YAML | Example "3col_advanced"
Anzeige

Anzeige
Anzeige
Anzeige

Schluss mit den Mythen und Irrtümern über Schwellenländeranleihen

von Steve Cook, Co-Head Emerging Markets Fixed Income, PineBridge Investments

Auf die Schwellenmärkte (Emerging Markets, kurz EM) entfallen rund 40 Prozent des globalen BIP. Dennoch sind Schuldtitel dieser Länder in den meisten maßgeblichen Rentenmarktindizes noch nicht einmal mit 10 Prozent vertreten.  Zahlreiche Anleger nehmen gezielt Allokationen in EM-Anleihen vor, um ihre Rentenportfolios ausgewogener zu gestalten. Dabei sind viele in solchen Papieren nach wie vor bewusst unterrepräsentiert.  Unsere über die Jahre geführten Gespräche haben verschiedene verbreitete Fehlauffassungen offenbart, die der Entscheidung zugrunde liegen, die Schwellenmärkte in festverzinslichen Portfolios im Verhältnis weiterhin unterzugewichten.

Bei EM-Anleihen handelt es sich um eine relativ kleine, homogene Anlageklasse…
Mit den Volkswirtschaften der Schwellenländer haben sich in den vergangenen 20 Jahren auch ihre Kapitalmärkte entwickelt und sind gewachsen. Die EM-Kapitalmärkte haben mittlerweile ein Volumen von mehr als 19 Billionen US-Dollar erreicht, aufgeteilt auf die folgenden drei maßgeblichen Marktsegmente: auf harte Währungen lautende Staatsanleihen, Unternehmensanleihen und Lokalwährungsanleihen.  Für ausländische Investoren ist der Markt für auf harte Währungen (überwiegend US-Dollar) lautende Titel der älteste. Er bietet Anlegern als Entschädigung für Länderrisiken attraktive Renditen.  Die Anleger sind zwar keinem Währungsrisiko ausgesetzt, wohl aber dem US-Zinsrisiko, denn die durchschnittliche Duration auf diesem Markt beträgt knapp 7 Jahre.  Der Markt für EM-Unternehmensanleihen ist das wachstumsstärkste Segment des EM-Kapitalmarkts. Das Länderrisiko wirkt sich zweifellos auf die Wertentwicklung von EM-Unternehmensanleihen aus, doch Anlegern stehen verschiedene Möglichkeiten zur Differenzierung ihres Engagements offen.  Auch EM-Unternehmensanleihen bergen für Anleger kein Währungsrisiko. Die US-Zinsen stellen zwar ein Risiko für die Investoren dar, doch die Duration ist in diesem Sektor rund 2 Jahre kürzer als auf dem Markt für auf harte Währungen lautende Staatsanleihen.  Am größten ist der Markt für Lokalwährungsanleihen, wenngleich ausländische Investoren zu diesem Segment in manchen Ländern nur begrenzt Zugang haben.  Lokalwährungsanleihen bieten Rentenportfolios, die überwiegend auf eine Reservewährung lauten, interessante Renditechancen und Diversifizierungsvorteile. Der Nutzen ist aber gegen die mit dem Währungsengagement verbundenen Risiken abzuwägen.

…die stark mit den Rohstoffpreisen korreliert…
Durch die volkswirtschaftliche Entwicklung der Schwellenländer und die Expansion ihrer Fremdkapitalmärkte steht Anlegern mittlerweile ein viel breiteres Spektrum an Diversifizierungsmöglichkeiten zur Verfügung.  Aus Länderperspektive sind nicht alle Schwellenmärkte rohstoffabhängig: Viele sind per Saldo sogar Rohstoffimporteure.  Hinzu kommt, dass mit dem Markt für EM-Unternehmensanleihen auch die Diversifikation unter den Sektoren zugenommen hat. Asset Manager können dadurch beispielsweise Meinungen bilden, die sich auf Einschätzungen zum Inlandskonsum beziehen statt auf einen gesamtwirtschaftlichen Trend wie die Direktionalität der Rohstoffpreise.

…und deutlich volatiler ist als festverzinsliche Wertpapiere in Developed Markets…
Die allgemeine Ansicht ist, dass die höheren Renditen im Rentenuniversum der Schwellenmärkte für höhere Volatilität entschädigen. Das mag noch vor ein paar Jahren der Fall gewesen sein, doch die EM-Kapitalmärkte sind reifer geworden, was nicht nur mehr Möglichkeiten zur Strukturierung von Anlagen eröffnet hat, um unterschiedliche Risikoniveaus abzudecken, sondern auch marktübergreifend zu rückläufiger Volatilität geführt hat. In den vergangenen fünf Jahren zeigten Unternehmensanleihen aus Schwellenländern mit Investment Grade Ratings geringere Volatilität als Unternehmensanleihen aus Industriestaaten mit gleicher Bonität. Bei hochverzinslichen EM-Unternehmensanleihen war die Schwankungsbreite nur geringfügig höher als bei vergleichbaren Titeln aus Industrieländern.

In diesem Jahr werden EM-Schuldtitel skeptischer betrachtet, weil die externen Herausforderungen (durch höhere US-Zinsen und einen stärkeren Dollar) zunehmen. Außerdem haben ein paar schlagzeilenträchtige, hausgemachte Probleme für Volatilität gesorgt und diversen falschen aktuellen Annahmen Vorschub geleistet, die die Marktstimmung belasten.

Fundamental sind Schwellenmärkte schwächer als Industriestaaten
Das beherrschende Thema auf den Rentenmärkten war die abweichende Entwicklung der US-Wirtschaft. Anziehendes Wachstum in den USA stand 2018 in Kontrast zu dem globalen Trend zu einer enttäuschenden Konjunkturentwicklung.  Dabei ist jedoch unbedingt zu beachten, dass EM-Volkswirtschaften zusammengenommen immer noch doppelt so schnell wachsen dürften wie die Wirtschaft der Industriestaaten.  Dieses Gefälle wird voraussichtlich noch zunehmen, wenn die Effekte von Steueranreizen in den USA nachlassen und sich bestimmte Schwellenmärkte von landesspezifischen Problemen erholen.  Während in den Schwellenländern mit beschleunigtem Wachstum gerechnet wird, tendiert die Inflation für die EM-Volkswirtschaften insgesamt abwärts.  Trotz verschiedener eklatanter Ausreißer sollte dieser positive Inflationstrend in den meisten Schwellenländern eine expansive Zentralbankpolitik zulassen.

In der Zeit nach der globalen Finanzkrise haben sich die Schwellenmärkte überschuldet…
Die Fremdkapitalmärkte sind seit der globalen Finanzkrise weltweit merklich angewachsen, da die lockere Zentralbankpolitik die Fremdkapitalzinsen auf historische Tiefststände gedrückt hat und die Verschuldung in Industrie- und Schwellenländern gestiegen ist.  Die höhere Auslandsverschuldung von Schwellenländern sorgte für eine Verschlechterung der Leistungsbilanzen, die 2013 im Zuge des „Taper-Tantrum“  in den Fokus rückte.  Seither haben sich die Leistungsbilanzen der Schwellenmärkte verbessert.  In diesem Jahr standen Sorgen um Auslandsschulden und Finanzierungsbedarf im Zentrum mehrerer dramatischer Verlustphasen, doch insgesamt sind die Volkswirtschaften der Schwellenmärkte besser für eine Verringerung der Zentralbankliquidität aufgestellt als in früheren Jahren – und im Verhältnis zum BIP weit geringer verschuldet als die Industriestaaten.  Bei den Unternehmensanleihen sind Emittenten aus Schwellenländern im historischen Vergleich geringer verschuldet als solche aus Industriestaaten.  Die Verschuldung von EM-Unternehmen ist nach der globalen Finanzkrise zwar gestiegen, doch haben sie deutlich früher mit dem Abbau von Fremdkapital in ihren Bilanzen begonnen als Unternehmen aus Industrieländern.

…und sind Risiken durch die Rückführung von Kapital sowie Wechselkursschwankungen ausgesetzt, wenn die Zentralbanken ihre Geldpolitik normalisieren
Das von Zentralbankliquidität und historisch niedrigen Renditen geprägte Umfeld nach der globalen Finanzkrise hat eindeutig zu verstärktem Engagement ausländischer Investoren auf den EM-Fremdkapitalmärkten geführt.  Es sind aber nicht alle Schwellenmärkte gleichermaßen anfällig für den Entzug ausländischer Unterstützung, da viele nicht nur ihre Leistungsbilanzen saniert, sondern auch ihre Devisenreserven erhöht und niedrige Fremdkapitalkosten genutzt haben, um ihre kurzfristige Schuldenlast effektiv zu managen. Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist, dass EM-Volkswirtschaften nachweislich zehn starke Wachstumsjahre erlebt haben, was einen gewaltigen Vermögensbildungseffekt hatte. Infolgedessen sind die dortigen Banken, Versicherungsgesellschaften, Pensionskassen und Vermögensverwaltungsbranchen stärker geworden. Der deutlich erweiterte Pool an heimischen Investoren und Liquidität waren ausschlaggebend für niedrigere Volatilität bei allen EM-Anleihen starker inländischer Ausrichtung, was für stabile Nachfrage nach lokalen Anlagen sorgte.

Volatilität spürten die Schwellenmärkte in diesem Jahr vor allem auf den Devisenmärkten, was Ängste weckte, dass EM-Schuldtitel durch Ansteckungseffekte pauschal einen kräftigen Rücksetzer erleben könnten.  Unter den vorliegenden Umständen haben die Märkte für EM-Schuldtitel zwar nachgegeben, doch die Rückstände fielen auf den meisten Märkten unterschiedlich aus.  Unternehmensanleihen zeigten sich im Jahresverlauf einigermaßen robust. Insbesondere Titel mit Investment Grade Rating entwickelten sich kaum schlechter als IG-Unternehmensanleihen aus Industrieländern, da sich ihre Credit Spreads im bisherigen Jahresverlauf bis einschließlich August um +23 Basispunkte weiteten. Bei IG-Unternehmensanleihen aus den USA waren es +20.  Was die Gesamtrendite anbelangt, haben IG-EM-Unternehmensanleihen um 1,2 % besser abgeschnitten als US-IG-Titel (mit -0,9 % gegenüber -2,1 %), weil sie weniger empfindlich auf anziehende Renditen von US-Staatsanleihen reagieren.

Angesichts des eskalierenden Handelskriegs und der Entschuldung der Wirtschaft ist die Abhängigkeit der Schwellenländer von China ein Risiko
China ist mit Abstand das größte Schwellenland. Daher wirken sich die Tendenzen des chinesischen Wirtschaftswachstums spürbar auf das breitere EM-Universum aus.  Außerdem ist China wichtiger Handelspartner vieler Schwellenländer, importiert Rohstoffe von einer breiten Palette von Exporteuren und finanziert andere.  Die zunehmend feindseligen Äußerungen zum Handel zwischen den USA und China zu einer Zeit, in der China Maßnahmen zum Schuldenabbau und zur Umstellung seiner Wirtschaft vorantreibt, hat die Angst vor einer potenziellen „harten Landung“ in China verstärkt.  Wir gehen davon aus, das die aktuellen Handelsspannungen letztlich abflauen werden und die USA und China eine Einigung in Handelsfragen erzielen, die es beiden Seiten ermöglichen sollte, den derzeitigen Konflikt zu deeskalieren, ohne sich als Sieger der Auseinandersetzung zu gerieren, denn wir vermuten, dass beiden Parteien klar ist, dass es in einem ausgewachsenen Handelskrieg zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt nur Verlierer geben würde.  Ferner erwarten wir, dass China beim Abbau von Schulden und in der Reformpolitik maßvoll vorgehen wird, um eine stärkere Abschwächung des Wachstums zu vermeiden – vor allem angesichts des ungewissen Handelsumfelds.

Steve Cook is co-head of EM fixed income and senior corporate portfolio manager at PineBridge Investments based in London. He has been with the firm since 2007 and prior to this, he was with Commerzbank AG. Steve manages the PineBridge Global Emerging Markets Corporate Bond Fund and the Global Emerging Markets Bond Fund, using dynamic scenario-driven asset allocation and bottom-up analysis in the sleeve constituents strategies.

https://www.fixed-income.org/
Foto: Steve Cook © PineBridge


Investment

von Ulrike Kastens, Volkwirtin Europa, DWS

Die Europäische Zentral­bank (EZB) hat sich auf ihrer letzten Sitzung im Juli 2024 bedeckt gehalten, auf die Daten­abhän­gigkeit hinge­wiesen und…
Weiterlesen
Investment

von Guy Barnard und Nicolas Scherf, Portfolio Manager, Janus Henderson Investors

Nach dem Erreichen des Zinshochs und den Zinssenkungen der Euro­päischen Zentralbank, der Bank of England und der Zentralbanken in Schweden und der…
Weiterlesen
Investment
Im aktuell wieder attraktiven Zinsumfeld sollten Anleger stärker auf „Safe Assets“ setzen, sagt Jan Schopen, Portfolio­manager/ Analyst im Global…
Weiterlesen
Investment
Die Märkte haben Jerome Powell für seine Rede in Jackson Hole gefeiert, in der er die unmittelbar bevorstehende Zinssenkung ebenso wie den abgekühlten…
Weiterlesen
Investment

von Beat Thoma, CIO bei Fisch Asset Management

Aufgrund abnehmender Liquiditäts­flüsse in die Finanz­märkte nähern sich die globalen Aktien­märkte mit zunehmender Wahr­schein­lich­keit einer…
Weiterlesen
Investment

von Carsten Roemheld, Kapitalmarktstratege bei Fidelity International

Schwächere Arbeitsmarkt­daten schürten in den USA zuletzt neue Rezessions­ängste. Der US-Notenbank käme eine wirtschaft­liche Abkühlung nicht…
Weiterlesen
Investment

von Alexander Pelteshki, Portfoliomanager bei Aegon Asset Mangement

Der August erwies sich erneut als vola­tiler Markt und be­stätigte seinen Ruf als einer der un­be­rechen­bar­sten Monate für Kredit­spreads. Der…
Weiterlesen
Investment

Wahlergebnisse in den Schwellenländern scheinen das Wachstum zu stützen, während die Wahlen in den USA näher rücken

Trotz zuneh­mender geo­poli­tischer Span­nungen waren die glo­balen Rahmen­be­din­gungen für Schwellen­länder­an­leihen fast das gesamte Jahr über…
Weiterlesen
Investment

von Martin Moryson, Chefvolkswirt Europa, DWS

Im zweiten Quartal dieses Jahres ist die deut­sche Wirt­schaft um 0,1 Prozent ge­schrumpft. Leider deuten auch die detail­lierten Ergeb­nisse nicht…
Weiterlesen
Investment

von Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER & REUSCHEL

Das Statistische Bundes­amt bestätigte die anhal­tend schwache Wachs­tums­dynamik der deut­schen Volks­wirt­schaft auch für das zweite Quartal. Das…
Weiterlesen
Anzeige

Neue Ausgabe jetzt online!