Der Chef der Federal Reserve (Fed) hat ein wahres Kunststück vollbracht: Er kündigte den Einstieg der US-Notenbank in den Ausstieg aus den quantitativen Lockerungen an, nahm den Märkten aber gleichzeitig die Angst, dass damit die Unterstützung durch die Geldpolitik insgesamt wegfallen könnte. Dieser Balanceakt gelang auch der Europäischen Zentralbank (EZB), die zwar das Auslaufen des Krisenkaufprogramms PEPP ankündigte, sich jedoch die Hintertür einer Aufstockung des langlaufenden Kaufprogramms APP offenhielt. Gleichzeitig betonten Fed und EZB unisono den vorübergehenden Charakter des gegenwärtigen Teuerungsschubs. In der Folge sanken die Renditen von zehnjährigen US-Treasuries und Bundesanleihen deutlich. Die beiden Notenbanken machen also einen guten Job: Die Schulden werden weginflationiert, während die Geldpolitik weiter akkommodierend bleibt.
Das Gegenbeispiel lieferte die Bank of England, die die angedeutete und an den Märkten bereits eingepreiste Zinsanhebung dann aus Sorge vor dem Wiederaufflammen der Coronavirus-Pandemie und den wirtschaftlichen Brexit-Folgen doch nicht lieferte. Die folgenden Kursverluste des Pfund Sterling waren eine Warnung an alle Notenbanken, wie wichtig derzeit eine gute Forward Guidance für die Kapitalmärkte ist.
Jetzt sind auch die Small und Mid Caps mit dabei
In der Folge stiegen die Aktienmärkte auf neue Hochs. Der von CNNMoney ermittelte „Fear & Greed“-Index liegt im Bereich „extremer Gier“. Kurzfristig zumindest scheinen die Aktienmärkte etwas heißgelaufen, allerdings würden wir daraus resultierende Rücksetzer eher als Kaufgelegenheiten interpretieren. Dafür sprechen zahlreiche technische Faktoren: So werden die Hochs an Wall Street von einer steigenden Advance-Decline-Linie begleitet. Sie entspricht dem Saldo aus gestiegenen und gefallenen Aktien an der New York Stock Exchange und misst somit die Marktbreite einer Bewegung. Gleichzeitig ist der Russell-2000-Index nach einer monatelangen Seitwärtsbewegung nach oben ausgebrochen. Dies bedeutet, dass jetzt auch die Small und Mid Caps mit von der Partie sind. Und schließlich hat der Dow Jones Transportation Average, ein Index der größten an der New York Stock Exchange gelisteten Transportunternehmen, die Hochs des Dow Jones Industrial Average bestätigt. Er gilt als guter Vorläufer der wirtschaftlichen Gesamtentwicklung in den USA.
Gute Einstiegschancen nach verfehlten Prognosen und Kurseinbrüchen
Losgelöst vom positiven übergeordneten Bild haben einige Aktien während der laufenden Berichtssaison auf diesen Bewertungsniveaus aber ausgesprochen heftig auf verfehlte Prognosen reagiert. Halbleitermangel und gestörte Lieferketten machen sich bei immer mehr Unternehmen bemerkbar und die Lage dürfte sich nicht vor Mitte kommenden Jahres deutlich entspannen. Allerdings bieten solche teilweise prozentual zweistelligen Rücksetzer häufig Chancen für einen antizyklischen Einstieg, ganz besonders, da wir für 2022 mit einer ausgezeichneten Dividendensaison rechnen.
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Foto: Michael Winkler © St.Galler Kantonalbank Deutschland AG
Notenbanken und Technik stützen die Aktienmärkte, nur die „extreme Gier“ mahnt kurzfristig zur Vorsicht
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