Dieses Jahr war ein schwieriges Jahr für Schwellenländeranleihen. Während die Weltwirtschaft stark gewachsen ist, sind viele Schwellenländer zurückgefallen. Die höhere Inflation hat zu einer Änderung der geldpolitischen Erwartungen geführt, und sowohl die Zentralbanken der Industrie- als auch der Schwellenländer haben ihre Geldpolitik gestrafft. Die Erwartungen höherer US-Zinsen haben die Kernzinsen in die Höhe getrieben, während die Vorteile höherer Rohstoffpreise und neuer Sonderziehungsrechte (SZR) des IWF für die Schwellenländer durch einen stärkeren US-Dollar überschattet wurden. NN Investment Partners (NN IP) sieht jedoch sieben Faktoren, die die Chancen für selektive Investments in Schwellenländeranleihen (EMD) im Jahr 2022 verbessern.
Marcin Adamczyk, Head of Emerging Markets Debt bei NN Investment Partners, sagt: „Da die globale Wachstumserholung in eine neue Phase eintritt, werden synchrone Entwicklungen bei Schwellenländeranleihen immer unwahrscheinlicher. Regionale, sektorale und länderspezifische Unterschiede spielen bei den Allokationsentscheidungen eine immer größere Rolle. In Verbindung mit der erhöhten Unsicherheit was wann passieren mag, ist der Spielraum für aktives Management und dynamische Rotationen bei Emerging Markets Debt sehr groß. Auch wenn dieses makroökonomische Umfeld und die unten beschriebenen Themen zweifellos eine Herausforderung darstellen, so bieten sie doch die Chance, Bewertungs- und Wahrnehmungsdiskrepanzen zu entdecken und davon zu profitieren.“
Sieben zentrale Themen im Bereich EMD für 2022
1. Wachstum: Unterschiedlich in Schwellen- und Industrieländern sowie Abschwächung in China
Die Weltwirtschaft dürfte ihre solide Erholung fortsetzen – wenn auch nicht so ausgeprägt wie 2021 und möglicherweise mit potenziellen Abwärtsrisiken hinsichtlich der Omikron-Variante. Für die Schwellenländer wird ein Wachstum von 4,5-5,0 % und für die Industrieländer von 4,0-4,5 % erwartet. Das Wachstumsgefälle ist so niedrig wie seit Jahren nicht mehr. China schwächt sich ab (von fast 8 % auf etwa 5,0 %*), sodass sich die Schwellenländer auf die veränderte Struktur und Geschwindigkeit des chinesischen Wachstums einstellen müssen. Wir erwarten erhebliche Wachstumsunterschiede auf regionaler Ebene bei den Schwellenländern, wobei Asien und Mitteleuropa führend sein dürften und Lateinamerika und Afrika wahrscheinlich hinterherhinken. Die Identifizierung von Ländern, die als regionale Lieferketten für wachstumsstarke Industrieländer, wie z. B. Mexiko für die USA, dienen und gleichzeitig 2022 keine größeren Fiskalklippen haben werden, wird die größten Anlagechance des Jahres bieten.
*Quelle: IWF/Bloomberg
2. Inflation in Industrie- und Schwellenländern
Inflation ist zu einem globalen Thema geworden und ist sowohl in den Industrie- als auch in den Schwellenländern zu beobachten. Der FED-Vorsitzende Jerome Powell hat den Begriff „vorübergehend“ bei der Beschreibung der Inflation inzwischen abgeschafft. Es wird jedoch erwartet, dass die weitere Wiederöffnung der Weltwirtschaft (vorbehaltlich des Virusrisikos) in Verbindung mit Basiseffekten bei den Energie- und Lebensmittelpreisen den Anstieg eindämmen und dazu beitragen wird, dass die Inflation im ersten Quartal 2022 ihren Höhepunkt erreicht. Es ist wahrscheinlich, dass das Gesamtinflationsniveau höher sein wird als die Durchschnittswerte vor Corona. Die Schwellenländer, in denen der Verbraucherpreisindex wahrscheinlich früher seinen Höchststand erreicht, werden mehr Handlungsspielraum haben und auch weniger anfällig für negative Kapitalflüsse sein. Anleger sollten beispielsweise nach Ländern Ausschau halten, in denen eine Kombination aus früheren Zinserhöhungen, der Zusammensetzung der Handelsbilanz, dem Grad des Basiseffekts sowie dem Gewicht von Nahrungsmitteln und Energie im Verbraucherpreisindex (VPI) die Wahrscheinlichkeit eines frühen VPI-Höchststands nahelegt.
3. Zentralbanken der Industrie- und Schwellenländer: Unterschiede im Zinszyklus
Der Markt erwartet nun von der Fed Hinweise auf Zeitpunkt und Muster künftiger Zinserhöhungen, während von der EZB eine gewisse Zurückhaltung erwartet wird. Viele Zentralbanken der Schwellenländer sind mit der Normalisierung der Zinssätze und des Abbaus der QE-Programme auf das Niveau von 2020 bereits weit fortgeschritten. Insgesamt haben sie die Zinssätze bereits um mehr als 150 Basispunkte angehoben, und weitere Zinserhöhungen sind zu erwarten. Mit Ausnahme der Türkei haben alle Schwellenländer ihre Geldpolitik gestrafft. Sobald der VPI seinen Höchststand erreicht und Schwellenländeranleihen wieder reale Renditen bieten, könnte dies ein Wendepunkt sein.
4. Schwellenländer sind bereit, die Straffungsmaßnahmen der Fed zu meistern
Die Schwellenländer haben die Zinssätze früher als die Industrieländer angehoben, sodass die Währungsschwäche als Anpassungsmechanismus dienen konnte. Viele weisen auch eine günstige Entwicklung der Leistungsbilanz auf (die gesamte Leistungsbilanz der Schwellenländer (ohne China) verzeichnete im Jahr 2021 einen Überschuss von 1,6 % des BIP*). Von der Instabilität des „Taper Tantrum“ von 2013, als sich die Volkswirtschaften überhitzten und die Leistungsbilanzen belastet waren, ist wenig zu spüren. Darüber hinaus befindet sich heute die überwiegende Mehrheit der Schwellenländeranleihen auf lokalen Märkten, also mit weniger Auslandsbesitz und einer größeren lokalen Investorenbasis. Dadurch sollten Straffungsmaßnahmen der FED besser verkraftet werden als dies in der Vergangenheit der Fall gewesen ist. Chancen bieten sich dort, wo man eine strenge Geldpolitik kombiniert mit einem Leistungsbilanzüberschuss findet und die Abhängigkeit von externer Finanzierung oder ausländischer Beteiligung auf dem lokalen Markt begrenzt ist.
*Quelle: Bloomberg/JP Morgan
5. Rohstoffpreise und ihre Auswirkungen auf die Schwellenländerbilanzen
Die Schwellenländer profitieren von höheren Rohstoffpreisen (Energie und Metalle). Mehr als zwei Drittel des investierbaren Universums sind Nettoexporteure von Rohstoffen, und in vielen Fällen sind die aus den Rohstoffexporten stammenden Staatseinnahmen beträchtlich. Der Markt hat die inflationären Auswirkungen der höheren Rohstoffpreise schnell erkannt. Die positiven Auswirkungen auf die Rohstoffexporteure in den Schwellenländern wurden jedoch weitgehend übersehen. Denn Wachstumssorgen, mangelnde Impffortschritte und die während der Pandemie entstandenen größeren Schuldenberge rückten in den Vordergrund. Anleger sollten nach Anlagemöglichkeiten in rohstoffexportierenden Ländern mit gesunden Bilanzen Ausschau halten, da sich der Markt beim Thema Rohstoffe von Beta zu Alpha bewegt. Außerdem wird der Übergang zur grünen Wirtschaft die Rohstoffpreise trotz der chinesischen Konjunkturabschwächung stützen.
6. Wahltermine und bemerkenswerte Geschichten der Schwellenländer
2022 ist ein wichtiges Wahljahr in vielen Schwellenländern, darunter große Länder wie China (mögliche dritte Amtszeit von Präsident Xi) und Brasilien (wahrscheinlich Bolsonaro gegen Lula) sowie Wahlen in Kolumbien, Ungarn und den Philippinen. Zwar führen Wahlen in der Regel zu einer erhöhten Volatilität im Vorfeld, doch können sie aktiven Managern zwei Arten von Chancen bieten: entweder eine positive Veränderung oder einfach einen Rückgang der Volatilität nach der Wahl.
7. Grüner Wandel und wachsender Sektor der Schwellenländeranleihen mit Gütesiegel
Da der Übergang zu einer grünen Wirtschaft an Dynamik und Bedeutung gewinnt, haben einige Schwellenländer ihre Maßnahmen in diesem Bereich verstärkt und emittieren grüne, soziale und nachhaltige Anleihen. Da der Markt in diesem Bereich schnell wächst, bietet sich den Anlegern eine größere Diversifizierung und Auswahl. Die Schwellenländer können von der Ausarbeitung eines soliden und glaubwürdigen Rahmens für die Emission solcher Wertpapiere profitieren. Die Anleger sollten auf eine positive Entwicklung, solide Rahmenbedingungen und Offenheit für eine Zusammenarbeit achten. Wir glauben, dass die Einbeziehung der Schwellenländer in die Kapitalallokation zur Lösung globaler Probleme und zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele diesen Trend weiter unterstützen und beschleunigen wird.
Fazit:
Marcin Adamczyk sagt zusammenfassend: „Die anhaltende Unsicherheit im Zusammenhang mit den Virusentwicklungen, einschließlich der neuen Omikron-Variante, ist nach wie vor groß und trägt zu erhöhter Volatilität und enormen Tail-Risks hinsichtlich künftiger zentraler Makroszenarien bei. Hinzu kommen in diesem Jahr einige politische Veränderungen – von der Geopolitik über die Politik der Zentralbanken bis hin zu Veränderungen der regulatorischen Prioritäten und der Haltung Chinas zum Wachstum. All diese Faktoren hatten erhebliche Auswirkungen auf die Performance von Schwellenländeranlagen im Jahr 2021 und werden wahrscheinlich auch 2022 die treibende Kraft bleiben.“
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Foto: Marcin Adamczyk © NN Investment Partners
Emerging Market Debt: Sieben Gründe, 2022 wählerisch zu sein
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