Es scheint, als hätte Gold vorübergehend die drei Dinge verloren, die für eine gute Performance in modernen Märkten notwendig sind: Leverage, Momentum und ein Narrativ. Auf längere Sicht sehen wir jedoch eine Reihe von Faktoren, die zusammen die Rahmenbedingungen für nachhaltig steigende Preise schaffen dürften. Sinkende Realzinsen (die Rendite, die Anleiheinvestoren nach Ausgleich der Inflation erwarten können) und die starke operative Leistung der Minenunternehmen bilden die Grundlage für diese Einschätzung.
Die grüne Wirtschaft wird silber sein
Interessant ist, dass sich Silber zuletzt wesentlich besser entwickelt hat als Gold – denn Silber bietet trotz eines gewissen Verlustes an Momentum immer noch ein gutes Narrativ: Das National Renewable Energy Laboratory schätzt, dass allein die USA 186 Millionen Elektrofahrzeuge auf die Straße bringen müssen, um Netto-Null-Emissionen bis 2050 zu erreichen – was etwa 66 Prozent aller Autos entspricht. Jedes Elektrofahrzeug enthält rund drei Unzen Silber. Das Aufkommen des autonomen Fahrens dürfte zu einer weiteren Zunahme der Fahrzeugkomplexität führen, was einen noch höheren Silberverbrauch zur Folge hat. Laut dem Silver Institute wird die Silbernachfrage in der Automobilindustrie in diesem Jahr voraussichtlich 61 Millionen Unzen betragen und weiter steigen.
Silber wird darüber hinaus in Solarzellen, Batterien, einer Vielzahl von elektronischen Geräten und als antimikrobielles Element in der Medizin verwendet. All das hat dazu beigetragen, die Nachfrage nach Silber hochzuhalten und damit den Silberpreis zu unterstützen. Silber ist das Metall der modernen Wirtschaft und ein entscheidender Treiber für die grüne Wirtschaft. Die angekündigte Erhöhung der Infrastrukturausgaben in den USA und Europa zum Beispiel haben dem Edelmetall spürbar Auftrieb verliehen.
Jährlich werden rund 800 Millionen Unzen Silber gefördert, wovon derzeit 70-80 Prozent von der Industrie verbraucht werden. Überall auf der Welt werden die Silberminen älter, die Inputkosten steigen und der Silbergehalt des geförderten Erzes nimmt ab. Es gibt zwar immer noch eine beträchtliche Menge Silber im Boden, aber die Preise müssten deutlich steigen, damit die Silberminenbetreiber den Abbau optimieren können. Angesichts der strukturellen Verknappung des verfügbaren Silbers und der entscheidenden Rolle, die es in der aufkeimenden grünen Wirtschaft spielen wird, scheinen wesentlich höhere Silberpreise unvermeidlich.
Nicht die Zinsen, sondern die Inflation dominiert das aktuelle Marktgeschehen
Lange Zeit war es die Richtung der Zinsentwicklung, die das Marktgeschehen dominiert hat – nun ist es die Richtung der Inflation. Die Leitlinien der Federal Reserve waren seit Beginn der Pandemie konsistent, während die Reaktion der Anleihemärkte auf diese Leitlinien zwischen übermäßig dovish und übermäßig hawkish geschwankt hat. Aber während die Anleihemärkte die Zinsen bestimmen, schätzen die meisten Anleger Edelmetalle oft als Inflationsabsicherung ein.
In vielen Teilen der Welt ist eine sehr starke Inflation bei den Lebensmittelpreisen zu erkennen. In Anbetracht des Verhaltens vieler Anleger wird es also kaum überraschen, dass die Lebensmittelpreisinflation in der Vergangenheit eng mit den Gold- und Silberpreisen korreliert hat. Genau darum ist auch heute dieser Trend genau zu beobachten.
Das Ende des "monetären Superzyklus"?
Neben Anlagen in physischen Gold- und Silberbarren sollten Anleger zusätzlich aktive Anlagen in Aktien von Gold- und Silberminengesellschaften berücksichtigen. Diese Anlagen bieten das Potenzial, bei steigenden Gold- und Silberpreisen überdurchschnittliche Renditen zu erzielen, da die Aktien von Minengesellschaften tendenziell stärker steigen (und fallen) als die Preise der Metalle selbst. In den vergangenen sechs Monaten gab es eine deutliche Entkoppelung in der Kursentwicklung der Aktien von Gold- und Silberminengesellschaften zwischen denjenigen, die gut abgeschnitten haben und denjenigen, die oft aufgrund der Auflösung von (meist gehebelten) Positionen von großen Indexanlegern getroffen wurden.
Ein weiterer Punkt, der für Gold- und Silberinvestoren von Interesse ist, ist das Konzept eines "Rohstoff-Superzyklus", das seit Jahren die Runde macht. Die Art und Weise, wie sich die Rohstoffe verhalten, deutet tatsächlich auf einen Superzyklus hin. Allerdings fühlt es sich eher wie ein "monetärer Superzyklus" an, der sich seinem Ende nähert und letztendlich Auswirkungen auf alle Anlageklassen hätte.
Ein geldpolitischer Sturm braut sich schon seit langem zusammen. In den USA hat die Federal Reserve bestätigt, dass jegliche Anpassungen der Geldpolitik mit ausreichender Vorwarnung erfolgen werden. Gleichzeitig bleibt eine aktive Steuerung der Zinskurve zwar unerwähnt aber im Hintergrund lauernd und sehr wahrscheinlich. Sinkende Realzinsen scheinen daher unausweichlich. Sobald die Realzinsen zu ihrem langfristigen Abwärtstrend zurückkehren, sollte der Markt für Währungsmetalle die Treiber "Leverage, Momentum und Narrativ" zurückerhalten.
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Foto: Ned Naylor-Leyland © Jupiter Asset Management
Leverage, Momentum und Narrativ - drei wichtige Faktoren für Gold und Silber
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