Andrea Iannelli, Fixed Income Investment Director von Fidelity International, ist überzeugt, dass die Rahmenbedingungen für risikoreiche Anlagen derzeit günstig sind. Neben moderatem Wachstum und niedriger Inflation sorgt auch die Zurückhaltung der Zentralbanken für stabile Renditekurven. Zugleich sind die Aktienkurse im April weiter nach oben geklettert, während sich die Spreads von Unternehmensanleihen verengt haben.
Auffallend sind derzeit die besseren Zahlen zum Konsum und zum Arbeitsmarkt. Vor allem in den USA sind die Konsumenten weiterhin ausgabefreudig. Zudem hellt sich auch das Geschäftsklima auf. Hingegen sind der Welthandel und Auftragseingänge in der Industrie weiter relativ schwach. Auch macht sich bislang noch nicht die Lockerung der chinesischen Fiskal- und Geldpolitik bemerkbar.
In Europa halten die Wachstumssorgen hingegen an. Dies scheint jedoch weitgehend in den Zinsen der Kernländer eingepreist zu sein. Die jüngsten Konjunkturdaten sorgten zwar für eine gewisse Erleichterung. Außerdem ist die Inflation höher als erwartet ausgefallen und kann für das zweite Halbjahr mit mehr Schützenhilfe seitens der Fiskalpolitik zu rechnen. Noch aber sind wir nicht ganz über den Berg. Die nächsten Umfragen unter Einkaufsmanagern werden Aufschluss zeigen, ob sich die besseren Konjunkturdaten im Reich der Mitte vom ersten Quartal in der europäischen Wirtschaft bemerkbar machen. Darauf deutet bisher jedoch kaum etwas hin. Einmal mehr tendiert die Renditen von Bundesanleihen ins Negative. Ausgehend von den aktuellen Niveaus sehen wir kein wesentliches Aufwärtspotenzial für die Kernzinsen in Europa. Den Markt haben wir daher in unseren Portfolios untergewichtet.
Anleihen aus der Europeripherie profitieren unverändert von der starken Nachfrage nach regelmäßigen Erträgen. Allerdings gibt es Unterschiede zwischen den Ländern. So hinken Italien-Anleihen mit Blick auf sich möglicherweise verschärfende politische Turbulenzen dem Markt hinterher. Staatsanleihen aus Spanien zeigten sich dagegen von den jüngsten Wahlen, aus denen erneut keine klaren Mehrheitsverhältnisse hervorgegangen sind, unbeeindruckt. Neben der Politik dürfte die Wachstumsdynamik in nächster Zeit die Spreads von Peripherie-Anleihen am stärksten beeinflussen. Von dieser Warte aus betrachtet sehen sich italienische Staatsanleihen den größten Herausforderungen gegenüber. Für Papiere aus Portugal und Spanien sehen wir hingegen Chancen.
Jenseits des Atlantiks schwächen sich die im letzten Jahr rekordhohen Wachstumsraten allmählich ab. Bei einem auf rund 2 Prozent sinkenden BIP-Wachstum, einem relativ günstigen Inflationsausblick und einer Fed, die noch eine Weile nicht an der Zinsschraube drehen dürfte, sollten die günstigen Rahmenbedingungen für amerikanische Staatsanleihen anhalten.
Setzt sich die Rally bei risikoreichen Assets fort, könnten die Renditen leicht steigen. Dieser Anstieg wird unseres Erachtens aber nur von kurzer Dauer sein, wobei US-Staatsanleihen besser als ihre entsprechende Papiere aus anderen Ländern abschneiden sollten. Trotz einer leicht restriktiveren Haltung halten die US-Währungshüter an ihrem Kurs fest, den sie in diesem Jahr eingeschlagen haben. Eine expansivere Fiskalpolitik bleibt ein Risiko für den Markt, das steigt, je näher die Präsidentschaftswahl 2020 rückt. Allerdings gibt es kaum Hinweise darauf, dass ein größeres Haushaltsdefizit signifikanten Einfluss auf die Renditen hat. Es sei denn, es erreicht ein extremes Niveau, das die US-Notenbank zwingt, die Zinsen anzuheben.
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(Foto: Andrea Iannelli © Fidelity International)
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