Ist das Segment der sogenannten Mittelstandsanleihen angezählt? Sehet die Zeichen und reagiert!? In den letzten zwei Monaten hat es keine Neuemission gegeben. Sicherlich, bis auf die große Insolvenz der Rickmers Reederei und die etwas unbedeutendere des Küchenhersteller Alno, gab es eben auch keine Ausfälle. Heißt das, dass dieses Segment jeglichen Charme, selbst den der Berichterstattung verloren hat?
Wir haben in unsere Roadshow-Bücher der letzten Jahre geschaut: In den Jahren 2015 und 2016 war die Emissionstätigkeit in den Sommermonaten auch fast gleich null. Überrascht dies? Es ist eine alte Handels- und Börsenweisheit: In den Sommermonaten und im Dezember läuft wenig bis gar nichts. Niemand zu Hause: Weder Verkäufer noch Käufer. Dementsprechend sucht man als Emittent gemeinsam mit den Beratern diese Monate nur im absoluten Notfall aus. So geschehen in den Jahren 2013 und 2014. Da war schlichtweg in den Kalendern der renommierten Berater kein Platz mehr. Wenn die Emittenten etwas vom großen Kapitalkuchen abbekommen wollten, dann mussten sie eben das Risiko dieser ungeliebten Monate eingehen. Bekanntermaßen ist dem momentan nicht so.
Wir möchten nicht folgenden Trugschluss verbreiten: Alles ganz normal; wir sind auf einem guten Weg. Normal ist in dem Segment seit dem Jahr 2015 und den großen Pleiten im Jahr 2016 nichts mehr. Der begrenzte „Flow“, den die Mittelstandsanleihen im Jahr 2017 hingelegt haben, kann auch wieder ganz schnell zerstört werden. Momentan sind einige neue Emissionen für den Herbst 2017 geplant.
Was jetzt nicht passieren darf, ist, dass in dieser wohl begründbaren nachrichtenarmen Zeit auf einmal vermehrt negative Stories aufkommen. Denn der narrative Drang der Medien und der potenziellen Investoren ist in diesem Fall zu Recht sehr groß.
Verunsicherte Investoren wären Gift für die Emissionen in den Pipelines. Auch wenn Marktbefürworter sagen: Diese Ausfälle haben wir schon lang auf der Liste – die zählen nicht. Wir halten dagegen: Abgerechnet wird am Schluss. Irgendjemand muss den Deckel zahlen. Vielen Investoren ist in den letzten beiden Jahren der Durst vergangen.
Auch wir hätten gerne eine Glaskugel, ob es folgende Emittenten schaffen: Sanha und Beate Uhse hatten wir schon im letzten Standpunkt angesprochen. Bei allen Problemen von Sanha – zumindest zeichnet die Anleihe noch bei rund 65%. Die Anleger haben die Hoffnung noch nicht fahren gelassen. Bei Beate Uhse, auf deren Geschäftsbericht alle immer noch mehr als gespannt warten, steht die Anleihe dabei nur bei rund 32%. Sympatex ist auch anhaltend im Blickfeld; die Anleihe notiert bei rund 31%. Dagegen hat sich der Anleihekurs von More&More schon fast entspannt – er notiert mittlerweile wieder bei rund 60%. Der Anleihe von Travel24 und damit auch dem Unternehmen, das es sein Liquiditätsproblem in den Griff bekommt, vertrauen noch recht viele Anleger, denn der Kurs steht bei 87%. Die im September 2017 fällige Anleihe soll über eine Sale-and-Lease-Back-Lösung eines Leipziger Hotels gesichert werden. Krux dabei: Fertigstellung des Hotels ist wohl nicht vor Mitte August 2017. (Bis heute haben wir von Travel24 keine IR-Nachricht über die Fertigstellung des Hotels erhalten.)
Gerüchte sagen, im „Sommer in der Stadt“ geschieht nicht viel. Das bedeutet aber nicht, dass es als aktiver Investor oder Asset Manager nicht viel zu beobachten und anzupassen gibt – insbesondere im Marktsegment für Mittelstandsanleihen, das immer noch starken Schwankungen unterliegt.
Im „Standpunkt German Mittelstand“ äußert sich das Team um Ralf Meinerzag regelmäßig zum Markt für Mittelstands- und Hochzinsanleihen.
http://www.fixed-income.org/ (Foto: Ralf Meinerzag, Steubing AG)
Standpunkt German Mittelstand: Mittelstandsanleihen - SUMMER IN THE CITY
fixed-income.org
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