Ob Mineralölpreise, Erze, Metalle und andere Rohstoffe sowie Vorprodukte – kräftige Preisanstiege schüren die Sorge um die Inflation und damit auch Spekulationen über die Reaktionen der Zentralbanken. Im Zentrum der Diskussionen steht neben einer Drosselung oder Beendigung der Anleihekäufe vor allem die Entwicklung des Leitzinses, der seit der Finanzkrise vor bald 15 Jahren im Dauertief verharrt.
Blick auf künftige Zinserhöhungszyklen
So haben säkulare fundamentale Treiber, wie die demografische Alterung und die hohe Verschuldung, die Zinssätze nachhaltig belastet. Da sich beide Faktoren in der Post-COVID-Welt weiter ausprägen dürften, gehen wir von einer noch stärkeren Wirkung auf die Zinsen aus. In der Folge dürften künftige Zinserhöhungszyklen durch die Zentralbanken vermutlich weiterhin immer niedrigere Höchststände erreichen. Unter diesem Gesichtspunkt hat die Erhöhung der Zinssätze im dritten Quartal – deren Niveau auf einen substanziellen, permanenten Anstieg in den kommenden Jahren hinweist – die Fundamentaldaten wahrscheinlich bereits überholt. Kurzum, wir sehen Wertpotenzial bei diesen Zinsniveaus.
Nachdem die Warnungen vor Inflation durch die sogenannten Falken, sprich die Befürworter einer straffen Geldpolitik, weltweit immer lauter wurden, kam Bewegung in die Strategien der Zentralbanken. Am deutlichsten war dies vielleicht in den USA der Fall: Seit März zeigt das monatliche Diagramm der prognostizierten künftigen Zinssätze der Fed, auch kurz Dot-Plot genannt, einen immer weiter nach vorne gezogenen und steileren Pfad erwarteter Zinserhöhungen. Und was ist seither passiert? Während die kurzfristigen Zinsen in den USA gestiegen sind, haben sich die langfristigen Zinsen nach unten bewegt. Die Märkte zeigten sich angesichts dieser Entwicklungen im zweiten Quartal zuversichtlich.
Kein Trend zu höheren langfristigen Zinsen erwartet
Vorerst dürften die Zentralbanken der meisten Industrieländer die Zinsen niedrig halten, um die wirtschaftliche Erholung und die Wiederherstellung der Vollbeschäftigung zu sichern. Die kombinierten Effekte von beendeten bzw. reduzierten Anleihekäufen und die Signale, die Zinssätze bei Bedarf anzuheben, um die Inflation einzudämmen, scheint Anleger überzeugt zu haben, dass die Zentralbanken zum Handeln bereitstehen. Während einer merklich langen „Übergangszeit“ hoher Inflation scheinen die Märkte demnach an eine Rückkehr zu einem niedrigen und stabilen Inflationshintergrund zu glauben – einersetis basierend auf säkularen Fundamentaldaten, andererseits aufgrund der Maßnahmen der Zentralbanken. Dies dürfte einen Trend zu höheren langfristigen Zinsen weiterhin ausschließen.
Inflation als fortdauernder Risikofaktor
Neben dem Vertrauen in die Fed, das sich in der Wertentwicklung der Anleihemärkte im zweiten Quartal widerspiegelte, dämpfte auch eine leichte Abschwächung der jüngsten Wirtschaftsdaten die Angst vor einer aggressiven straffen Geldpolitik. Dies wiederum verlieh den Zins- und Risikomärkten Auftrieb. In dieser Entwicklung zeigt sich jedoch auch ein fortdauerndes Risiko. So wie die moderateren Wachstums- und Inflationsdaten im zweiten Quartal zur Beruhigung der Märkte beigetragen haben, ist auch der umgekehrte Fall denkbar: Eine erneute Konjunkturbeschleunigung und/oder Gefahren vorübergehender Inflationserwartungen könnten die Anleger verschrecken. Daher werden wir die Entwicklung des globalen Wachstums und der Inflation in den kommenden Monaten und Quartalen weiterhin sorgfältig beobachten.
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Foto: Robert Tipp © PGIM Fixed Income
Der Markt glaubt an ein stabiles Inflationsumfeld
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