Im „Standpunkt German Mittelstand“ äußert sich das Team um Ralf Meinerzag (CIO des STEUBING GERMAN MITTELSTAND FUND I) regelmäßig zum Markt für Mittelstandsanleihen und Fragen der Finanzierung von kleinen und mittleren Unternehmen. In dieser Ausgabe setzen wir uns mit dem Wandel der Finanzierungsmuster im deutschen Mittelstand auseinander.
Wie ein chinesisches Sprichwort bereits sagte "Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen". So haben sich mittelständische Unternehmen den Marktgegebenheiten angepasst bzw. „Windmühlen“ gebaut - in unserem Fall ihre Finanzierung neu gemixt. Die Finanzierung mittelständischer Unternehmen befindet sich seit den 90er Jahren in einem grundsätzlichen Wandel. Als wesentliche Hauptfaktoren für die allmähliche Verlagerung hin zum Kapitalmarkt sieht das SGMF Team im Wandel der Finanzmärkte, der Verknappung des Kreditangebots, den Unsicherheiten im Banksektor, aber auch ein Umdenken, das in den Unternehmen selbst stattfindet. „Das wandelnde Finanzierungsumfeld, die geänderte Geschäftspolitik der Banken durch verschärfte Regulierungen wie Basel II und III, strukturelle Anpassungen und das Niedrigzinsumfeld beeinflussen mittelständische Unternehmen bei der Wahl der optimalen Kapitalstruktur“, erklärt Ralf Meinerzag. „Gerade die Problematik der Basel-Regularien hat die KfW, als Mittelstandsbank, schon Anfang diesen Jahrtausends moniert und in ihren Informationen den Mittelstand auf Alternativen als Ersatz für den klassischen Kredit hingewiesen.“
Verknappung des Kreditangebots
Traditionell finanzierten sich mittelständische Unternehmen überwiegend über Bankkredite. Die Außenfinanzierung über Bankkredite ist in Deutschland die wichtigste Quelle, während in den USA Finanzierungsmittel bereits überwiegend über Private Equity und den Kapitalmarkt beschafft werden. Vor der Finanzkrise waren Hauptkreditgeber beispielweise die Landesbanken, die IKB oder die Dresdner Bank – gestützt durch Verbriefungen dieser Kredite, die zur Entlastung des Eigenkapitals wiederum dem Kapitalmarkt zugeführt wurden. Durch die Finanzkrise, Bankenrettungen und die Einführung von Basel II und III musste die Kreditgewährung der Banken weiter reduziert werden. Laut einer kürzlich erschienenen Studie der Creditreform und der IKB wird erwartet, dass es zu einer partiellen Verknappung und Verteuerung insbesondere des Angebots an langfristigen Krediten kommt. Auch die DIHK geht von einer Verschärfung der Bedingungen für Unternehmensfinanzierungen aus. Durch die eingeschränkte Risikoübernahmemöglichkeiten der Kreditwirtschaft durch Basel III sind Betriebe mit mittlerem Rating (somit die meisten KMU) mit höheren Finanzierungskosten oder Anforderungen an Sicherheiten konfrontiert. Zusätzlich werden auch die Laufzeiten von Krediten drastisch reduziert, so dass sich Anleihen auch dieser Hinsicht für ein erfolgreiches mittelständisches Unternehmen lohnen.
Unsicherheiten im Banksektor
Das mittelständische Unternehmen bestrebt sind unabhängiger von Banken zu werden. Das stellte kürzlich eine Studie der Commerzbank dar. Durch die negativen Erfahrungen, die viele Unternehmen in der Finanzkrise gemacht haben, möchten sich diese nun von der Fremdkapitalfinanzierung über Banken distanzieren. 66% der über 4000 befragten mittelständischen Unternehmen gaben an, Anlagen oder Fabrikhallen möglichst ohne Hilfe von Banken zu finanzieren. Auch die Studie der Creditreform und IKB stellte fest, dass die Bedeutung von Bankkrediten abgenommen hat und mittelgroße Unternehmen zunehmend Finanzierungen über den Kapitalmarkt in Anspruch nehmen. Auch die sinkenden Geschäftsvolumen der Banken durch Einschränkungen ihrer Geschäftsaktivitäten wegen verschärfter Regulierungen verunsichern. Grundlegend stellt sich die Frage für Unternehmen, ob ihre Hausbanken auch zukünftig fähig sein werden, den Finanzierungsbedarf durch Kredite über alle Laufzeiten und in ausreichendem Umfang zu gewähren.
Steigende Eigenkapitalquoten
Der zweite Weltkrieg führte in Deutschland zu einem erheblichen Verlust des Geldvermögen. Viele Betriebe wurden zerstört und die verbliebenen Unternehmen waren auf Fremdkapital angewiesen. Damit war die Eigenkapitalausstattung bei vielen mittelständischen Unternehmen lange Zeit sehr niedrig. In den letzten Jahren sind jedoch steigende Eigenkapitalquoten und ein Abbau der Bankschulden zu beobachten. Die Studie „Mittelstand 2014“ der Sparkassen führt aus, dass sich die Eigenkapitalquote eines typischen Mittelstandsunternehmens im Median in den letzten Jahren verachtfacht hat. So haben deutsche Unternehmen mit den erreichten Eigenkapitalquoten inzwischen Anschluss an internationale übliche Relationen gefunden. Und auch die Studie der Creditreform und IKB führt an, dass durch die verbesserte Eigenkapitalausstattung das Gewicht der Bankverbindlichkeiten im Finanzierungsmix der Unternehmen seit langem rückläufig ist. Dies deutet darauf hin, dass Unternehmen bestrebt sind, in gewissen Rahmen Bankkredite durch andere Finanzierungsinstrumente wie beispielsweise Anleihen zu ersetzen.
Verlagerung der Investitionsschwerpunkte
Zuletzt ist zu nennen, dass neue Finanzbausteine, wie bespielweise die Finanzierung über den Kapitalmarkt für mittelständische Unternehmen, durch die Verlagerung der Investitionsschwerpunkte interessant werden. „Die wachsende Internationalisierung mittelständischer Unternehmen sowie herausfordernde Anforderungen, wie beispielweise die Entwicklung neuer Produkte, macht die Finanzierung über den Kapitalmarkt zunehmend attraktiv. Auch angesichts der eingeschränkten Risiko-übernahmemöglichkeiten seitens der Banken sind gerade diese Finanzierungen für Mittelständler schwerer über Bankkredite zu finanzieren“ führt Ralf Meinerzag aus. Die aktuelle Studie der Creditreform und IKB belegt die Verlagerung der Investitionsschwerpunkte hin zu immateriellen Investitionen wie Forschung (Innovationen) oder Digitalisierung und zeigt die zunehmenden Auslandsinvestitionen auf. In Zukunft wird mit weiteren Investitionen an ausländischen Standorten gerechnet, da Unternehmen ihre Präsenz in Wachstumsmärkten weiter ausbauen werden. Das deutsche Mittelständler durch die Investitionen, den zukünftigen Erfolg sichern zeigt sich schon heute. Deutsche kleine und mittlere Unternehmen konnten Aufträge und positive Auslastung laut Hiscox Entrepreneur Report um 58% steigern. Laut der Studie überholten die deutschen Mittelständler die Mitbewerber in den übrigen Ländern in allen Kategorien.
“Zusammenfassend lässt sich mich Fug und Recht feststellen, dass der Markt für sogenannte Mittelstandsanleihen seine Existenzberechtigung hat, und dass sich in den kommenden Jahren diese Finanzierungsform eher noch weiter etablieren wird. Denn kleinen und mittelständischen Unternehmen wird nichts anderes übrig bleiben, als Anleihen zur mittelfristigen Finanzierung von Innovationen oder Produktionsmodernisierungen zu begeben. Denn der klassische – in Deutschland so beliebte – Unternehmenskredit wird zukünftig als alleinige Fremdkapitalbeschaffungsmaßnahme nicht mehr ausreichen“, ist sich Ralf Meinerzag sicher.
Standpunkt German Mittelstand
Im „Standpunkt German Mittelstand“ äußert sich das Team um Ralf Meinerzag (CIO des STEUBING GERMAN MITTELSTAND FUND I) regelmäßig zum Markt für Mittelstandsanleihen und Fragen der Finanzierung von kleinen und mittleren Unternehmen. Der STEUBING GERMAN MITTELSTAND FUND I investiert in Mittelstandsanleihen aus dem deutschsprachigen Raum und bietet seinen Investoren die Möglichkeit, in das Segment der Mittelstandsanleihen diversifiziert und liquide zu investieren.
www.fixed-income.org
Die neuen Finanzierungsmuster mittelständischer Unternehmen - Wer rastet, der rostet
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