Die Dürr AG hat im September 2009 eine Unternehmensanleihe im Volumen von 150 Mio. Euro im Segment Bondm der Börse Stuttgart emittiert. Der Kupon beträgt 7,250%. Begebungstag war der 28.09.2010. Nach der erfolgreichen Emission wurde die Anleihe um 75 Mio. Euro aufgestockt, Begebungstag war hier 06.12.2010. Kurz darauf wurde die Aufstockungstranche mit der ursprünglichen Emission gleichgestellt.
Seitdem hat sich die Dürr AG operativ sehr gut entwickelt. Die Refinanzierungssituation dürfte inzwischen eine ganz andere sein. Die Unternehmensanleihe 2010/15 notierte in Bondm zuletzt bei 108,25%. Hieraus ergibt sich eine Rendite (YTM) von rund 3,3%.
Allerdings kann die Dürr AG laut Wertpapierprospekt (S. 46) die Anleihe „ab dem vierten Jahr nach dem Begebungstag“ zu 100% kündigen. Auf der Webseite nennt die Gesellschaft eine Kündigungsfrist von 4 Wochen ab dem 28.09.2014. Auch in einem Interview mit CEO Ralf Dieter schreibt die WirtschaftsWoche: „Dürr kann die Mittelstandsanleihe im September 2014 kündigen.“ Das vierte Jahr beginnt jedoch mit Ablauf von drei Jahren – also Ende September 2013.
Die Dürr AG hat sich seit der Anleiheemission im September 2010 hervorragend entwickelt. Die Zahlen sind inzwischen sogar deutlich besser als noch vor der Finanzkrise. Die mit 7,250% verzinste Anleihe notierte zuletzt bei 108,25%. Eine vorzeitige Kündigung der Unternehmensanleihe 2010/15 durch die Emittentin ist damit sehr wahrscheinlich, was auch CEO Ralf Dieter in einem Interview mit der WirtschaftsWoche bestätigt.
Fraglich ist jedoch, wann die Anleihe gekündigt wird. Im Wertpapierprospekt (S. 46) ist dies wie folgt geregelt: „Die Emittentin ist berechtigt, alle ausstehenden Schuldverschreibungen ab dem vierten Jahr nach dem Begebungstag insgesamt, jedoch nicht teilweise, mit einer Kündigungsfrist von mindestens 30 und höchstens 60 Tagen ... zu kündigen.“ Das vierte Jahr beginnt nach Ablauf von 3 Jahren. Dies bestätigten uns auf Anfrage mehrere namhafte Kapitalmarktjuristen.
Auf der Webseite der Dürr AG (http://www.durr.com/de/investor/anleihe/duerr-anleihe-201015-wkn-a1ewgx/) ist jedoch vermerkt: „Tilgung: kündbar mit einer 4wöchigen Kündigungsfrist zu 100% ab dem 28.09.2014“. Man beachte jedoch den Disclaimer auf der Webseite: „...Jede Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Informationen ist ausgeschlossen...“
Auch in einem Interview mit der WirtschaftsWoche ist von einer Kündigungsmöglichkeit im September 2014 die Rede (http://www.wiwo.de/unternehmen/mittelstand/anlagebauer-duerr-rueckkauf-der-anleihe-ernsthafte-option/8158366.html).
Nach unserer Einschätzung kann Dürr die Anleihe ab dem 28.09.2013 mit einer Frist von mindestens 30 Tagen kündigen. Bei einem Kurs von zuletzt 108,25% errechnet sich eine deutlich negative Rendite (Worst Case-Szenario für Bondinvestoren).
Folgt man jedoch der Auffassung des Unternehmens (Achtung: Disclaimer der Dürr AG beachten) und die Anleihe kann ab dem 28.09.2014 gekündigt werden, so ergibt sich eine Rendite von 0,2%. Dies dürfte aktuell das Best Case-Szenario für die Anleihegläubiger darstellen. Denn die Vorstände sind natürlich verpflichtet, die Finanzierungskosten zu optimieren. Alles andere würden die Aktionäre wohl kaum tolerieren.
Fazit:
Spätestens zum 28.09.2014 dürfte die Dürr AG ihre in Bondm emittierte Unternehmensanleihe 2010/15 zu 100,00% kündigen. Anleihegläubigern drohen damit selbst in diesem Best Case-Szenario erhebliche Kursverluste. In Summe bleibt im besten Fall eine Rendite von gerade einmal 0,2%.
Die Rechtsabteilung der Dürr AG sollte bei einer weiteren Anleiheemission unbedingt ein konkretes Datum für eine vorzeitige Kündigungsmöglichkeit nennen, damit so etwas nicht mehr vorkommt.
Dieses Beispiel zeigt aber auch, dass Anleger unbedingt die Anleihebedingungen vor einem Investment genau lesen sollten, damit sie nicht wie bei Dürr und auch jüngst bei Hornbach von einer vorzeitigen Kündigung überrascht werden.
Christian Schiffmacher, www.fixed-income.org
Tab. 1: Dürr AG - Geschäftsentwicklung
2012 | 2011 | 2010 | 2009 | |
Umsatz | 2.399,8 | 1.922,0 | 1.261,4 | 1.077,6 |
EBIT | 176,9 | 106,5 | 36,6 | 5,7 |
Netto-Ergebnis | 111,4 | 64,3 | 7,1 | -25,7 |
Angaben in Mio. Euro, Quelle: Dürr AG
Auszug aus dem Wertpapierprospekt vom 8. September 2010, Seite 46:
Vorzeitige Rückzahlung nach Wahl der Emittentin
Die Emittentin ist berechtigt, alle ausstehenden Schuldverschreibungen ab dem vierten Jahr nach dem Begebungstag insgesamt, jedoch nicht teilweise, mit einer Kündigungsfrist von mindestens 30 und höchstens 60 Tagen gemäß § 12 gegenüber den Anleihegläubigern nach ihrer Wahl vorzeitig zu kündigen und diese zum Vorzeitigen Rückzahlungsbetrag (Call) (wie nachstehend definiert) zurück zu zahlen. Der Emittentin steht dieses Wahlrecht nicht in Bezug auf eine Schuldverschreibung zu, deren Rückzahlung bereits der Anleihegläubiger in Ausübung seines Wahlrechts nach § 5 (3) verlangt hat.
Der „Vorzeitige Rückzahlungsbetrag (Call)“ einer Schuldverschreibung entspricht der Summe aus:
(I) dem Nennbetrag der zurückzuzahlenden Schuldverschreibung; und
(II) etwaigen bis zum Tag der Rückzahlung aufgelaufenen und nicht gezahlten Zinsen.