Angst vor einer schwächelnden Wirtschaft – oder eine Antwort auf die Kurseinbrüche im Dezember: Investoren sind sich über den Grund für die Kehrtwende der Fed uneins. Auch die zuletzt veröffentlichten Protokolle der Fed-Sitzung ergeben kein klares Bild unter den Notenbankern. Seema Shah, Global Investment Strategist bei Principal Global Investors (PGI), sieht belastbare Daten, die die erstere Sichtweise stützen. Unabhängig von der Kehrtwende aber, so die Expertin, sei ein Ende der Erholungsphase an den Aktienmärkten absehbar.
Die meisten US-Daten zeigten noch eine robuste Wirtschaft, dennoch seien die Sorgen der Fed über die allgemeine Wirtschaftslage berechtigt. „Die Umfragen des Institute for Supply Management (ISM) deuten zwar auf eine weitere Expansion hin, signalisieren aber auch eine Wachstumsverlangsamung“, sagt Shah. Die Expertin verweist auf weitere, noch beunruhigendere Umfragen. Während die Fed Loan Officer Survey über eine Verschärfung der Kreditvergabestandards berichte, zeige die NFIB Survey im Dezember einen Einbruch der Investitionspläne. Das deute darauf hin, dass ein deutlicher Rückgang von Unternehmensinvestitionen bevorstehen könnte. „Demzufolge besteht ganz klar Spielraum für eine Enttäuschung bei den US-Wirtschaftsdaten in den kommenden Monaten“, so Shah.
Shah verweist zudem darauf, dass ein Großteil der in diesem Zyklus umgesetzten geldpolitischen Straffungen noch nicht vollständig in die Wirtschaft eingeflossen sei. „Historisch betrachtet beginnen sich Credit Spreads tendenziell etwa zwei Jahre nach dem Fed-Zinsanstieg auszudehnen“, so Shah. Dementsprechend könnte eine weitere Straffung um 125 Basispunkte die Kreditmärkte treffen.
Hinzu kämen Risiken auf globaler Ebene. „Die chinesische Wirtschaft wird sich vermutlich noch in diesem Jahr stabilisieren. Sollte sich der Handelskrieg zwischen den USA und China jedoch verschärfen, würden Unternehmen, die stark nach China exportieren, ihre Gewinnzahlen verringern müssen“, sagt die Strategin. Das Wachstum in Europa habe bereits nachgelassen, sodass viele Analysten für den Jahresverlauf eine Rezession prognostizierten. Rechne man hinzu, dass die steigende Erwerbsquote auf eine anhaltende Schwäche des US-Arbeitsmarktes hindeute, sei die Entscheidung der Fed angemessen gewesen.
Die Pause der Fed zeige zwar, dass der Ausblick der Notenbank nicht ganz so düster sei. Die Bedingungen seien durch höhere Aktien, engere Credit Spreads und einen schwächeren Dollar gelockert. Allerdings reiche dies nicht aus, um eine Abkühlung des Wirtschaftswachstums aufzuhalten, denn die wirtschaftliche Entwicklung könne den scharfen Kurswechsel der Fed nicht widerspiegeln. „Wenn überhaupt, hat sich die Stimmung von übermäßig pessimistisch zu übertrieben optimistisch gewandelt. Der Markt unterschätzt erneut die bevorstehenden Gegenwinde einer anhaltenden Wachstumsverlangsamung“, meint Shah. Die bereits gedämpften Gewinnerwartungen müssten in den kommenden Quartalen vermutlich weiter gesenkt werden. In der Zwischenzeit bedeute die Datenabhängigkeit der Fed, dass die Volatilität erhöht werde und die Märkte starken Schwankungen ausgesetzt sein könnten.
Ob die Fed auf schwache Märkte reagierte oder auf eine insgesamt schwache Wirtschaft, ihre Kehrtwende sei für US-Aktien und mehr noch für Schwellenländeraktien derzeit positiv. „Allerdings wird die Erholungsphase vermutlich nicht mehr lange anhalten. Wenn die Wirtschaft wirklich so schwach ist, wird das nachlassende Gewinnwachstum die Aktien belasten. Und auch wenn die Fed die Märkte nur unterstützen wollte, sind erneute Inflationsängste und steigende Zinsen wahrscheinlich“, ist Shah der Meinung.
Das Ergebnis bleibe also dasselbe: Anleger sollten die Kehrtwende genießen, solange sie anhält.
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(Foto: Manhattan © Institutional Investment Publishing GmbH)
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