Zum Jahresende – und insbesondere nach der jüngsten Sitzung der Fed – fragen sich Anleiheinvestoren, was 2025 bringen wird. Vier Themen liegen auf der Hand: Inflation, Wirtschaftswachstum, Geldpolitik und Fiskalpolitik. Alles in allem rechnet Pilar Gomez-Bravo, Co-CIO für Anleihen bei MFS Investment Management, mit einer weichen Landung der Konjunktur in den USA, bevorzugt aber defensivere Qualitätsanlagen:
Die zeitweise sehr hohe Inflationsrate in den USA ist zwar drastisch gefallen, aber Risiken bleiben – vor allem, weil Trumps Politik preistreibend sein könnte. Beim Konjunkturausblick wird der Arbeitsmarkt wichtiger. Die Fed lässt keinen Zweifel daran, dass sie ihn beobachtet. Auch wir behalten die Arbeitsmarktdaten daher genau im Blick. Wir achten darauf, wie unsere Analysten die einzelnen Unternehmen einschätzen, um das mit den gesamtwirtschaftlichen Zahlen abzugleichen.
Weltweit gesehen wird die Geldpolitik jetzt eher gelockert. Die Notenbanken der Industrieländer und einiger Schwellenländer senken allmählich die Zinsen. Mit massiven Zinssenkungen rechnen wir dennoch nicht, da die meisten Volkswirtschaften noch immer wachsen und wir zwar eine Disinflation, aber keine Deflation erleben. Für die meisten Länder erwarten wir daher eine allmähliche Normalisierung der Zinsen. Eine Ausnahme ist Japan, wo die Geldpolitik gestrafft wird. Insgesamt spricht jetzt aber viel für eine weniger synchrone Geldpolitik.
Wesentlich unsicherer ist die US-Fiskalpolitik. Wenn Haushaltsdefizite mit Produktivitätsgewinnen einhergehen, dürfte die Inflation beherrschbar bleiben. Zinserhöhungen sind dann unwahrscheinlicher. Bei unproduktiven Staatsausgaben droht aber eine höhere Inflation. Die Notenbanken wären dann alarmiert. Noch kennen wir die Einzelheiten von Trumps Fiskalpolitik nicht, was für Anleger ein wichtiger Risikofaktor ist.
Dieser unsichere Ausblick kann für Anleiheinvestoren aber durchaus eine Chance sein, vor allem bei einem großen Anlageuniversum. Zunehmende Marktverzerrungen können sich als Chancen für aktive Manager darstellen: Je stärker die Kurse streuen und je volatiler sie sind, desto vielversprechender ist die Einzelwertauswahl. Insgesamt sind wir defensiv positioniert, denn der Kreditzyklus geht zu Ende. Wir rechnen mit zunehmender Volatilität und einer stärkeren Streuung der Erträge. Um Chancen schnell nutzen zu können, achten wir weiterhin auf einen großen Anteil liquider Anleihen.
Investment Grade
Nach wie vor sind wir in Unternehmensanleihen übergewichtet. Wir glauben, dass ein schwächeres Wachstum bei niedrigerer Inflation Titeln guter Bonität entgegenkommt. Die Unternehmensfinanzen sind trotz der höheren Kreditzinsen stabil, und die Fundamentaldaten der meisten Emittenten sind recht ordentlich. Die Risikoaufschläge für Investment-Grade-Titel sind heute so niedrig wie seit vielen Jahren nicht mehr. Zugleich bietet die Assetklasse wegen der hohen Renditen recht attraktive Erträge, sodass mit weiteren Mittelzuflüssen zu rechnen ist. Trotz der durchaus hohen Bewertungen können die Spreads aber noch eine Zeit lang eng bleiben – solange sich die Konjunktur nicht deutlich verschlechtert und auf das schwächere Wachstum nicht etwa ein Aufschwung, sondern eine Rezession folgt. Allerdings wüssten wir nicht, was zurzeit deutliche Spreadausweitungen auslösen könnte.
Bei Unternehmensanleihen achten wir genau auf die Länderallokation. Bei weiteren Zinssenkungen scheinen uns Anleihen aus dem europäischen Immobiliensektor interessant. Dieser war wegen der Zinserhöhungen unter Druck geraten, könnte aber jetzt von niedrigeren EZB-Leitzinsen profitieren. Reduziert haben wir dagegen den Anteil an Finanzanleihen, da ihre Bewertungen gestiegen sind und eine Spreadausweitung wahrscheinlicher geworden ist. Untergewichtet sind wir in Zyklikern, etwa aus dem Automobilsektor. In den USA verzichten wir wegen der flachen Zinsstrukturkurve auf länger laufende Titel; hier sehen wir nur wenig Kurspotenzial. Wir bevorzugen Investitionsgüterunternehmen mit eigenen Immobilien und Firmen mit inflationsgeschützten Cashflows.
High Yield
Anleger in Hochzinsanleihen haben zuletzt vor allem in Kurzläufer investiert, da die für die Schuldenrückzahlung nötigen kurzfristigen Cashflows sehr berechenbar sind. Die Renditen sind attraktiv, und die Fundamentaldaten sind heute besser als im letzten Konjunkturzyklus, sodass auch wir hier investieren. Titel mit BB-Rating scheinen uns teuer, doch halten wir aufgrund unserer Einzelwertanalysen ausgewählte höher verzinsliche Kurzläufer für interessant. Wegen der engen Spreads halten wir insgesamt zwar weniger High Yield, könnten unsere Positionen aber bei entsprechenden Chancen aufstocken.
Schwellenländer
In den Emerging Markets halten wir das Crossover-Segment – also Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating sowie die qualitativ hochwertigsten Hochzinsanleihen – für interessant, vor allem aus Ländern mit stabilen Währungen, positiven Zahlungs- und guten Außenbilanzen. Dennoch zögern wir mit deutlichen Aufstockungen. Schließlich könnten Trumps Zollerhöhungen für Volatilität sorgen, auch wenn manche Länder attraktiv scheinen.
Duration
Da viele Notenbanken zu Zinssenkungen entschlossen scheinen, halten wir in manchen Regionen eine lange Duration für die größte strategische Chance. Zu Beginn eines Zinssenkungszyklus sollten Anleger unserer Ansicht nach von Geldmarktanlagen und Kurzläufern in länger laufende Titel umschichten. Wegen der hohen Einstiegsrenditen rechnen wir bei weiteren Zinssenkungen mit höheren Erträgen als am Geldmarkt. Außerdem bieten länger laufende Anleihen – ganz klassisch – laufenden Ertrag und Diversifikation. Das gilt vor allem, wenn man weltweit anlegt und damit Länderunterschiede nutzen kann. Bei Staatsanleihen legen wir daher Wert auf weltweite Diversifikation und investieren nicht nur in den USA. Hier ist unsere Duration jetzt wieder neutral, da sich die Fed zurückhaltender äußert und Geld- und Fiskalpolitik künftig nicht unbedingt an einem Strang ziehen.
Stattdessen haben wir mehr in Ländern investiert, wo wir mit Zinssenkungen rechnen, die in den Kursen noch nicht berücksichtigt sind. Dazu zählen Europa, Korea und Kanada.
Insgesamt achten wir weiterhin auf eine durchdachte weltweite Asset-Allokation, da die Volatilität steigen und die Ertragsstreuung zunehmen können. Außerdem nutzen wir unser eigenes Research, um mit aktiver Einzelwertauswahl Mehrertrag zu erzielen. Die engen Spreads und die niedrige Volatilität haben bereits Gelegenheit geboten, uns günstig gegen weltpolitische Extremrisiken abzusichern. Wegen der möglichen Folgen internationaler Krisen für die Energie- und Rohstoffmärkte, den Welthandel und die Lieferketten halten wir eine umsichtige und diversifizierte Asset-Allokation weiter für sinnvoll.
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Foto: Pilar Gomez-Bravo © MFS Investment Management
MFS IM: Anleiheinvestoren sollten 2025 auf umsichtige Titelauswahl setzen
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