Wieder ansteigende Rohstoffpreise, ein schwacher Dollar und unvermindert starke Wachstumszahlen haben die Inflation in Industrie- wie Schwellenländern wieder in den Fokus rücken lassen. Andrea Iannelli, Investment Director Fixed Income bei Fidelity International, erläutert die Entwicklungen in großen Anlageregionen:
USA
Für die Festzinsmärkte erwies sich der Januar als schwierig. Weltweit stiegen die Renditen von Staatsanleihen, angeführt von US-Treasuries. Begünstigt wurde der Renditeanstieg durch starke gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen, die Verabschiedung der US-Steuerreform und steigende Inflationserwartungen. Ein Übriges taten der schwache Dollar und die sich erholenden Rohstoffpreise.
Inzwischen geht der Markt von zwei bis drei Zinserhöhungen der US-Notenbank Fed in diesem Jahr aus. Weiter ansteigende Renditen kann die Fed nicht ignorieren. Wie es bei Risikoanlagen weitergeht, hängt nicht zuletzt davon ab, dass die Renditen niedrig bleiben. Daher können Letztere nicht viel weiter steigen, will man ein unerwünschtes Übergreifen auf die Kredit- und Aktienmärkte wie Anfang Februar vermeiden. Eine neutrale Positionierung bei US-Staatsanleihen halten wir daher auch weiterhin für sinnvoll.
Auf längere Sicht sehen wir durchaus die Gefahr, dass sich die Teuerung in den USA weiter beschleunigt. Auch höhere Zölle und massiv aufgestockte Infrastrukturausgaben könnten den Preisauftrieb verstärken. Schon jetzt sind die zehnjährigen Breakeven-Sätze nicht mehr günstig: Von ihren Tiefs 2017 haben sie um über 45 Basispunkte zugelegt. Bei inflationsindexierten Anleihen aus den USA sind wir zu einer neutralen Positionierung übergegangen, werden jedoch bei einem Rückgang unter 2 Prozent ein stärkeres Engagement in Betracht ziehen.
Europa
Die gemäßigten Äußerungen der EZB erscheinen zunehmend unpassend angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung im Euroraum. Neben solidem Wachstum herrschen günstige Finanzierungsbedingungen bei nur geringem Inflationsdruck.
Am kurzen Ende werden die Zinsen noch mindestens zwölf Monate bei -0,40 Prozent verharren, und Erlöse aus dem QE-Programm werden wiederangelegt. Weil sich zudem die Angebotsdynamik günstig darstellt, halten wir an unserem positiven Ausblick für europäische Durationsprodukte fest.
Großbritannien
In Großbritannien wird eine Zinserhöhung in der ersten Jahreshälfte immer wahrscheinlicher, denn die Inflation liegt beharrlich über dem Ziel der Bank von England. Hinzu kommen starke Arbeitsmarktdaten. Den Währungshütern könnte ferner daran gelegen sein, die Zinsen vorsorglich anzuheben. Das würde ihren Handlungsspielraum im Fall eines Konjunkturschocks nach dem Austritt aus der Europäischen Union vergrößern. Strukturelle Faktoren bleiben eine Stütze für britische Staatsanleihen, die verglichen mit Staatsanleihen anderer Länder teuer sind. Vorsicht ist daher angebracht.
Schwellenländer
Nach zwei Jahren Rückgang zeichnet sich bei der Inflation in Schwellenländern (EM) ein Wiederanstieg ab. Das eröffnet Anlagechancen bei inflationsindexierten Anleihen, deren Realrenditen attraktiv sind verglichen mit ihren Pendants in Industrieländern.
Gestützt wird der günstige EM-Inflationsausblick durch mehrere Faktoren: Bei den Preisen für Lebensmittel, die in vielen Schwellenländern einen Großteil der Warenkörbe ausmachen, die dem Verbraucherpreisindex zugrunde liegen, deutet sich nach dem schwachen letzten Jahr nun ein Wiederanstieg an. Und auch die zuletzt wieder festeren Energie- und Basismetallpreise dürften schon bald bei der Gesamtinflation zu Buche schlagen. Daneben werden die sich schließenden Produktionslücken und das starke Wirtschaftswachstum in Schwellenländern die Löhne steigen lassen.
Zu guter Letzt könnten EM-Währungen wegen der anhaltenden Zinsstraffung der Fed gegenüber dem US-Dollar unter Druck geraten. Das würde Importe in Schwellenländer verteuern. In Chile, Russland und Brasilien erscheinen die Breakeven-Inflationsraten attraktiv. Unsere negative Einschätzung bezüglich EM-Währungen bringen wir bevorzugt durch die Untergewichtung jener Währungen zum Ausdruck, denen eine Konjunkturabkühlung in China besonders zu schaffen machen würde. Hierzu gehören unter anderem der koreanische Won und der taiwanesische Dollar.
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(Foto: Andrea Iannelli © Fidelity International)
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