Brexit und Italien bewegen uns in dieser Kolumne häufiger. Aber in diesen Tagen wird die Angelegenheit perfide. Momentanes Motto: Populisten aus Großbritannien und Italien vereinigt Euch.
Aber systematisch: Bisher sind wir immer von einem Chicken Game zwischen der EU und Großbritannien, sprich Theresa May ausgegangen. Dies ist aber nur eine Spur, der man folgen sollte. Die Hidden Agenda der Premierministerin May ist nur schwer zu durchschauen – manche böse Kommentatoren fragen sich schon, ob es überhaupt eine gibt.
Auf der anderen Seite haben wir häufiger Italien mit der rechtspopulistischen Regierung, die seit rund einem Jahr im Amt ist zum Thema gehabt. Rechtspopulisten, die keinen Hehl daraus machen, dass Italien eigentlich aus der EU raus soll. Die gleichzeitig nur existieren können, weil die EZB durch massive Anleihekäufe die Italiener gestützt hat und weiter stützen wird. Das interessiert diese italienische Regierung aber nicht. Stattdessen werden Steuern gesenkt, um Wahlversprechungen zu erfüllen – nicht um die Konjunktur anzukurbeln. Banken werden staatlich unterstützt, entgegen aller Vereinbarungen mit der EU. Wahlkampf pur. Warum? Es stehen die Europawahlen vor der Tür. Genau diese Populisten, die gegen Europa sind, wollen unbedingt ins Parlament. Ginge es nach den Europäischen Populisten würde die EU nicht explodieren sondern implodieren.
Was hat nun Italien mit dem Brexit zu tun? Welche Rolle spielt die Europawahl im kommenden Sommer? Was hat das alles mit den Anleihemärkten zu tun?
Theresa May hat in den letzten Wochen, die verschiedensten Abstimmungen durch das Unterhaus gepeitscht. Kaum einer versteht noch was geschieht. Aber es scheint klar: Keiner möchte einen ungeordneten Brexit. Deswegen läuft alles auf eine Verschiebung des Austrittstermins hinaus. Auch da gibt es wieder zwei Möglichkeiten: Einmal die technische Verschiebung – Zeitraum ca. 2 Monate; oder die Verschiebung um mehrere Jahre. Das wäre dann exakt wieder so, dass Jemand, der eigentlich aus der EU austreten will, gedanklich schon abgeschlossen hat, noch an der Europawahl teilnimmt. Vielleicht wird es mit dem Bild deutlicher. Ein Ehepaar möchte sich scheiden lassen. Der Scheidungsvertrag wird aufgrund von Streitigkeiten nicht fristgemäß fertig. Aus Trotz beschließen die Beiden jetzt erst einmal noch ein Kind zu zeugen. Aber grundsätzlich hält man fest, dass man sich nicht mehr liebt und man sich scheiden lassen möchte.
Nun kommen die europäischen Rechtspopulisten ins Spiel: Damit London eine Verschiebung des Brexit genehmigt bekommt, müssen alle anderen EU-Mitgliedsstaaten zustimmen. Nigel Farage, der über Jahre als britischer Rechtspopulist für den Brexit gekämpft hat, möchte natürlich eine Verschiebung verhindern und hat sich schon mit den antieuropäischen Populisten aus Italien in Verbindung gesetzt, um von dort ein „no“ zu hören. Frei nach dem Motto: Alles wird gut, denn schon in ersten Sätzen der Bibel steht – am Anfang war das Chaos.
Verblüffenderweise haben diese Dinge momentan keine direkten Auswirkungen auf die Anleihekurse. Die Ausschläge nach oben und unten sind minimal. Das zeigt, alle Investoren sind momentan defensiv ausgerichtet und werden ihre Taktik, bis Klarheit herrscht, wohl kaum verändern. Das zeigt aber auch, wenn sich alles positiv geordnet entwickelt, was für ein Potential in den Märkten existiert. Momentan beherrschen zumindest nicht die Optimisten den Markt. Beobachten ist angesagt. Populisten und Nationalisten sollten zurück gedrängt werden. Dann könnte bald auch wieder mehr Rendite an den Kapitalmärkten entstehen und es erneut zu einer Renaissance Europas kommen.
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(Foto: Ralf Meinerzag © Steubing AG)
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