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Mittelstandsanleihen: Eigentümer-geführte Unternehmen sind auch keine Garantie

Standpunkt German Mittelstand

Eigentümer-geführte Unternehmen sind auch keine Garantie für eine gute kaufmännisch sinnvolle Betriebsführung und einen sinnvollen, nachhaltigen Umgang mit dem ihnen anvertrauten Fremdkapital. Ein Beispiel ist für uns die Rudolf Wöhrl AG. Im letzten Jahr musste das Unternehmen Insolvenz in Eigenverwaltung anmelden, die im Dezember in einer Regelinsolvenz mündete. Schon damals war klar, dass die Anleger die in die 30 Mio. € Anleihe der Rudolf Wöhrl AG investiert hatten, werden bluten müssen. Von Insolvenzspezialisten wurde im besten Falle eine Quote von 20% erwartet.

Am 26. April 2017 gab das Unternehmen in einer Pressemitteilung bekannt, dass es im Rahmen eines Asset Deal an eine Gesellschaft des Unternehmers Christian Greiner verkauft wird. Für die Anleihegläubiger gab es dann auch direkt positive Nachrichten: Nach neuesten Erkenntnissen rechnet die Eigenverwaltung der Rudolf Wöhrl AG mit einer angepassten Insolvenzquote für die Insolvenzgläubiger (§ 38 InsO) in der Spanne von ca. 16 % bis 21 % (bundesweiter Durchschnitt: ca. 5 % laut Statistischem Bundesamt). Bisher wurde von einer Insolvenzquote von 10 % bis 20 % ausgegangen.“ (Pressemitteilung der Rudolf Wöhrl AG 26.04.2017)

Christian Greiner ist kein Unbekannter. Er ist der Enkel des Gründers Rudolf Wöhrl und er stellt sich Anfang Mai direkt gegenüber dem Handelsblatt in einem großen Interview. Ohne seinem Cousin Olivier Wöhrl dem bisherigen Vorstandsvorsitzenden von Wöhrl offensichtlich Vorwürfe zu machen, kreidet er ihm Fehler in der Unternehmensführung (eine zu aufgeblähte Zentrale) und das unstrukturierte Sortiment in den Filialen an. Bilderbuchmäßig werden hier die ersten beiden betriebswirtschaftlichen Krisen auf dem Weg zur Insolvenz beschrieben: Management- und die folgende Strategiekrise. Das war auch schon zum Zeitpunkt der Anleiheemission status quo. Es stellt sich die Frage, ob dies die Berater, die die Anleihe mit begleitet haben, damals nicht auch gesehen haben.

Wie viele erwartet haben, stehen seit letztem Monat die Anleihen der Rickmers Holding im Wert von 275 Mio. € im Feuer. Hier hat der gute Name des Reedereigründers sicherlich auch so manchen Investor überzeugt hier sein Geld anzulegen. Pech gehabt sagen nun die Anwälte von Bertram Rickmers. Sie sollen ihre Anleihe, die mittlerweile bei nur noch um die 5% vor sich hin dümpelt, in nachrangiges Aktienkapital einer Luxemburger Gesellschaft tauschen. Dann können sie auf die Auszahlung des nächsten Kupons in Höhe von 8,75% im Juni rechnen. Die Freude der – insbesondere professionellen - Investoren hält sich in Grenzen. Wir halten dieses Angebot ebenfalls nicht für überzeugend. Insbesondere weil wir davon ausgehen, dass im Falle einer Insolvenz alle Gläubiger gleich behandelt werden müssen, was bedeutend würde, dass auch die Kredite der HSH nicht vorab bedient werden können. Im Jahr 2013 wurde die Anleihe begeben. Schon damals waren die Kosten für Rickmers zu hoch, um auf dem Weltmarkt weiter bestehen zu können. Auch in den Folgejahren konnte das Management um Bertram Rickmers die Kosten nicht nachhaltig drücken. Alleine im Jahr 2016 wurden massive Verluste von um die 300 Mio. € eingefahren – auch hier: Managementfehler gleich Managementkrise.

Hinzu kommt, dass die Rickmers Gruppe in ihrer Flotte vor allem kleine Frachter mit einer Kapazität von bis zu 4500 Containern führt. Diese haben in der Schifffahrtskrise besonders gelitten und können mit ihren Einnahmen kaum die Betriebskosten decken. Im Rickmers Maritime Trust befinden sich überwiegend Schiffe der sogenannten Panamax-Klasse mit einer Länge von maximal 294 Metern und einer Breite von 32 Metern. Deren Vorteil war, dass sie in der Vergangenheit gerade noch so durch den Panamakanal passten. Doch seitdem dieser ausgebaut wurde, haben diese Schiffe ihr wichtiges Alleinstellungsmerkmal verloren.“ (Hamburger Abendblatt 07.11.2016) War für Bertram Rickmers und für die emissionsbegleitenden Berater der Ausbau des Panamakanals ein schwarzer Schwan? Die Strategie von Rickmers ist zumindest nicht ausgereift zu nennen. Deswegen ist auch hier zum Zeitpunkt der Emission von einer nachhaltigen Strategiekrise des Eigentümer-geführten Unternehmens auszugehen.

Seit dem 10. Mai 2017 ist es nun auch final klar: Die Solarworld AG musste Insolvenz anmelden. „
Der Vorstand der SolarWorld AG ist nach umfassender Prüfung heute zu der Überzeugung gelangt, dass im Zuge des aktuellen Geschäftsverlaufs und der weiter voranschreitenden Preisverwerfungen keine positive Fortbestehensprognose mehr besteht.“ (Pressemitteilung Solarworld AG, 10.05.2017)

Der Gründer und CEO Frank Asbeck hat diese Preisverwerfungen, die es spätestens mit der Reduzierung der staatlichen Förderungen gegeben hat, nicht vorausgesehen? Er hat nicht erkannt, dass die Produktionskosten für deutsche Photovoltaik-Anlagen zu hoch sind (Managementkrise). „
Auch Solarworld-Chef Asbeck habe Fehler gemacht, heißt es. Zu spät - nämlich erst zu Beginn diesen Jahres - habe er mit einem Sparprogramm auf die schrumpfenden Erträge reagiert. Geschäftliche Chancen wie die Beratung mit eigenen Beschäftigten oder das Geschäft mit Speicherbatterien habe er liegen lassen.“ (FAZ-online 11.05.2017)

In den Jahren 2010 und 2011 ließen sich viele Anleger vom markigen Auftreten von Frank Asbeck überzeugen und zeichneten Anleihen im Umfang von 550 Millionen Euro. „Seither hatten die Anleger wenig Freude an ihrem Investment. Bereits 2013 mussten sie auf 60 Prozent ihres Geldes verzichten und einen Teil ihrer Anleihen in Aktien umwandeln. Doch noch immer stehen laut Bloomberg zwei Anleihen mit einem Gesamtvolumen von knapp 170 Millionen Euro aus.“ (Handelsblatt online, 11.05.2017) Seit dem Jahr 2009 war klar, dass die weltweite Finanzkrise auch direkte Auswirkungen auf die Förderprogramme für Sonnenenergie hatte. Viele Staaten mussten die Förderung einschränken oder komplett streichen. Gleichzeitig schwemmten preiswertere chinesische Produkte auf den europäischen und amerikanischen Markt. Demensprechend wurden die Anleihen der Solarworld AG in einer handfesten Strategiekrise emittiert. Vielleicht galt für den Bonner Asbeck als Strategie auch das Kölsche Grundgesetz: Et kütt, wie et kütt und et hät noch immer jod jejange.

Zusammenfassend stellen wir fest: Sogenannte Familienunternehmen oder Eigentümer-geführte Unternehmen sind im Management nicht unbedingt besser aufgestellt. Langjährige Marktkenntnis, vielleicht sogar über Generationen hinweg, schützen nicht vor handfesten Strategiekrisen. Häufig versuchen die Eigentümer, Verursacher der betriebswirtschaftlichen Krisen, anstatt die Probleme zu lösen, einfach durch die Aufnahme von Fremdkapital, die entstandenen Liquiditätslücken zu schließen. Für Investoren bedeutet dies: Ein traditionsreiches Unternehmen muss nicht auch unbedingt ein gutes Unternehmen sein.

Im „Standpunkt German Mittelstand“ äußert sich das Team um Ralf Meinerzag regelmäßig zum Markt für Mittelstands- und Hochzinsanleihen.

http://www.fixed-income.org/ 


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