Die robuste US-Konjunktur ist für sich alleine genommen noch kein Grund für weiter steigende Aktien- und Kreditmärkte, denn die Börsen laufen der Konjunktur voraus. Deshalb ist erst nach einem stärkeren Einbruch der Aktien- und Kreditmärkte mit einer Rezession rechnen. Vielmehr spielen Geld- und Liquiditätsflüsse, die durch die Notenbanken und die private Geldschöpfung im Bankensystem generiert werden, die alles entscheidende Rolle. Und hier zeigen sich erste Warnsignale: Verschiedene vorauseilende Liquiditätsindikatoren schwächen sich bereits seit einiger Zeit ab.
Allerdings wirkt eine fallende Liquiditätsversorgung praktisch immer mit einer mehrmonatigen Verzögerung. Wir nähern uns somit der monetären Gefahrenzone, haben sie aber noch nicht ganz erreicht. Zudem kompensieren die nach wie vor extrem hohen Staatsausgaben, insbesondere in den USA, zumindest teilweise die rückläufige Liquiditätsversorgung. Die derzeitige monetäre Lockerung in China aufgrund einer drohenden Deflationsspirale dürfte zwar auch global einen unterstützenden Effekt haben, ist allerdings im Moment noch zu gering, um eine nachhaltige Wirkung zu entfalten.
Generell nehmen in den USA die Ungleichgewichte weiter zu. Der Konsum ist der Haupttreiber der Konjunktur, während das verarbeitende Gewerbe und die mittelständischen Unternehmen schon länger unter Druck stehen. Insgesamt ist diese Struktur nicht nachhaltig. Zudem schwächelt der Arbeitsmarkt hinter den Kulissen. Die Anzahl von Arbeitnehmern mit mehreren Jobs nimmt stark zu, was die Beschäftigungszahlen nach oben treibt. Diese Ungleichgewichte dürften längerfristig rezessive Tendenzen begünstigen.
Dennoch sehen wir derzeit erst Warnsignale, während eigentliche Verkaufsignale, insbesondere auch durch die enorm hohen Staatsausgaben (die wie eine Geldmengenerhöhung wirken) sowohl in den USA als auch in Europa, verzögert werden. Die Aufwärtstrends sind noch nicht gebrochen. Trotzdem verschlechtert sich die markttechnische Situation zunehmend. Bemerkenswert sind bereits seit einiger Zeit bedeutende Aktienverkäufe von Großinvestoren in den USA (allerdings marktschonend nur in steigende Märkte hinein) sowie die zunehmend positive Stimmung bei Kleininvestoren.
Beachtenswert für den Aktienmarkt ist der jüngste Anstieg der Zinsen für 10-jährige US-Staatsanleihen auf über 4,30% und damit über das 80%-Perzentil der Renditen in den vergangenen drei Monaten. Historisch führte dies oft zu Marktkorrekturen (und auch zu weiter steigenden langfristigen Zinsen). Allerdings kann es auch bei diesem Indikator zu Verzögerungen kommen, bis die Märkte reagieren. Aufgrund all dieser markttechnischen und monetären Indikatoren und unter Berücksichtigung von Verzögerungseffekten bleiben wir deshalb im Augenblick bei Aktien- und Kreditrisikoexposure sowie auch bei der Duration noch neutral bis leicht übergewichtet positioniert.
Es zieht langsam, aber sicher Nebel auf und eine Navigation auf Sicht wird immer ratsamer. Wir empfehlen seit geraumer Zeit und unverändert den Tausch von direkten Aktieninvestments in Wandelanleihen. Denn Wandelanleihen bieten aufgrund ihrer asymmetrischen Partizipation an den Märkten ein optimiertes Chancen/Risikoverhältnis. Die Performance von Convertible Bonds ist auf lange Sicht beachtenswert. In den vergangenen drei Jahrzehnten liegt sie knapp unter den Aktienerträgen – bei geringerer Volatilität – und weist höhere Renditen auf als das Anleihensegment. Nach einer Durststrecke in den vergangenen zwei Jahren ist 2024 für die Anlageklasse Wandelanleihen bis dato wieder positiv und Convertibles sollten bei Investoren verstärkt ins Blickfeld geraten.
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Text: Beat Thoma, CIO © Fisch Asset Management
Nebel zieht auf - Navigation auf Sicht ratsam
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