Die Wirtschaft brummt. Die Unternehmensgewinne des ersten Quartals spiegeln eine deutliche Erholung der gesamtwirtschaftlichen Aktivität wider – und legen nahe, dass die Erholung schneller eintritt und rentabler ist, als ursprünglich prognostiziert. Etwa 86% der Unternehmen im S&P 500 haben mit ihren Gewinnen im ersten Quartal 2021 die Erwartungen übertroffen, während 72% die Umsatzerwartungen übertroffen haben. Insgesamt lag das Gewinnwachstum im ersten Quartal 2021 für den S&P 500 bei 50% und damit deutlich über der Prognose von 20%. Somit könnten 2021 die Gewinne von 2019 um 20% übertroffen werden.
Viele Unternehmen haben sich schnell erholt. Die Unternehmen, die gemessen an der Umsatzgenerierung vergangenes Jahr die Nase vorn hatten, waren auch im ersten Quartal 2021 die Spitzenreiter. Auch die eher zyklischen Unternehmen haben begonnen, sich zu erholen, wenngleich es bei Rohstoff- und Reiseunternehmen langsamer anlief.
Stärken entlang des gesamten Bonitätsspektrums
Genauer betrachtet zeigen die Gewinnmeldungen, dass sich die Rentabilität weiter verbessert hat, sich die Umsatz- und EBITDA-Lücke schließt (Gewinne vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen im Vergleich der vier Quartale bis einschließlich des ersten Quartals 2021 mit den Ergebnissen des Gesamtjahrs 2019) – und der Cashflow entlang des gesamten Bonitätsspektrums steigt. Auf EBITDA-Basis sind die Margen von Unternehmen mit Investment-Grade-Rating um 70 Basispunkte gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Dazu haben mehrere Faktoren beigetragen: Viele Unternehmen konnten höhere Input- und Transportkosten durch höhere Preise ausgleichen. Dank des enormen Umsatzanstiegs profitierten Emittenten zudem auch vom Leverage-Effekt in der Kostenstruktur. Wohnungsbaugesellschaften beispielsweise können die deutlich höheren Bauholzkosten weitergeben, weil die Nachfrage und die Preise am Wohnungsmarkt stark sind. Aus regionaler Perspektive waren die Gewinnspannen in Europa ein wenig besser als in den USA, wahrscheinlich weil der Inflationsdruck dort niedriger ist.
Investment-Grade steht stabil da
Die Bilanzen von Investment-Grade-Emittenten sind in dieser Phase der Wirtschaftserholung erstaunlich stark, besonders verglichen mit den zu Beginn der Pandemie getroffenen Vorhersagen. Die Nettoverschuldung von Investment-Grade-Unternehmen außerhalb des Finanzsektors ist nur geringfügig höher als zu Beginn der Pandemie. Unternehmen haben ihren Cashflow einbehalten, ihr EBITDA hat sich erholt. Viele Unternehmen in der Konsum-, Medien- und Pharmabranche haben ihre Verschuldung im vergangenen Jahr abgebaut. Im ersten Quartal haben viele Unternehmen am Investment-Grade-Markt ihren Cashflow weiterhin einbehalten. Interessanterweise waren Unternehmen mit BBB-Rating vor COVID sparsamer – und dieser Trend setzte sich fort, was uns für diesen Teil des Markts optimistisch stimmt.
High-Yield mit Momentum
Die Gewinne im Hochzinsbereich waren ebenso stark und wiesen beeindruckendes zugrunde liegendes Momentum auf, als die gesamtwirtschaftliche Aktivität nach den Lockdowns wieder anzog. Emittenten meldeten das vierte Quartal in Folge über den Erwartungen liegende Umsatz- und EBITDA-Ergebnisse (etwa 90% erreichten oder übertrafen im ersten Quartal die Schätzungen). Die Prognosen der überwiegenden Mehrheit der Emittenten – in einer breiten Gruppe von Sektoren – entsprachen den Erwartungen oder lagen darüber; nur einige wenige Unternehmen rechnen mit einer schlechteren Geschäftsleistung. Wir beobachten weiterhin die Inflation der Rohstoffpreise und bedenken deren mögliche Folgen. Unserer ersten Einschätzung nach sind die meisten Unternehmensleitungen nach wie vor zuversichtlich, dass sie diese Preisanstiege weitergeben können. Bisher können wir kaum Auswirkungen auf die zukünftigen operativen Margen erkennen. Das stimmt uns einigermaßen optimistisch, dass die hohen Rohstoffpreisschwankungen eher vorübergehender Natur sind.
Wohin fließt das Geld?
Da sich die wirtschaftliche Gesundheit von Unternehmen erholt, rückt nun die Frage in den Fokus, wie Unternehmen ihre Barmittel verwenden werden. Denn: Sie müssen Investitionen in das Unternehmen, die Zahlung von Dividenden und in einigen Fällen auch die Verbesserung ihrer Bilanzen gegeneinander abwägen.
Energieunternehmen im Schuldenabbau – Versorger im Finanzierungszwang
Wir gehen davon aus, dass sich die Kapitalallokation normalisieren könnte, vor allem bei Unternehmen, die 2020 starke Gewinne und einen starken Cashflow aufwiesen. Energieunternehmen dagegen stellen ihr Betriebsmodell um – das heißt, sie streben Schuldenabbau und niedrigere Investitionsausgaben an, sodass diese eventuell das Vor-COVID-Niveau nicht mehr erreichen werden. Im Metall- und Bergbausektor führen einige Unternehmen variable Dividenden ein, um die Sanierung ihrer Bilanzen zu unterstützen.
Unserer Ansicht nach müssen Versorgungsunternehmen herausfinden, wie sie ihre Energiewende finanzieren können – während sie gleichzeitig ihren Dividendenverpflichtungen und ihrem Investitionsbedarf gerecht werden, die derzeit ihren Cashflow übersteigen.
Im Finanzsektor könnten regulatorische Lockerungen US- und internationale Banken dazu veranlassen, aktionärsfreundliche Maßnahmen wie Aktienrückkäufe und Dividendenzahlungen zu ergreifen.
Mehr M&As, etwa im Energiesektor
Aus verschiedenen Gründen rechnen wir außerdem damit, dass mehr Fusionen und Übernahmen (M&A) angekündigt werden. Energieunternehmen können mit M&A ihre Betriebsgröße steigern und ihre Geschäftsmodelle neu ausrichten; Technologieunternehmen mit hoher Marktkapitalisierung, die massiv eigene Aktien zurückgekauft haben, beschließen unter Umständen, dass ihre Barmittel bei derartigen Deals besser zum Einsatz kommen.
Generell sind die Investitionsausgaben bei US-Unternehmen außerhalb des Finanzsektors immer noch niedriger als vor einem Jahr – und bisher hat sich noch keine Normalisierung der Kapitalallokation gezeigt. Halbleiter sind ein Bereich, in dem die Investitionsausgaben dank starker Lieferketten im Technologie- und Automobilsektor ganz klar steigen.
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Foto: Gurpreet Gill © Goldman Sachs Asset Management
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