemanden mehr überraschen, dass 2011 erhebliche Schwierigkeiten auf die USA zukommen werden. Der US-Wohnungsmarkt bleibt angeschlagen und eine potenzielle Belastung für den bereits arg gebeutelten amerikanischen Verbraucher, während sich die Stimmung in Washington entschieden gegen weitere direkte Konjunkturanreize richtet. Die Kapazitätsüberschüsse und die Arbeitslosigkeit sind nach wie vor hoch, und die Vorteile der quantitativen Lockerung für die Wirtschaft dürften sich in Grenzen halten.
Unserer Ansicht nach dürften diese wirtschaftlichen Gegenströmungen unter dem Strich zu einem positiven Ergebnis führen. Gleichwohl erzeugen sie ein Umfeld mit mäßigen und unter dem Trend liegenden Wachstumsraten, das nicht zu Inflationsdruck führt.
Die Geldpolitik bleibt ausgesprochen expansiv
Dank dieses mäßigen Wachstums der Binnenwirtschaft dürfte die Geldpolitik in den USA ausgesprochen expansiv bleiben und damit einen wesentlichen Beitrag zur Stützung des wirtschaftlichen Aufschwungs des Landes leisten. Die Federal Reserve hat tatsächlich sehr klar gemacht, dass sie ihr doppeltes Mandat für Vollbeschäftigung und Preisstabilität durchaus ernst nimmt. Man soll ja bekanntlich niemals nie sagen, aber wir können uns kaum vorstellen, dass die Fed 2011 die kurzfristigen Zinsen erhöhen wird. Eher dürfte die US-Notenbank auf einen Rückgang der Arbeitslosigkeit sowie einen weiteren deutlichen Abbau der Kapazitätsreserven warten und in dieser Zeit andere geldpolitische Instrumente einsetzen, bevor sie die Zinsen anhebt.
Der Schuldenabbau bleibt ein weitverbreitetes Ziel
Die Unternehmen haben im Großen und Ganzen auf die schwache Wirtschaftslage reagiert und bauen zur Erhöhung ihrer finanziellen Flexibilität weiter ihre Fremdverschuldung ab. Die neue republikanische Mehrheit in Washington dürfte künftige Ausgaben mit harter Hand lenken, wenngleich es schwierig sein wird, bei der Senkung des Staatsdefizits echte Fortschritte zu erzielen. Die Verbraucher schließlich sind beim Schuldenabbau nach wie vor auf eine Verbesserung der Situation am Wohnungs- und am Arbeitsmarkt angewiesen.
Leider gibt es keine einfachen Rezepte für die über Jahrzehnte gewachsene Verschuldung. Fest steht allerdings, dass sich die, hinsichtlich der finanziellen Stabilität, unterschiedlichen Tendenzen weiter in den Anleihenkursen niederschlagen werden.
Die Renditejagd geht weiter
Die anhaltend niedrigen Geldmarkt- und Treasury-Renditen werden die Anleger im kommenden Jahr weiter zu riskanteren Anlagen veranlassen, um höhere Renditen zu erzielen. Dies dürfte zu einer Verengung der Risikoprämie zwischen niedriger und höher rentierlichen Anlagen führen. Da Anleger regelmäßig zu sichereren Investments zurückkehren und sich um eine Senkungdes Risikos ihrer Portfolios bemühen, aber auch zu einem Anstieg der Volatilität.
Ähnliche Themen, aber andere Risiken
Ein zentraler Unterschied zwischen 2010 und 2011 besteht darin, dass die Risikoprämien in vielen Sektoren mittlerweile deutlich zurückgegangen sind. Dafür haben sich allerdings bestimmte Risiken erhöht. Beispielsweise sehen sich die Unternehmen, die 2010 ihre liquiden Mittel am stärksten erhöht haben, jetzt zunehmenden Forderungen ausgesetzt, dieses Geld entweder zu investieren oder an die Aktionäre zurückzugeben. Paradoxerweise könnten dann einige der finanziell solidesten Unternehmen ein großes Risiko für die Anleihengläubiger darstellen, was erneut die Notwendigkeit einer guten Titelselektion unterstreicht.
Ein weiteres Problem ist die zunehmende Bedeutung der Geldpolitik. Es gibt im heutigen Finanzzeitalter kaum Beispiele für eine derart umfangreiche Zentralbankintervention, wie sie zurzeit in den USA zu beobachten ist. Die Politik der quantitativen Lockerung erscheint angesichts der finanziellen und wirtschaftlichen Labilität der USA gerechtfertigt, doch nimmt mit ihr unseres Erachtens auch das Risiko geldpolitischer Fehler zu. Die Volatilitätsspitzen könnten größer werden und die Zinsen sogar weit stärker anziehen, wenn die Inflation (oder die Inflationserwartungen) zu steigen beginnt.
Andere Risiken, andere Anlagestrategien
Angesichts der oben genannten Punkte scheint klar zu sein, dass die großen Anlagethemen für 2011 sehr stark den Themen ähneln werden, die schon 2010 das Marktgeschehen beherrschten. Dennoch sehen sich die Anleger zum Jahreswechsel völlig anderen Risiken und Spreadniveaus gegenüber, weshalb in den nächsten zwölf Monaten andere Anlagestrategien erforderlich sind.
In Anbetracht der jüngsten Anhebung der Wachstumsprognosen könnten Anleger beispielsweise versucht sein, auf kurze Durationen zu setzen. Unseres Erachtens dürften jedoch die konjunkturellen Probleme anhalten. Entsprechend würden wir starke Phasen der Rentenmärkte – wenn die Wirtschaftsdaten enttäuschen oder eine hohe Risikoaversion vorherrscht – zur Umsetzung kostengünstiger Absicherungsstrategien nutzen. Wir denken dabei unter anderem an inflationsgebundene Anleihen, Optionsstrategien oder sogar steuerbefreite Kommunalobligationen.
Wir glauben auch, dass die Anleger nach zusätzlichen Renditen von mitunter nur ein paar Basispunkten Ausschau halten werden, weil in den USA mit einer längeren Niedrigzinsphase zu rechnen ist. Aufgrund höherer Renditen und der unterschiedlichen Finanzierungsaussichten dürften Unternehmensanleihen und verbriefte Schuldtitel Staatsanleihen daher vorzuziehen sein. Dabei wird wahrscheinlich die Sektorallokation in den nächsten zwölf Monaten nicht mehr die Bedeutung für die Erwirtschaftung von Überschusserträgen haben wie noch in 2010.
Die Emittentenauswahl wird unserer Meinung nach eine weitaus wichtigere Rolle spielen. Es gibt zum einen zahlreiche Unternehmen, die auf eine längere Phase mit mäßigen Wachstumsraten unzureichend vorbereitet sind, und zum anderen verbriefte Anlagen mit einem zu geringen Fehlerspielraum in den Beleihungswerten. Einige Wertpapiere unterliegen darüber hinaus regulatorischen Änderungen, wie zum Beispiel nachrangige Finanzanleihen, oder werden zu Kursen gehandelt, die die Risiken nicht vollständig widerspiegeln. Andere Emittenten wiederum sind gut für eine Bonitätsverbesserung positioniert oder können selbst Übernahmekandidaten sein. Die Diversifizierung renditesteigernder Positionen über verschiedene Sektoren und Wertpapiere hinweg dürfte daher unseres Erachtens im neuen Jahr an erster Stelle stehen – ein Trend, von dem aktive Manager wie wir entsprechend profitieren.