Vor einem Jahr erschütterte die Krise der Credit Suisse die europäischen Bankanleihen. Anlässlich des Jahrestages gibt Romain Miginiac von Atlanticomnium einen Einblick in die Dynamik und die Zukunftsaussichten des AT1-Marktes.
Der Jahrestag der berüchtigten Abschreibung der Additional-Tier-1-Anleihe der Credit Suisse (CS) (AT1) ist eine gute Gelegenheit, über den AT1-Markt nachzudenken. Es überrascht nicht, dass die Abschreibung der AT1-Anleihen durch die CS nicht das Ende der Anlageklasse ausgelöst hat, denn die äußerst attraktiven Renditen vor dem Hintergrund felsenfester Fundamentaldaten haben die anfängliche negative Stimmung, als der Markt fast 8 Prozent zurückging, übertrumpft. Zwölf Monate nach dem CS-Ereignis sind die Auswirkungen nun vollständig verarbeitet worden. Die Erholung war spektakulär.
Aufschwung für AT1-Anleger: Rekordrenditen signalisieren Marktstärke
Das Jahr 2023 war ein starkes Jahr für AT1-Anleger; die Gesamtrenditen globaler AT1-Anleihen (in US-Dollar abgesichert) lagen mit +7,2 Prozent über dem Durchschnitt, einschließlich des Einflusses von mehr als 5 Prozent durch CS. Betrachtet man das Universum der auf Eurp lautenden AT1 Contingent Convertible Bonds (CoCo), die keine CS-Anleihen enthalten, so erzielten diese im Jahr 2023 eine sehr ordentliche Rendite von +15,6 Prozent und damit das drittbeste Jahr in der Geschichte (siehe Abbildung).
Die Spreads für AT1-Anleihen liegen jetzt bei 390 Basispunkten (bps), verglichen mit rund 400 bps beim engsten Stand vor dem CS-Ereignis Anfang 2023, und unter ihrem langfristigen Durchschnitt von etwa 450 bps. Damit ist die Emission von AT1-Anleihen für die Banken jetzt günstiger als vor dem CS-Ereignis.
Der größte Auftrag für ein neues AT1-Geschäft nach dem CS-Ereignis kam von einer Schweizer Bank: Die im November 2023 herausgegebene Dual-Tranche-USD-AT1-Anleihe von UBS in Höhe von 3,5 Milliarden US-Dollar zog eine Nachfrage von mehr als 36 Milliarden US-Dollar an und war damit mehr als zehnfach überzeichnet. Diese Rekordnachfrage entspricht mehr als 15 Prozent des gesamten AT1-Marktes (gemessen am Marktwert) und spiegelt die sehr starke Nachfrage nach dieser Anlageklasse wider. Neue Transaktionen waren in der Regel mehrfach überzeichnet, da die Nachfrage im Vergleich zur Vergangenheit nicht ins Stocken geraten ist.
Nach starkem Lauf: Wie geht es nun weiter?
AT1-Anleihen hatten Ende 2023 und Anfang 2024 einen starken Lauf und erzielten seit Beginn des vierten Quartals zweistellige Renditen. Damit sind AT1-Anleihen weiterhin attraktiv, da sie einen hohen Carry mit weiterem Kurssteigerungspotenzial bieten.
Mit Renditen von etwa 8 Prozent für AT1 CoCos und Spreads von knapp unter 400 Basispunkten bleibt der AT1 CoCo-Markt eine der renditestärksten Anlageklassen innerhalb der liquiden Kredite. Anleiheninvestoren können potenziell von der robusten Kreditqualität der europäischen Banken profitieren, die eine strukturell höhere Rentabilität erwirtschaften und auf großen Überschusskapitalpuffern sitzen.
Die Spreads haben sich eingeengt, sind aber im Vergleich zu den Tiefstständen, die wir in vergangenen Zyklen gesehen haben mit beispielsweise etwa 270 Basispunkten Anfang 2018 immer noch weit. Anleiheninvestoren werden weiterhin von einem größeren Ertragspuffer und der anhaltenden Stärkung des europäischen Bankensektors profitieren. Zur Veranschaulichung: Kein EU-Bankensystem hat eine Quote notleidender Kredite (NPL) von über 5 Prozent, und keine Bank im STOXX Europe 600 Index wird im Zeitraum 2024 bis 2025 voraussichtlich eine Eigenkapitalrendite von weniger als 6 Prozent erzielen. Da sich die Fundamentaldaten und die Bewertungen einander annähern, können Anleiheninvestoren bei enger werdenden Spreads mit Aufwärtspotenzial rechnen.
Dies geschieht zu einer Zeit, in der die Spreads auf den Märkten für Investment-Grade- (IG) und High-Yield-Anleihen (HY) wieder nahezu auf ihren niedrigsten Stand zurückgekehrt sind. Beim Vergleich von AT1-Anleihen und dem US-High-Yield-Markt, sind die Spreads bei HY-Anleihen beispielsweise viel enger (etwa 300 Basispunkte) und wesentlich näher an den niedrigsten Niveaus der letzten zehn Jahre. AT1-Anleihen können daher unserer Einschätzung nach einen "Spread Pickup" von fast 100 Basispunkten bieten, was nicht weit von den höchsten Niveaus der letzten zehn Jahre entfernt ist.
Da etwa ein Drittel der AT1-Anleihen nicht bis zu ihrem nächsten Kündigungstermin bewertet sind, ist das Risiko der Verlängerung unseres Erachtens nach wie vor überbewertet. Im Jahr 2023 wurden 93 Prozent der AT1-Anleihen zu ihrem ersten Kündigungstermin gekündigt, was der langfristigen Erfolgsbilanz europäischer Banken von 94 Prozent entspricht. Mit Blick auf 2024 sind mehr als 60 Prozent der AT1-Anleihen entweder bereits gekündigt oder vorfinanziert, und wir erwarten, dass mindestens 90 Prozent der AT1-Anleihen gekündigt werden. Da die Anleihen bei Kündigung neu bewertet werden, dürfte dies zu einem erheblichen Aufwärtspotenzial führen.
Nachrangige Schuldtitel sind nach wie vor eine gute Wahl
AT1 CoCos und nachrangige Schuldtitel von Finanzunternehmen im Allgemeinen bleiben weiterhin eine gute Wahl an den Kreditmärkten. Wir sind der Meinung, dass diese Anlageklasse den Anlegern die Möglichkeit bietet, attraktive Renditen in einem starken Sektor zu erzielen, mit weiterem Aufwärtspotenzial, wenn sich die Spreads einengen und die Anleihen wieder zum Kündigungstermin bewertet werden. In einem Szenario der sanften Landung, in dem die Inflation unter Kontrolle ist und die Zentralbanken die Zinsen senken dürften, wird die Anlageklasse, die einige der höchsten Renditen am Markt bietet, wahrscheinlich stark von der erneuten Jagd nach Rendite profitieren.
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Abbildung 1: AT1-Anleihen haben in einem schwierigen Jahr eine starke Performance erbracht
Quelle: Atlanticomnium, Bloomberg, Stand: 10. März 2024.
AT1-Anleihen weiter auf dem Vormarsch: Starke Erholung nach Credit Suisse Krise
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